Theoretisch können Landwirte ihre Milch selbst an der Börse absichern, doch das ist sehr aufwendig. Molkereien oder MEG‘s fällt dies deutlich leichter. Sie nutzen viel zu selten das wirksame Instrument zur Preisabsicherung. Das geht bei vielen zulasten der Milchpreise!
Die allermeisten Milcherzeuger leiden unter den geringen Milchauszahlungspreisen, einige Betriebe stehen sogar...
Theoretisch können Landwirte ihre Milch selbst an der Börse absichern, doch das ist sehr aufwendig. Molkereien oder MEG‘s fällt dies deutlich leichter. Sie nutzen viel zu selten das wirksame Instrument zur Preisabsicherung. Das geht bei vielen zulasten der Milchpreise!
Die allermeisten Milcherzeuger leiden unter den geringen Milchauszahlungspreisen, einige Betriebe stehen sogar kurz vor einem „Zusammenbruch“. Zwar erholen sich die Milchpreise derzeit auf niedrigem Niveau, einige Molkereien profitieren jedoch noch nicht von dem Preisanstieg, da sie an langfristige Lieferkontrakte mit dem Lebensmitteleinzelhandel gebunden sind. Wie lassen sich derartige Probleme künftig verhindern? Eine Möglichkeit besteht in einer Preisabsicherung an den Warenterminbörsen!
Warenterminmarkt: Was für Große
An Warenterminmärkten werden Waren in Form von definierten Verträgen (Future-Kontrakten) gehandelt. Dabei verständigen sich zwei Partner auf einen Preis für ein Produkt, der an einem bestimmten Termin in der Zukunft gilt. Für alle Vertragspartner stellt die Terminmarktposition eine unbedingte, verpflichtende Vereinbarung dar. Die Börse bestimmt die genaue Ausgestaltung der Kontrakte, z.B. Inhalt, Größe oder Laufzeit. Durch die Standardisierung werden die Kontrakte austauschbar, alle Teilnehmer an der Börse werden zu potenziellen Handelspartnern. Die Rahmenbedingungen erschweren es jedoch kleineren Milchviehhaltern, selbst am Warenterminmarkt tätig zu werden:
- Mindestmenge: Die angebotenen Futures unterscheiden sich je nach Börsenplatz. An der EEX (European Energy Exchange) in Leipzig werden u.a. Futures auf Butter, Magermilchpulver und Molkenpulver gehandelt. In den Vertragsbedingungen der EEX ist festgelegt, dass die Kontraktgröße fünf Tonnen beträgt. Milchviehhalter müssen, um die Fett- und Proteinseite abzudecken, als grobe Faustformel zwei Magermilchpulver- und einen Butterkontrakt handeln. Basierend auf dieser Faustformel, werden etwa 100.000 kg Milch abgesichert. Die auf dem eigenen Betrieb produzierte Milchmenge sollte aber nicht zu 100% über die Börse abgesichert werden (Stichwort Risikodiversifikation).
- Häufigkeit: Zudem ist es ratsam, nicht nur einmal pro Monat eine mengenmäßige Absicherung vorzunehmen, sondern so oft wie möglich, damit steigende Preise „mitgenommen“ werden können. Empfohlen wird eine wöchentliche Absicherung, ein Milcherzeuger müsste also 400.000 kg Milch pro Monat handeln. Natürlich ließe sich auch nur einmalig für 32 Cent absichern (derzeit für Juni 2017 möglich) und danach auf einen steigenden Auszahlungspreis durch die Molkerei „hoffen“. Doch häufig stecken die Milchverarbeiter in langfristigen, niedrigpreisigen Verträgen fest, die Auszahlungspreise ziehen erst verzögert an.
- Liquidität: Um an der Warenterminbörse agieren zu können, muss der Börsenhandelsteilnehmer über die gesamte Laufzeit Geld auf seinem Börsenkonto hinterlegen. Zu Beginn ist eine „Initial-Margin“ für jeden Kontrakt fällig: Diese rangiert derzeit an der EEX für Magermilchpulver für die 2016er Notierungen zwischen 540 € und 835 €, für Butterkontrakte zwischen 1.250 € und 1.890 €. Die Höhe der Margin wird von der Abrechnungsstelle der jeweiligen Börse vorgegeben und hängt u.a. von der Tagesvolatilität der einzelnen Notierungen sowie der Kontraktlaufzeit ab. Dazu kommen noch „Variation-Margins“ (der Börsenkurs schwankt täglich). Selbst, wenn der Milchviehhalter am Ende der Laufzeit mit einem Kontrakt einen Gewinn verbucht, kann es sein, dass er an einigen Tagen durch einen höheren oder niedrigeren Kurs Geld auf das Börsenkonto nachschießen muss. Wenn z.B. 100.000 kg Milch zu 31 ct/kg abgesichert werden, hat der Kontrakt einen Wert von 31.000 €. In diesem Fall müssten bei einer Preisveränderung von 200 € pro Kontrakt insgesamt ca. 5.000 € an Margins hinterlegt werden.
- Mindestmenge: Die angebotenen Futures unterscheiden sich je nach Börsenplatz. An der EEX (European Energy Exchange) in Leipzig werden u.a. Futures auf Butter, Magermilchpulver und Molkenpulver gehandelt. In den Vertragsbedingungen der EEX ist festgelegt, dass die Kontraktgröße fünf Tonnen beträgt. Milchviehhalter müssen, um die Fett- und Proteinseite abzudecken, als grobe Faustformel zwei Magermilchpulver- und einen Butterkontrakt handeln. Basierend auf dieser Faustformel, werden etwa 100.000 kg Milch abgesichert. Die auf dem eigenen Betrieb produzierte Milchmenge sollte aber nicht zu 100% über die Börse abgesichert werden (Stichwort Risikodiversifikation).
- Häufigkeit: Zudem ist es ratsam, nicht nur einmal pro Monat eine mengenmäßige Absicherung vorzunehmen, sondern so oft wie möglich, damit steigende Preise „mitgenommen“ werden können. Empfohlen wird eine wöchentliche Absicherung, ein Milcherzeuger müsste also 400.000 kg Milch pro Monat handeln. Natürlich ließe sich auch nur einmalig für 32 Cent absichern (derzeit für Juni 2017 möglich) und danach auf einen steigenden Auszahlungspreis durch die Molkerei „hoffen“. Doch häufig stecken die Milchverarbeiter in langfristigen, niedrigpreisigen Verträgen fest, die Auszahlungspreise ziehen erst verzögert an.
- Liquidität: Um an der Warenterminbörse agieren zu können, muss der Börsenhandelsteilnehmer über die gesamte Laufzeit Geld auf seinem Börsenkonto hinterlegen. Zu Beginn ist eine „Initial-Margin“ für jeden Kontrakt fällig: Diese rangiert derzeit an der EEX für Magermilchpulver für die 2016er Notierungen zwischen 540 € und 835 €, für Butterkontrakte zwischen 1.250 € und 1.890 €. Die Höhe der Margin wird von der Abrechnungsstelle der jeweiligen Börse vorgegeben und hängt u.a. von der Tagesvolatilität der einzelnen Notierungen sowie der Kontraktlaufzeit ab. Dazu kommen noch „Variation-Margins“ (der Börsenkurs schwankt täglich). Selbst, wenn der Milchviehhalter am Ende der Laufzeit mit einem Kontrakt einen Gewinn verbucht, kann es sein, dass er an einigen Tagen durch einen höheren oder niedrigeren Kurs Geld auf das Börsenkonto nachschießen muss. Wenn z.B. 100.000 kg Milch zu 31 ct/kg abgesichert werden, hat der Kontrakt einen Wert von 31.000 €. In diesem Fall müssten bei einer Preisveränderung von 200 € pro Kontrakt insgesamt ca. 5.000 € an Margins hinterlegt werden.
Bleibt festzuhalten: Auch wenn größere Unternehmen ausreichend Milch produzieren, um die „Mindestanforderungen“ zu bedienen, müsste sich eine Person ständig mit der Börse befassen. Zudem müssten immer liquide Mittel vorgehalten werden. Aus Sicht eines typischen Milcherzeugers erscheint dies in Zeiten geringer Auszahlungspreise, in denen die Liquidität ohnehin mehr als angespannt ist, nicht zielführend! Daher ist es ratsam, eine Absicherung über die Erzeugergemeinschaft (MEG) oder die Molkereien anzustreben.
So funktioniert die Absicherung
Für eine Preisabsicherung (Hedge) muss eine MEG oder Molkerei entsprechend der physischen Warenposition ein passendes Gegengeschäft am Terminmarkt eingehen. Die Börse stellt für den Handel 18 aufeinander folgende Zukunftstermine (Fälligkeiten) zur Verfügung. In der Praxis liefe das so:
Eine Molkerei (oder die Landwirte einer MEG) möchte das momentan an der Börse gehandelte Zukunftspreisniveau absichern. Die Molkerei/MEG sucht sich einen Zeitraum aus, für den sie den Milchpreis absichern möchte, z.B. erstes Quartal 2017. Die Molkerei/MEG kann nun die Milch für einen bereits festgelegten Preis von den Landwirten einkaufen, da sie den Verkaufspreis kennt, zu dem sie ihre Milch wieder los wird. Damit kennt der Milcherzeuger seinen Auszahlungspreis im ersten Quartal 2017. Gleichzeitig verkauft die Molkerei/MEG diese Milch an der Börse in Form von Magermilch- und Butterkontrakten. Am 15.08.2016 ließ sich an der Börse ein Milchpreis für das erste Quartal 2017 von etwa 32,5 ct/kg absichern. Dafür müssen gemittelt für Butter etwa 1.600 € und für Magermilchpulver 900 € Margins je Kontrakt vorgehalten werden.
Während der Zeit der Absicherung müssen alle Marktteilnehmer ausreichend Liquidität auf dem Börsenkonto vorrätig halten, um Wertschwankungen ausgleichen zu können. Wenn eine Molkerei beispielsweise 50 Kontrakte Magermilchpulver an der Börse zu einem Preis von 2.000 € je Kontrakt hält und der Preis um 100 € fällt, werden an diesem Tag 25.000 € fällig (Anzahl der Kontrakte x Kontraktgröße x Preisveränderung, also 50 x 5t x 100 €). Diese zwischenzeitliche Liquiditätsbelastung berührt nicht den Erfolg der Absicherung am Ende der Laufzeit, muss aber bei der Liquiditätsplanung des Unternehmens berücksichtigt werden.
Wenn nun der Milchpreis im Zeitverlauf fällt, dann wirft die Börsenposition diejenigen Gewinne ab, die die Molkerei/MEG braucht, um den vereinbarten Milchpreis an die Landwirte auszahlen zu können. Steigt der Milchpreis aber über das abgesicherte Niveau heraus an, kann die Molkerei/MEG trotzdem nur den abgesicherten Preis auszahlen. Ihr entgeht der Gewinn, den sie beim Verkauf ihrer Waren zum aktuellen, höheren Kurs hätte erzielen können. Sobald die Molkerei/MEG die Produkte tatsächlich an den Handel verkauft, schließt sie die Position an der Börse und kauft den Kontrakt zurück, da der Kontrakt nicht physisch angedient, sondern am Ende der Laufzeit in bar ausgeglichen wird. Die Kosten (Börsen-, Bank- und Brokergebühren) belaufen sich auf ca. 30 bis 35 € pro Kontrakt.
Wie hätte sich der Preis entwickelt?
Ob die derzeitige Milchpreismisere vermeidbar gewesen wäre, hätten die Molkereien das Instrument Warenterminmarkt professioneller genutzt, lässt sich heute nicht mehr sagen. Denn es ist unseriös, Preisverläufe im Nachgang einzuschätzen. In den vergangenen Monaten schwankte der ife-Börsenmilchwert an der EEX (
www.ife-ev.de) zwischen 21,00 und 33,10 ct/kg je nach Notierung.
Bei solch großen Unterschieden lässt sich die vermeintlich „richtige“ Strategie im Nachgang nicht mehr bewerten, zumal heute Informationen vorliegen, die zu einem früheren Zeitpunkt nicht verfügbar waren. Eine frühzeitige Milchpreisabsicherung verfolgt nicht das Ziel, dem höchsten Preis nachzujagen, sondern stellt betriebliche Planungssicherheit her. Eine Absicherung vor Auslaufen der Quote hätte möglicherweise das derzeitige Desaster verhindert, auch wenn an der Börse keine Wunschpreise abgesichert werden können. -cs-