Der Milchharnstoffgehalt wird bereits seit Jahrzehnten genutzt, um die Fütterung optimieren zu können. Doch die Milch bietet noch mehr Möglichkeiten, um die Fütterung bzw. die Gesundheit der Kühe überwachen zu können. Forscher der Cornell Universität und des Miner Instituts (USA) untersuchten die Zusammensetzung der Fettsäuren in der Milch und konnten dabei Rückschlüsse auf die Fütterung, aber auch auf Umweltfaktoren wie Überbelegung oder die Häufigkeit der Futtervorlage ziehen. An...
Der Milchharnstoffgehalt wird bereits seit Jahrzehnten genutzt, um die Fütterung optimieren zu können. Doch die Milch bietet noch mehr Möglichkeiten, um die Fütterung bzw. die Gesundheit der Kühe überwachen zu können. Forscher der Cornell Universität und des Miner Instituts (USA) untersuchten die Zusammensetzung der Fettsäuren in der Milch und konnten dabei Rückschlüsse auf die Fütterung, aber auch auf Umweltfaktoren wie Überbelegung oder die Häufigkeit der Futtervorlage ziehen. An der LKS Lichtenwalde konnten diese Ergebnisse jetzt auch in deutschen Herden untersucht werden.
Drei Gruppen an Fettsäuren
Fettsäuren können anhand der Anzahl ihrer C-Atome, also der Kettenlänge, und der Bindungen unterschieden werden. Die in der Milch enthaltenen Fettsäuren lassen sich in drei Gruppen einteilen:
- De Novo: Diese kurzkettigen Fettsäuren werden in der Milchdrüse aus Butyrat und Acetat synthetisiert. Sie entstehen durch die Pansenfermentation und werden über das Blut in das Euter transportiert. Die typische Kettenlänge der De Novo-Fettsäuren liegt zwischen C4:0 bis C15:0.
- Preformed (vorgebildet): Diese langkettigen Fettsäuren (C18:0, C18:1 und C18:2, C18:3) werden nicht direkt im Euter gebildet, sondern stammen aus dem Körperfettabbau bzw. werden direkt aus dem Futter aufgenommen.
- Mixed: Bei diesen Fettsäuren handelt es sich sowohl um im Euter synthetisierte, als auch aus dem Futter aufgenommene Fettsäuren. Sie weisen 16 C-Atome auf (C16:0, C16:1).
Die Summe dieser drei Fettsäuregruppen macht ungefähr 94,5 % des Fettgehaltes in der Milch aus. Die anderen 5 % sind der Glycerolanteil des Fettes.
Überbelegung schadet Fett-Synthese
In einer ersten Studie am Miner Institut (Wolpert et al., 2016) wurde untersucht, ob Unterschiede auf Betrieben mit hohen bzw. niedrigen De Novo-Fettsäuregehalten (FS) zu finden sind. Es zeigte sich, dass ein hoher Gehalt positiv mit einem hohen Gehalt an Milchfett- und -eiweiß korreliert. Zudem konnte die Studie darlegen, dass eine Überbelegung, ein selteneres Ranschieben des Futters (5 pro Tag) sowie ein höherer Gehalt an Futterfett mit einer niedrigeren De Novo-Synthese und damit mit einer verringerten Ausbeute an Milchinhaltsstoffen in Verbindung steht. Die Ursache dürfte in allen Fällen im Rückgang der Futteraufnahme liegen (verschlechterte Pansenfermentation).
In einer zweiten Studie (Barbano, 2018) konnte nachgewiesen werden, dass sich die Fettsäure-Konzentration mit dem Laktationsverlauf ändert. Diese Änderungen sind in der Frühlaktation besonders groß, wenn sich die Kuh in einer negativen Energiebilanz befindet. Während dieser Zeit ist der Anteil an Preformed-Fettsäuren hoch und der der Mixed- und De Novo-Fettsäuren niedrig.
Wie die Kennzahlen interpretieren?
Hohe Gehalte an De Novo- als auch an Mixed-FS sprechen dafür, dass die Pansenfermentation der Kohlenhydrate optimal verläuft und damit das Angebot an Butyrat und Acetat aus dem Pansen ausreichend ist. Die De Novo- bzw. Mixed-Fettsäuren spiegeln so in der Frühlaktation die Energieversorgung der Kühe wider. Der Anteil der De Novo-FS an der Milch sollte bei mehr als 0,85% ( 0,85g/100g Milch) liegen. Der Gehalt der Mixed-Fettsäuren sollte sich gleichzeitig bei 1,35 g pro 100 g Milch einpendeln.
Die Preformed-FS variieren in der Regel nicht so stark und sollten zwischen 1,2 bis 1,6 g/100 g Milch liegen. Allerdings ändert sich der Anteil dieser Fettsäuren während der Laktation. So ist der Gehalt zu Laktationsbeginn hoch (starker Körperfettabbau) und nimmt mit fortschreitender Laktation ab. Besonders hoch ist der Gehalt an Preformed-FS deshalb bei mehrlaktierenden Kühen in der Frühlaktation. Beobachtet man also diese Fettsäuren, lässt sich in der Tankmilch innerhalb von 48 Stunden erkennen, wenn die Futteraufnahme der Kühe, z.B. durch auftretende Fehler in der Rationszusammenstellung, zurückgeht (De Novo geht zurück).
Neben den prozentualen Anteilen könnte aber auch die gesamte tägliche Ausbeute an Fettsäuren (g/Kuh und Tag) als Managementhilfe herangezogen werden. So empfehlen die amerikanischen Wissenschaftler bei den De Novo-Fettsäuren eine Ausbeute von mehr als 350 g/Kuh und Tag und bei den Preformed-Fettsäuren von 500 bis 600 g. Mit diesen Gehalten werden dann in der Folge ausreichend Milchinhaltsstoffe erzeugt (aus wirtschaftlicher Sicht).
Gerade bei der Gruppe der Preformed-Fettsäuren müssen noch weitere Untersuchungen erfolgen. Denn mit einem genaueren Wissen um die Gehalte dieser Fettsäuren (u.a. aus dem Futter) könnten zukünftig Fettsäuren mit unterschiedlichen Kettenlängen (pansengeschützte Fette) in den verschiedenen Laktationsstadien gefüttert werden, um die Milchproduktion und gleichzeitig die Körperkondition über die Laktation hinweg optimal managen zu können.
Amerikanische Werte übertragbar?
Ziel einer Untersuchung war es herauszufinden, ob die US-amerikanischen Orientierungswerte auf deutsche Verhältnisse übertragbar sind. Hierfür wurden die Milchinhaltsstoffe der Tankmilch von sechs Betrieben vom sächsischen Landeskontrollverband und die Fütterungsdaten, wie z.B. täglich die Futteraufnahme, untersucht. Im Mittel der Betriebe lag die Futteraufnahme bei 21,9 kg Trockenmasse, die Leistung bei 31,5 kg (28,7 bis 32,5 kg) und die Futtereffizienz bei 1,5. Die Fettsäuren aus der Neusynthese (De Novo) lagen in allen Betrieben mit im Schnitt 0,99 g/100 g Milch über dem Mindestzielwert von 0,85 g. Auch bei den Preformed-Fettsäuren wurden die gewünschten Anteile mit 1,46 g/100 g Milch erreicht.
Ein anderes Bild zeigte sich bei den erreichten Tagesmengen. Diese lagen bei den De Novo-Fettsäuren mit 313 g/Kuh und Tag unter den empfohlenen amerikanischen Werten. Auf deutsche Verhältnisse und eine optimierte Fütterung bezogen, ist deshalb eher ein Wert für die gesamte Herde von 280 g/Kuh und Tag eine realistische Zielgröße. Auch die Preformed-Tagesmengen (464 g/Kuh und Tag) passten nicht mit den US-amerikanischen Werten von 500 bis 600 g/Kuh und Tag überein. Deshalb werden hier Werte von 450 bis 550 g/Kuh und Tag empfohlen.
Fazit
Die Analyse von Milchfettsäuren kann im Rahmen der MLP und Tankmilchuntersuchung stattfinden, weshalb einige Labore überlegen, diese einzuführen. Mit der Kenntnis über die FS-Zusammensetzung kann die Fütterung der Herde überwacht werden. Möglicherweise lässt sich daraus auch eine Einzeltierdiagnostik ableiten, allerdings müssen hierzu weitere Untersuchungen folgen. Neben allgemeinen müssen vermutlich auch betriebsindividuelle Grenzwerte aufgestellt werden, da die Fettsäuren je nach Herde (Futtergrundlage, Genetik) variieren können.