EU will TÜV-Plakette für Rinderställe

In Brüssel haben der Europarat und die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) je ein wissenschaftliches Gutachten zum Tierschutz bei Milchkühen vorgelegt. In beiden wird die Anbindehaltung „kritisch“ gesehen und eine Ausdehnung des Weidegangs betont.

Europarat kam mit einem überarbeiteten Entwurf von Tierschutzempfehlungen für Rinder heraus, der einige Vorgaben eines früheren Papiers entschärft. Zudem hat die EFSA ein wissenschaftliches Gutachten zum Tierschutz bei Milchkühen vorgelegt. Darin wird eine Risikobewertung für verschiedene Haltungsformen vorgenommen. Dabei schneidet die Anbindehaltung schlecht ab. Das größte Risiko für Verhaltensprobleme der Kühe im Zusammenhang mit Stallbauten wird in schlechter Planung und in Anbindeställen gesehen.
Was die Bewegungsmöglichkeiten für die Tiere angeht, so halten die Wissenschaftler den Verzicht auf Weidegang für risikobehaftet, auch in Boxenlaufställen! Gleichzeitig gesteht die Mehrheit der Experten jedoch zu, dass es derzeit nur begrenzte Erkenntnisse darüber gebe, inwieweit die tägliche Dauer der Anbindehaltung mit dem Krankheitsvorkommen in der Herde und mit deren Wohlbefinden insgesamt zusammenhänge. Mehr Studien zu diesem Thema seien notwendig. Allerdings gab eine Gruppe von Wissenschaftlern, darunter auch Prof. Jörg  Hartung von der Tierärztlichen Hochschule Hannover (TiHo), ein „Minderheitenvotum“ ab, wonach es sehr wohl genügend Anhaltspunkte für schwachen Tierschutz in Anbindeställen gebe. Diese Wissenschaftler empfehlen auf die Anbindehaltung zu verzichten.

Vorgaben zu Weidegang entschärft

Die Anbindehaltung ist auch ein zentraler Punkt in den überarbeiteten Rinder-Tierschutzempfehlungen des Europarats. Wie im EFSA-Gutachten wird dort gefordert, Kühen und Färsen aus Anbindehaltung täglich die Möglichkeit einzuräumen, sich frei zu bewegen. Aber auch für Boxenlaufställe hält der Europarat einige Ratschläge parat.
  • In den Ställen sollten Bürsten angebracht werden, damit sich die Kühe kratzen können.
  • Böden sollten leicht zu reinigen und zu desinfizieren und nicht rutschig sein.
  • Für Spaltenböden wird ein Kunststoffüberzug empfohlen.
  • Trockenstehern und Kühen mit Kalb sollte eine Liegefläche von mindestens 4,65 qm und eine Gesamtfläche von mindestens 6,5 qm zur Verfügung stehen.

  • In den Ställen sollten Bürsten angebracht werden, damit sich die Kühe kratzen können.
  • Böden sollten leicht zu reinigen und zu desinfizieren und nicht rutschig sein.
  • Für Spaltenböden wird ein Kunststoffüberzug empfohlen.
  • Trockenstehern und Kühen mit Kalb sollte eine Liegefläche von mindestens 4,65 qm und eine Gesamtfläche von mindestens 6,5 qm zur Verfügung stehen.

Die Zahlen zum Platzbedarf, die in einem früheren Entwurf als Mindest-Platzangebot verpflichtend deklariert wurden, sind im aktuellen Papier nur eine Empfehlung. Auch an anderen Stellen wurde das Papier deutlich entschärft. Weggefallen ist z.B. die Vorgabe, wonach Weidegang an mindestens 90 Tagen im Jahr stattfinden sollte. Komplett gestrichen wurde das Ziel, Vollspaltenböden innerhalb von 15 Jahren nach Inkrafttreten der Empfehlungen zu beseitigen. In Neubauten sollen Vollspaltenböden aber tabu sein.
Geblieben ist es bei den Vorgaben zum Stallklima. So soll die Ammoniakkonzentration in Rinderställen einen Wert von 20 ppm nicht dauerhaft überschreiten. Für Kohlendioxyd ist eine Obergrenze von 3 000 ppm, für Staub von 10 mg pro Kubikmeter vorgesehen. Zudem fordern die Experten des Europarats, neue Stalleinrichtungen „umfassend und objektiv“ aus Tierschutzsicht zu testen. Erst nach Durchlaufen der staatlich festgelegten Überprüfungen sollten die Bauten und Geräte kommerziell genutzt werden dürfen.