Elite 2/15: Ran an den Verbraucher!

Der Milchviehhaltung ein Gesicht geben!

Was kann gute Öffentlichkeitsarbeit bewirken? Wie könnte Sie aussehen? Über diese Fragen haben wir mit den Milcherzeugerinnen Susanne Behnk und Sabine Möller gesprochen. Sie laden jährlich mehr als ein Dutzend Klassen auf ihre Höfe ein, um ihnen die Landwirtschaft zu erklären.

Elite: Sie beide laden Kindergärten und Schulklassen auf ihre Milchviehbetriebe ein. Wie viele Gruppen besuchen jährliche Ihre Höfe? Wie sind Sie daran gekommen?
Behnk: Unseren Milchviehbetrieb besuchen 20 bis 25 Kindergartengruppen und Schulklassen. Wir sind durch unsere Kinder dort reingerutscht. Zu allererst war die Kindergartengruppe unserer Kinder hier. Nach einiger Zeit habe ich dann den Bauernhofpädagogik-Kurs bei der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein besucht. Mich hat interessiert, wie man den jungen Menschen unser Wissen richtig vermittelt.
Möller: Ich habe diesen Kurs auch besucht. Bei uns kommen ca. zehn Schulklassen im Jahr. Darüberhinaus biete ich Nachmittagskurse an.
 
Elite: Warum geben Sie Ihr Wissen gerade an Kinder und nicht an die Eltern bzw. Erwachsene weiter? 
Möller: Kinder sind einfach unbedarft, haben noch keine Vorurteile. Sie lassen sich einfach auf das ein, was ich ihnen zeige. Vor allem aber sind die Kinder sehr begeiterungsfähig, man sieht ihnen ihre Freude an. Sie fragen oft, ob sie noch einmal wieder kommen dürfen. Das ist für uns natürlich kein Problem. Diese Freude ist einer der Hauptgründe, warum wir uns für diese Hofbesuche engagieren.
Behnk: Kindern, die das erste Mal zu uns kommen, wenn sie bereits auf der weiterführenden Schule sind, fehlt oftmals schon das einfachste Wissen über Ernährung und Landwirtschaft. Sie sind schon voreingenommen durch Informationen der Eltern, Lehrer oder der Medien. Uns ist es deshalb ganz wichtig, dass die Kinder auch kritische Fragen stellen dürfen. Auch Fragen die einem vielleicht unangenehm sind.
Elite: Wenn Jugendliche schon Vorurteile haben, wie sieht es dann mit den Erwachsenen, also den Eltern und Lehrern aus, die ihren Betrieb besuchen?
Möller: Die Eltern, die zu uns kommen sind im schlechtesten Fall desinteressiert. Nach den Rundgängen mit den Kindern, biete ich auch den Erwachsenen eine Hofführung an. Damit die Kinder das Erlebte mit ihren Eltern teilen können. Oft besteht da aber kein Interesse. Das ist dann sehr schade.
Behnk: Die Lehrer, die zu uns kommen, kommen ja aus eigenem Antrieb. Deshalb sind sie schon interessiert an der Milcherzeugung. Bei einer Informationsveranstaltung für Lehrer, ist es mir das einzige Mal passiert, dass ich agressiv von jemandem angegangen wurde. Da ist es dann schwer souverän zu bleiben und sich auf eine solche Diskussion nicht einzulassen.
 
Elite: Wie bringen Sie den kleinen Kindern die Landwirtschaft speziell die Milcherzeugung näher?
Möller: Wir können den Kindern natürlich nur Basiswissen vermitteln. Was frisst die Kuh? Wie lebt die Kuh? Aber dadurch, dass sie Kühe anfassen, Futter riechen, bleibt dieses Wissen viel stärker und länger verankert.
 
Elite: Und den Jugendlichen?
Behnk: Wenn wir Jugendgruppen den Betrieb zeigen, was leider nicht so häufig vorkommt, dann ist mein Mann dabei. Dann wird die Milcherzeugung auch mit Zahlen unterlegt. Aber auch dann ist uns wichtig, dass die Jugendlichen kritische Fragen stellen und mit uns diskutieren dürfen. Nur mir ist es wichtig, dass sie sich den Betrieb zuerst anschauen. Ohne Vorkenntnisse diskutieren, das geht für mich gar nicht. Außerdem gibt es bei mir dann die Spielregel: Keine Kritik unter der Gürtellinie wie z. B. die Aussage „Landwirte sind Tierquäler“. Das hier ist unser Milchviehbetrieb, da muss ich mich nicht beleidigen lassen. Aber das ist auch noch nie vorgekommen.
 
Elite: Mit welchen Kritikpunkten werden sie denn konfrontiert?
Möller: Unsere Kühe stehen ganzjährig im Stall. Das wird immer mal wieder angesprochen. Ich erkläre dann, dass die Laufställe den Kühen einen hohen Kuhkomfort bieten. Aber gegen ein idyllisches Bild von der Weidehaltung ist es schwer zu argumentieren.
Behnk: Bei uns wird immer wieder die Trennung der Kuh vom Kalb nach der Kalbung kritisch hinterfragt. Wenn die Besucher aber sehen, wie gut es den Kälbern im Iglu geht und ich ihnen die Gründe für die Einzelhaltung erkläre, haben sie in der Regel dann Verständnis dafür.
 
Elite: Sie stecken sehr viel Zeit und Engagement in die Bauernhofpädagogik und die Öffentlichkeitsarbeit. Werden Sie von offizieller Seite wie Verband oder Molkerei ausreichend unterstützt?
Möller: Bis vor einigen Jahren gab es das Projekt „Schulklassen auf dem Bauernhof“, initiiert von der schleswig-holsteinischen Regierung. Intention war, dass jedes Kind innerhalb seiner Schulzeit, einmal auf einem Bauernhof gewesen sein sollte. Dieses Projekt gibt es leider nicht mehr. Da ist viel Unterstützung für uns weggefallen. Es wäre schön wenn die Politik hier wieder stärkere Unterstützung leisten würde.
Behnk: Wenn wir sie benötigen bekommen wir Hilfe vom Bauernverband. Auch unsere Meierei unterstützt Milcherzeuger, wenn sie Schulklassen auf den Hof einladen. Aber das ist dann auch eine Werbeplattform und das möchten wir nicht.
Möller: Natürlich ist Milch ein gesundes Lebensmittel aber wir möchten ja viel mehr vermitteln. Nämlich Kindern und Jugendlichen die Milcherzeugung erklären.
 
Elite: Sie stecken sehr viel Energie in die Bildung der Kinder und in die Öffentlichkeitsarbeit. Glauben Sie, dass Sie damit tatsächlich das Bild über die Landwirtschaft bei den Besuchern ändern können?
Behnk: Ich habe eine Lehrerin, die regelmäßig mit ihren Klassen zu uns kommt gefragt, ob die Besuche Einfluss auf ihr Bild von der Landwirtschaft haben. Sie hat gesagt, dass sich ihr Bild positiv verändert habe. Seit den Besuchen wäre die Landwirtschaft für sie nicht mehr anonym, sondern hätte durch uns ein „Gesicht“ bekommen. Gerade negative Presseberichte würde sie jetzt viel kritischer lesen. Ein solches Statement sollte eigentlich mehr Landwirte motivieren sich der Öffentlichkeit vorzustellen. Der persönliche Kontakt ist einfach das Wichtigste und für die Meinung jedes Einzelnen das Entscheidende. Es müssen ja nicht immer drei Stunden Programm sein. Manchmal reicht es auch, die Menschen nur anzusprechen. Hat man ein Bild zum Landwirt können die Medien nicht mehr so viel Schaden anrichten.