…dann hilft dir Gott.“ So die Erkenntnis des Milchpolitischen Frühschoppens des Milchindustrieverbands (MIV) während der Grünen Woche in Berlin. Die Milchbranche steht zurzeit ziemlich ratlos da. Ein Gastkommentar von „Bauer Willi“.
Es ist noch nicht so lange her, da lag der durchschnittliche Milchpreis für den Erzeuger in Deutschland bei rund 40 Cent. Und auch in anderen Teilen der Welt lag er erfreulich...
…dann hilft dir Gott.“ So die Erkenntnis des Milchpolitischen Frühschoppens des Milchindustrieverbands (MIV) während der Grünen Woche in Berlin. Die Milchbranche steht zurzeit ziemlich ratlos da. Ein Gastkommentar von „Bauer Willi“.
Es ist noch nicht so lange her, da lag der durchschnittliche Milchpreis für den Erzeuger in Deutschland bei rund 40 Cent. Und auch in anderen Teilen der Welt lag er erfreulich hoch. Keiner hat was gesagt, alle waren zufrieden. Keine Hilferufe, kein Jammern. Wenn man nichts hört, geht es den Bauern gut, vielleicht sogar sehr gut. Ist so ähnlich, wie beim Essen: Wenn keiner was sagt, schmeckt es.
Jetzt steuert der Milchpreis auf immer neue Tiefen zu. Klar, dass das niemandem „schmeckt“. Doch wo liegen die Ursachen? Ganz einfach: Angebot und Nachfrage passen nicht zusammen. Das sind immer die Gründe für hohe und für niedrige Preise. Nun haben die Milchbauern bei hohen Preisen investiert, neue und tierfreundliche Laufställe gebaut. Die Banken haben auch mitgespielt, denn Kredite zu vergeben ist deren Job und bei Landwirten hat man auch wenig Risiko, weil ja Ackerland da ist, das man beleihen kann. Und jetzt ist zu viel Milch da. Nicht nur in Deutschland, sondern weltweit. Produziert haben die Milch die Milchbauern. Freiwillig!
Frau Merkel hat andere Probleme
Und wer hilft jetzt? Die EU-Kommission stellt sich auf den Standpunkt, dass mit dem Wegfall der Quote jeder wusste, dass das freie Spiel der Marktkräfte richtig losgehen würde. Das hätte niemand verheimlicht und für den Quotenausstieg hätte es ja auch eine qualifizierte Mehrheit gegeben. „Nein, Leute, wir sind da raus“ sagt die EU. Gut, wir können über zeitlich befristete Kredite reden, aber die werden zurückgezahlt. Wie die, die man an Griechenland gegeben hat…
Die Bundesregierung kann nicht anders, als sich dieser Meinung anzuschließen, ein deutscher Alleingang ist nicht vorstellbar. Und ehrlich gesagt: Soll Frau Merkel sich jetzt auch noch um Milchbauern kümmern? Als wenn die keine anderen Probleme hätte! Die Grünen haben allerdings eine tolle Idee: Jetzt wäre doch eine gute Gelegenheit, aus der Massentierhaltung auszusteigen und auf Bio umzustellen. Bio-Milch ist gesucht und teuer. Da ist ja was dran… Geht aber wahrscheinlich nicht für alle Bauern.
Alle sagen also: Der Markt muss es richten. Womit wir bei den Molkereien angekommen wären. Die sollen einfach allen 35 Cent, besser noch 40 Cent auszahlen und schon sind alle zufrieden. Aber warum machen die das nicht einfach? Nicht mal die Genossenschaften? Die sollen den Einkäufern von Aldi, Lidl und Co. mal klare Kante zeigen und sich nicht in die Knie zwingen lassen. Genau! Aber gleichzeitig Abnahmegarantie für den Erzeuger bieten…
Womit wir bei den Handelsketten angekommen wären. Da sitzen Einkäufer, die sich nach Ansicht vieler Milchbauern so benehmen, als hätten sie ihr Geschäft bei der italienischen Mafia gelernt. Lauter Erpresser. „Wenn Du mir die Milch nicht für den und den Preis lässt, wirst Du ausgelistet und ich kaufe bei einem anderen. Und wenn ich aus Gründen des Marketings bei der Milch ein paar Cent drauflege – das macht sich gut in der Presse – dann zieh ich Dir das aber bei Butter, Joghurt und Quark wieder ab.“ Sauerei! Wo bleibt da der ehrbare Kaufmann? Von denen ist also auch keine Hilfe zu erwarten.
Gebt der Milch wieder ein Image!
Könnten die Verbraucher helfen? Jetzt wird es schwierig, weil es „den“ Verbraucher nicht gibt. Da die meisten wissen, dass der Liter Vollmilch exakt 0,59 € kostet (was für ein seltener Zufall!) kaufen sie die günstigen Eigenmarken. Warum sollten sie zum Markenprodukt greifen? Ist die Milch besser? Wenn ihnen das keiner erklärt, wer kann es ihnen verdenken? Erzählt die Milch eine Geschichte, die sie emotional so anspricht, dass sie ihr Verhalten ändern? Womit wir uns langsam einer möglichen Lösung nähern.
Da gibt es eine Marke, die im Fernsehen damit wirbt, dass ihr Käse aus Bayern kommt und von Bauern stammt, die so um die 25 Kühe halten. Das finde ich gut, und drum kaufe ich den Käse. Übrigens kaufen wir zu Hause Bio-Weidemilch, obwohl dafür keine Werbung gemacht wird. Das mache ich, weil wir bis 1964 auch Kühe hatten, die auf der Weide liefen. War auch Bio, obwohl das damals noch keiner wusste. Und die Milch habe ich dann frisch getrunken. Lecker. Ich habe das Bild noch heute vor mir. Und diese Bilder könnte man transportieren und so auch bei den Verbrauchern den Wunsch wecken, ein solches Produkt haben zu wollen. Warum gibt es keine vegetarische Milch? Ist doch Trend und Milch ist von Natur aus vegetarisch. Sagt aber keiner. Was ich sagen will: Gebt der Milch wieder ein Image! Ein gutes Image! Die Liter-Packung darf dann auch gerne mal 1,20 € kosten. Macht aber keiner. Ich kann mich an keine Milchwerbung im Fernsehen erinnern!
In den Köpfen der Verbraucher sind Begriffe wie Hörner ausbrennen, der Kuh das Kalb wegnehmen, künstliche Besamung und Gen-Soja aus Südamerika, mit Glyphosat behandelt. Na dann, guten Appetit. Und die Jugend antwortet: „Da trinke ich doch lieber Sojamilch. Die kostet zwar mehr, aber dafür habe ich ein gutes Gewissen. Und das ist mir was wert.“ Durchaus möglich, dass der Milchkonsum auch wegen veränderter Ernährungsgewohnheiten zurückgehen wird, wenn nichts dagegen unternommen wird. Und da wäre doch der Milchindustrieverband MIV eine gute Adresse, oder? Der hat doch früher auch die CMA mitfinanziert. Das Geld dürfte also da sein.
Ich könnte jetzt noch auf die Bauernverbände zu sprechen kommen. Doch das lass ich, denn Verbände können keine Preise machen, egal ob sie DBV, AbL oder BDM heißen. Und solange die nicht miteinander ausgekaspert haben, welcher Weg denn nun der richtige ist, halte ich lieber den Mund.
Entweder…oder!
Dabei gibt es im Prinzip nur zwei Lösungsansätze:
Der Strukturwandel wird also weitergehen, Charles Darwin wird wohl leider recht behalten: Der Fitteste wird überleben – das muss nicht unbedingt der Größere oder der Stärkere sein, sondern der, der sich gut und schnell anpassen kann…