Zeitungen berichten einseitig (negativ) über die Milchkuhhaltung – diesen Eindruck haben viele Landwirte. Eine Studie belegt, dass die Berichterstattung weniger eingleisig ist als angenommen!
Viele Verbraucher stehen der Landwirtschaft und besonders der Nutztierhaltung zunehmend kritischer gegenüber. Die Höfe würden zu groß, die Produktion...
Zeitungen berichten einseitig (negativ) über die Milchkuhhaltung – diesen Eindruck haben viele Landwirte. Eine Studie belegt, dass die Berichterstattung weniger eingleisig ist als angenommen!
Viele Verbraucher stehen der Landwirtschaft und besonders der Nutztierhaltung zunehmend kritischer gegenüber. Die Höfe würden zu groß, die Produktion sei nicht mehr transparent, die Kühe würden unter den modernen Produktionsmethoden leiden, so einige der immer wieder vorgebrachten Vorwürfe. Diese Vorwürfe werden auch über die Medien transportiert. Viele Milchkuhhalter haben deshalb auch den Eindruck, dass Zeitungen sehr einseitig berichten und Vorurteile anheizen. Aber stimmt das?
Ob und wenn ja, wie Meldungen über Milchkuhhaltung in Printmedien (Zeitungen) die Leser beeinflussen, wurde am Soester Fachbereich Agrarwirtschaft im Rahmen einer Medieninhaltsanalyse untersucht. Mithilfe einer Software wurden der journalistische Stil, der Tenor, die Ereignisvalenz (Ausprägung des Ereignisses), die Akteure und die thematisierten Probleme aus einer Stichprobe von 93 Artikeln über die Milchkuhhaltung untersucht. Die Artikel stammten aus den Zeitungen „Die Welt“, „Die Zeit“, „Flensburger Tageblatt“, „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, „Der Spiegel“, „Süddeutsche Zeitung“, „Die Tageszeitung“ und „Westfalenpost“. Die Analyse erfolgte im Rahmen des Projektes „SocialLab“ (nähere Informationen am Ende des Artikels). Der Fokus der Analyse lag auf dem Tenor, dem journalistischen Stil und der Ereignisausprägung.
Wortschatz negativ, Aussage neutral
Ergebnis: 38 Textabschnitte wurden dem „negativen Wortschatz“ (katastrophal, schrecklich) und 26 dem „positiven Wortschatz“ zugeordnet. Auch der Code „negative Emotionen“ (Angst, Ekel) wurde mit 24 Markierungen öfter ausgewählt als die „positiven Emotionen“ (Stolz, Fürsorge) mit 11 Zuordnungen. Der Tenor wurde hauptsächlich als neutral eingestuft (49 %) und an zweiter Stelle als negativ (25%).
Im Zusammenhang mit dem Tenor des Artikels steht der journalistische Stil. Darunter versteht man die meinungsorientierte Bewertung des Artikelthemas durch den Autor. Unterschieden wird dabei zwischen deskriptivem (sachlich) und interpretativem (wertend) journalistischem Stil. Bei der Analyse der Artikel waren 53 (57%) der insgesamt 93 Berichte wertend, sollen den Leser also beeinflussen.
Auch das thematisierte Ereignis eines Artikels kann neutral, negativ oder positiv sein. 61 (69%) Artikel wurden neutral, 18 (19%) negativ und 10 (12%) positiv eingestuft (Übersicht 1). Erstes Fazit: Die Autoren machen oft von negativem Wortschatz und negativen Emotionen Gebrauch. Daher können Leser ihre Meinung kaum unvoreingenommen treffen. Durch den vorliegenden Tenor und den angewendeten journalistischen Stil wird ihre Meinung in eine bestimmte Richtung geleitet. Diese „Meinungsvorgabe“ ist hier neben einer neutralen Ausprägung oft negativ ausgelegt. Denn Zeitungen berichten meist über die Milchkuhhaltung, wenn sie sich aufgrund von niedrigen Erzeugerpreisen (2015) in einer Krise befindet oder durch Skandale die Aufmerksamkeit der Journalisten weckt.
Zumeist wurden Experten befragt
Neben der inhaltlichen Darstellung ist auch interessant, welche Akteure in den Artikeln „zitiert“ werden. Am häufigsten kamen wider Erwarten wissenschaftliche Experten mit 26 Markierungen und Vertreter der Landwirtschaft mit 105 Markierungen zu Wort. Das hat ein anderes Licht auf die Auswertungen der Stichprobe geworfen. Eigentlich wurde davon ausgegangen, dass Tier- und Verbraucherschützer die Hauptakteure der Artikel sind. Es wurde erwartet, dass die Milcherzeuger hauptsächlich als Problemverursacher betitelt werden. Dabei haben diese vielmehr das Problem angesprochen.
Das am häufigsten behandelte Problem der Artikel war „Schaden für Landwirte“ mit 40 Markierungen (50%). Nicht, wie zunächst unterstellt, die Haltungsbedingungen der Kühe (7,5%) oder der Verbraucher- und Umweltschutz (jeweils 6%; Übersicht 2). Neben den wirtschaftlichen Akteuren wie LEH oder Molkereien als Hauptproblemverursacher (31%), wurde die Landwirtschaft (21%) auch häufig als Ursache genannt. Doch wie kann ein Akteur den Schaden davon tragen und gleichzeitig der Verursacher sein?
Milcherzeuger wurden einbezogen
Erklärung: Landwirte wurden für die Recherche der Artikel miteinbezogen. Offenbar sind sie den Dialog mit den Journalisten eingegangen und dementsprechend auch häufig die Akteure der Artikel. Negative Schlagzeilen erreichen zwar oft die größere Aufmerksamkeit, aber es wird auch deutlich, dass schwarze Schafe nicht der Regelfall der Branche sind.
Mit Problemen hängt auch die Forderung nach deren Lösung zusammen. Bei der Inhaltsanalyse kam heraus, dass am häufigsten höhere Preise für landwirtschaftliche Produkte gefordert wurden (15%). Darauf folgte die Forderung nach mehr Kommunikation (5%) zwischen Erzeugern und Verbrauchern (Übersicht 4). Der Fokus der analysierten Artikel lag am häufigsten auf Seiten der Wirtschaft (24x ausgewählt, 32%) und der Kommunikation (17x ausgewählt, 23%).
Transparenz sicherstellen
Zusammenfassend lässt sich festhalten:
- In Printmedien (Tages-/Wochenzeitungen) wird häufig wertend über die Milchproduktion berichtet. Durch den journalistischen Stil und die Wortwahl nehmen Journalisten Einfluss auf den Leser.
- In Printmedien (Tages-/Wochenzeitungen) wird häufig wertend über die Milchproduktion berichtet. Durch den journalistischen Stil und die Wortwahl nehmen Journalisten Einfluss auf den Leser.
- Oft haben die Redakteure mit den Milcherzeugern gesprochen und so Verständnis für die landwirtschaftliche Seite übermittelt. Die Presse über die Milchkuhhaltung ist also nicht nur negativ.
- Oft haben die Redakteure mit den Milcherzeugern gesprochen und so Verständnis für die landwirtschaftliche Seite übermittelt. Die Presse über die Milchkuhhaltung ist also nicht nur negativ.
- Viele Verbraucher verstehen, dass geringe Preise im Supermarkt nicht für alle positiv sind. Außerdem sind sie an der Kommunikation mit Milcherzeugern interessiert.
- Viele Verbraucher verstehen, dass geringe Preise im Supermarkt nicht für alle positiv sind. Außerdem sind sie an der Kommunikation mit Milcherzeugern interessiert.
Im Zuge dessen ist es wichtig, sich als Milcherzeuger nicht vor der Gesellschaft zu verschließen. Bringen Sie die Zeit auf, sich mit Medien und Verbrauchern auseinanderzusetzen. Nur so werden Missverständnisse aus der Welt geschafft und Transparenz ermöglicht. Viele Verbraucher haben meist eine ganz falsche Vorstellung von der modernen Milchkuhhaltung, da ihnen das fachliche Hintergrundwissen fehlt. Deswegen ist der Kontakt zum Verbraucher sehr wichtig und durch nichts zu ersetzen. Die Milchbranche muss darauf hinweisen, dass fehlender Tierschutz und Skandale rund um Lebensmittel nicht die Regel in der Nutztierhaltung sind.L. Verfürth
Im Zuge dessen ist es wichtig, sich als Milcherzeuger nicht vor der Gesellschaft zu verschließen. Bringen Sie die Zeit auf, sich mit Medien und Verbrauchern auseinanderzusetzen. Nur so werden Missverständnisse aus der Welt geschafft und Transparenz ermöglicht. Viele Verbraucher haben meist eine ganz falsche Vorstellung von der modernen Milchkuhhaltung, da ihnen das fachliche Hintergrundwissen fehlt. Deswegen ist der Kontakt zum Verbraucher sehr wichtig und durch nichts zu ersetzen. Die Milchbranche muss darauf hinweisen, dass fehlender Tierschutz und Skandale rund um Lebensmittel nicht die Regel in der Nutztierhaltung sind.L. Verfürth
Die Medienanalyse erfolgte im Rahmen einer Bachelorarbeit an der FH Soest (fachliche Betreuung: Jenny Wolfram).