Viele europäische Milcherzeuger in der EU haben auf die Milchkrise mit Kostensenkungen und Leistungssteigerungen reagiert. Ergebnisse der neuesten Auswertungen der European Dairy Farmer.
Bei den allermeisten europäischen Milchfarmern hat der Absturz der Auszahlungspreise den gleichen Reflex ausgelöst: Milchleistung pro Kuh steigern, mehr Kühe...
Viele europäische Milcherzeuger in der EU haben auf die Milchkrise mit Kostensenkungen und Leistungssteigerungen reagiert. Ergebnisse der neuesten Auswertungen der European Dairy Farmer.
Bei den allermeisten europäischen Milchfarmern hat der Absturz der Auszahlungspreise den gleichen Reflex ausgelöst: Milchleistung pro Kuh steigern, mehr Kühe in den Stall stellen, Kosten runterschrauben. Diese Schlussfolgerungen lassen sich aus der Auswertung (Cost of Production) der European Dairy Farmers (EDF) ableiten, die im bretonischen LaBaule von Steffi Wille-Sonk präsentiert wurde.
Unter dem Strich haben die Milchfarmer seit dem Ausbruch der Milchkrise den BEP II um rund 2,2 Cent pro kg Milch absenken können, das entspricht einer „Kostensenkung“ von ca. 5,5%. Der BEP II (Break Even Point II) entspricht dem Milchpreis, der zur Vollkostendeckung benötigt wird. In Europa sind dies aktuell etwa 36,2 Cent (Ökobetriebe: 49,9 ct/kg). Das beste Drittel der Milchfarmer benötigt nur 28,7 Cent, die weniger gut wirtschaftenden Milchkuhbetriebe hingen 49,9 Cent pro kg Milch.
Deutsche produzieren sehr günstig
Als besondere Kostenoptimierer haben sich im letzten Jahr die Milchfarmer aus Schweden, Dänemark, Polen, Belgien und Irland hervorgetan. Während die irischen und die dänischen Milchfarmer deutliche Leistungssteigerungen realisieren konnten (+ 700 bzw. + 520 kg/Kuh), profitieren ihre schwedischen Kollegen vor allem von Wechselkursschwankungen (Hinweis: die Ergebnisse sind nicht repräsentativ für einzelne Länder, es lässt sich aber dennoch ein regionaler Trend ablesen).
Wie sieht es in Deutschland aus? Die ausgewerteten Unternehmen erreichen einen BEP II von etwa 32 bis 33 Cent. Sie produzieren somit günstiger als ihre Kollegen in den benachbarten Ländern Dänemark, den Niederlanden und Frankreich. Nur im Osten, in Polen und in der Tschechischen Republik, wird noch etwas günstiger gemolken. Neben Deutschland mussten in der Auswertungsperiode 2015 nur die teilnehmenden EDF-Milchfarmer in Irland und Großbritannien keine Verluste verbuchen, sofern die sonstigen der Milchproduktion zugeschriebenen Erlöse, die entkoppelten Prämien den Einnahmen aus dem Milchverkauf hinzugerechnet werden.
In den Niederlanden, einer Region, die nach dem Quotenende neben Irland mit einem deutlichen Rohstoffaufkommen immer wieder in Europa für Furore gesorgt hat, verteuerte sich die Milchproduktion sogar. Unter der gegebenen Marktsituation ist ein solches Verhalten aus ökonomischer Sicht nicht zu erklären. Hier scheinen emotionale Beweggründe die wirtschaftlichen Aspekte zu übertünchen.
Snapshot: Kaum Reserven vorhanden
Präsentiert wurden in LaBaule auch die Ergebnisse der diesjährigen Snapshot-Befragung. Dabei wurden die Betriebsleiter aufgefordert anzugeben, wie sie auf die Milchkrise reagieren, welche Maßnahmen sie ergriffen haben und wie sie diese gewichten (Übersicht 3). 95% gaben an, Ausgaben bzw. die Produktionskosten zu senken. Knapp 80% haben (Cash)Reserven mobilisiert. Fast ebenso viele haben weniger Privatentnahmen getätigt bzw. weniger Prämien und Dividenden ausgeschüttet. Gut zwei Drittel der Milchfarmer gab an, mit den Finanzinstituten und sonstigen Gläubigern über eine vorübergehende, zeitliche Streckung der Rückzahlungen zu verhandeln (Kredite und offene Rechnungen). Ein gutes Viertel der Unternehmer sah sich zwischenzeitlich genötigt, Flächen zu verkaufen, um den Milchkuhbetrieb zu stabilisieren.
Gefragt nach ihren Reserven (liquide Mittel, Rücklagen aus den „fetten Jahren“), gaben die meisten der 223 Befragten an, dass sie diese längst wieder reinvestiert hätten. Während etwa die Hälfte die Gewinne dazu genutzt hat, die Milchkuhherde aufzustocken, gaben 40% an, damit Schulden getilgt zu haben.
Bleibt festzuhalten: Da Wachstumsmöglichkeiten in vielen Regionen kaum noch bzw. nur mit enormen Kraftanstrengungen und Kosten realisierbar sind, liegt der Schlüssel zu einer wirtschaftlichen Milchproduktion in erster Linie in der Optimierung des (Herden-)Managements. Durch eine Steigerung der Milchleistung lassen sich häufig noch weitere „Verdünnungseffekte“ bei den Produktionskosten erreichen. Aufgrund der starken Auslenkungen beim Milchpreis sollte eine mögliche Diversifizierung ins Auge gefasst werden. Wie in den Diskussionen mit den Milchfarmern zu hören war, sehen derzeit viele, die über ein zusätzliches Standbein verfügen (z.B. Biogas), optimistischer in die Zukunft.G. Veauthier