Das Zuchtunternehmen Genex bietet in Deutschland einen Service zur Optimierung der Produktionsprozesse im Kuhstall an. Elite hat zwei der „Problemlöser“ begleitet.
Nahezu regungslos steht David Ellis auf dem Laufgang und beobachtet das Verhalten der Kühe im Stall. Fast könnte man glauben, er sei dort festgewachsen. Doch dann bewegt er sich, ganz langsam, fast schon geschmeidig, zwischen den wiederkauenden Kühen hindurch. Mit wachen Augen scannt der „Troubleshooter“...
Das Zuchtunternehmen Genex bietet in Deutschland einen Service zur Optimierung der Produktionsprozesse im Kuhstall an. Elite hat zwei der „Problemlöser“ begleitet.
Nahezu regungslos steht David Ellis auf dem Laufgang und beobachtet das Verhalten der Kühe im Stall. Fast könnte man glauben, er sei dort festgewachsen. Doch dann bewegt er sich, ganz langsam, fast schon geschmeidig, zwischen den wiederkauenden Kühen hindurch. Mit wachen Augen scannt der „Troubleshooter“ (Problemlöser) aus Manchester (UK) dabei ununterbrochen sein Umfeld. Wie sich später herausstellt, entgeht ihm dabei fast nichts. Es scheint, als könnte er die von den Kühen ausgesendeten Signale, ihre Körpersprache „lesen“. Aufgrund seiner langjährigen Erfahrungen als Herdenmanager verfügt David Ellis über ein sehr detailliertes Kuh-Wissen. 27 Jahre lang hat der Brite als Herdenmanager bzw. als temporärer Farmmanager auf diversen Milchfarmen aller Größen (60 bis 1.300 Kühe) gearbeitet. Aktuell ist er als „Problemlöser“ (Troubleshooter) in Europas Kuhställen unterwegs, u.a. im Auftrag von Genex (Benchmark Beratungsservice RPM).
Dabei „überprüft“ Ellis während eines Betriebsrundganges konsequent alle Stallbereiche, schaut sich die Produktionsdaten an und lässt sich die Abläufe im Kuhstall detailliert erläutern. Sein Ziel: Fehler im Produktionsablauf bzw. im Management zu finden, die sich negativ auf das Wohlbefinden und die Tiergesundheit und somit leistungsmindernd auswirken. Doch bei der Auflistung möglicher Schwachpunkte will es der Brite nicht belassen, ihm ist es wichtig, praktikable und finanzierbare Optimierungsvorschläge zu präsentieren. Um seine Kunden nicht mit Detailinformationen zu überschütten, konzentriert sich David Ellis bei der Auswertung immer nur auf einige, wenige Punkte. Bei der Priorisierung seiner Optimierungsvorschläge orientiert sich der Berater zumeist an den von den Betriebsleitern im Vorgespräch angesprochenen Problemstellen.
Problem: Tiergesundheit
Wir haben David Ellis und Wolfgang Reuß, der in Deutschland für den Benchmark Beratungsservice Genex RPM verantwortlich ist, bei ihrem Rundgang durch drei Kuhställe begleitet.
Betrieb 1: Hier werden 110 Milchkühe mit zwei AMS gemolken. Die Milchleistung beziffern die beiden Betriebsleiter (Vater und Sohn) auf 10.500 kg. An den Troubleshooter haben sich die beiden Unternehmer in erster Linie gewandt, weil sie unzufrieden sind mit der Eutergesundheit ihrer Kuhherde. Der Zellgehalt ist mit 250.000/ml erhöht, im Sommer klettern die Werte auch gerne mal weiter nach oben. Zudem sind sich die beiden Milchprofis einig, dass zu viele Jungkühe wegen Klauenproblemen vorzeitig abgehen. Rund ein Drittel der Erstmelkenden wird gar nicht erst trockengestellt. Entsprechend hoch fällt denn auch mit 43% die Remontierungsrate aus. Der erste Eindruck ist, dass die beiden Landwirte sehr penibel arbeiten. Die Hofstelle präsentiert sich sehr aufgeräumt, nirgends liegt etwas herum, alle Maschinen scheinen in einem sehr guten Zustand. Auch im Stall finden sich keine Schmutzecken, alle Laufgänge und der Futtertisch sind sauber.
Was ist Troubleshooter David Ellis aufgefallen? Zu wenige Kühe liegen in den Boxen. Die Liegeboxen scheinen etwas zu schmal und vor allem aber zu kurz. Kurze Liegezeiten bzw. längeres Stehen fördert Klauenprobleme! In dem Laufstall fehlt es an Luftvolumen. Der Berater schätzt, dass dadurch im Sommer unweigerlich Hitzestress entsteht. Dieser wiederum beeinträchtigt das Immunsystem der Kühe, die Euter- und Klauengesundheit leiden. Die Analyse der MLP-Daten deckt denn auch auf, dass sich nur etwa die Hälfte der Kühe am Ende der Trockenphase mit einer guten Eutergesundheit präsentiert. 30% der Kühe infizieren sich im Trockenstand. Ohne eine bauliche Anpassung (Boxen an die Größe der Kühe anpassen, Hochboxen durch Tiefboxen ersetzen, Verbesserung des Stallklimas, Umbau bzw. Neugestaltung des Abkalbebereiches) scheint hier leider keine grundlegende Problemlösung möglich. Nur durch diese Maßnahmen dürfte sich der Infektionsdruck im Stall deutlich verringern lassen. Ein längerer intensiver Blick auf den Futtertisch zeigt, dass die Kühe die Mischration selektieren. Es finden sich auffällig viele Grasbüschel im Trog, das erleichtert den Tieren das Selektieren feiner Partikel. Der Berater empfiehlt hier, die Grassilage länger zu mischen und den Mischwagen von einem Techniker überprüfen zu lassen.
Problem: Milchleistung zu gering
Betrieb 2: Auch in diesem Milchkuhbetrieb werden die Kühe (250 Tiere, 9.500 kg) automatisch gemolken. Der Betriebsleiter möchte vor allem zwei Fragen von den beiden Beratern beantwortet wissen:
- Wie lässt sich die Eutergesundheit verbessern (der Zellgehalt hat sich bereits seit Längerem bei 300.000 je ml eingependelt)?
- Wie lässt sich die Milchleistung erhöhen? Das Tagesgemelk hat sich aktuell bei 32 kg eingependelt, drei bis vier Kilo mehr Milch pro Kuh und Tag werden angestrebt.
- Wie lässt sich die Eutergesundheit verbessern (der Zellgehalt hat sich bereits seit Längerem bei 300.000 je ml eingependelt)?
- Wie lässt sich die Milchleistung erhöhen? Das Tagesgemelk hat sich aktuell bei 32 kg eingependelt, drei bis vier Kilo mehr Milch pro Kuh und Tag werden angestrebt.
Was ist Troubleshooter David Ellis aufgefallen? Die Fütterung der Trockensteher sollte umgestellt werden. Bislang erhalten die trockenstehenden Kühe etwas von der TMR der laktierenden Herde und Heu zur freien Aufnahme. Durch die hohe (unkontrollierte) Aufnahme des Heus füllt sich zwar der Pansen, allerdings nehmen die Kühe kurz vor der Kalbung zu wenig Energie auf. Deutlich abzulesen ist dies an den leeren Hungergruben. Der Laktationsstart wird den frischabgekalbten Kühen auch durch eine zu kleine und suboptimale ausgeführte Abkalbebox erschwert. Da diese stetig belegt ist, wird sie auch nur selten ausgemistet (drei bis vier Mal pro Jahr). Selbst bei intensiver Einstreu dürfte der Keimdruck sehr massiv ausfallen. Empfehlung: Fütterung der Trockensteher und den Abkalbebereich optimieren.
Problem: Zellzahlen zu hoch
Betrieb 3: Auf dem Betrieb 3 (590 Kühe) werden David Ellis und Wolfgang Reuß vom Betriebsleiter herzlich begrüßt. Man kennt sich, denn die beiden Berater haben schon öfter hier vorbeigeschaut. Ein Stallrundgang entfällt deshalb auch, die drei Männer ziehen sich gleich ins Stallbüro zurück. Während der letzten 12 Monate hat der Betriebsleiter auf Ansage von Ellis kleinere Veränderungen im Herdenmanagement vorgenommen. So fiel dem Troubleshooter u.a. auf, dass einige Kühe zu lang oder zu kurz trockengestellt wurden. Auch wurde die Fütterung optimiert (u.a. durch Wasserzugabe) und die Fruchtbarkeitsprotokolle verändert. An Hand der Daten lässt sich mittlerweile ein positiver Trend bei der Herdenfruchtbarkeit ablesen. So konnte in den letzten zwölf Monaten die Pregnancy-Rate von 18 auf 22% gesteigert, die Zwischenkalbezeit von 407 auf 384 Tage verringert werden. Besonders positiv ins Auge fällt hier die Entwicklung bei den Jungkühen. Mit der Verbesserung der Fruchtbarkeitsergebnisse ist auch die Milchleistung nochmals angestiegen auf Ø 50 kg pro Kuh zwischen dem 40. und 100. Tag. Noch nicht so ganz zufrieden ist David Ellis mit der Eutergesundheit. Zwar sind auch in diesem Bereich erste Erfolge zu verzeichnen. Obwohl noch vor einem Jahr 100.000 Zellen mehr gezählt wurden, mahnt der Troubleshooter zur Vorsicht. 25% der Kühe der Herde sind chronisch euterkrank, sie stellen eine permanente Infektionsgefahr dar. Darauf deutet auch der aktuelle Zellgehalt von 258.000 Zellen/ml hin. G. Veauthier