Infektionsdiagnostik

Durchfall- und Grippe-Erregern auf der Spur

Kälberdurchfall und Grippeerkrankungen sind überwiegend infektiöser Natur. Einen Überblick zur aktuellen Erregersituation hat das Landeslabor Schleswig-Holstein zusammengetragen.

Sowohl Durchfallerkrankungen als auch die häufig als Kälbergrippe bezeichneten Infektion des Atmungsapparates sind Faktorenerkrankungen. Das heißt, dass ein spezifischer Keimdruck nicht allein zum Ausbruch der oft verlustreichen Infektionen führt, sondern dass auch suboptimale Haltungsbedingungen (zum Beispiel Stallklima, Fütterungsbedingungen) und der Immunstatus der Kälber eine wesentliche Rolle spielen. Es handelt sich dabei häufig um Mischinfektionen, die erst im Zusammenspiel deutliche Krankheitserscheinungen hervorrufen. Auch weniger pathogene Keime können beteiligt sein, die dann gegebenenfalls bei einer Behandlung zu berücksichtigen sind.
Im Folgenden sind die Nachweishäufigkeiten der bedeutendsten Erreger aus Schleswig-Holstein’schen Rinderbetrieben dargestellt (Anfang 2007 bis Oktober 2011).

Durchfallerkrankungen: Rota, E.coli und Protozoen

Im Auswertungszeitraum wurden etwa 2.600 Kotproben von Kälbern mittels Antigen-Elisa auf Rota- und Coronaviren geprüft. Die Nachweishäufigkeit lag dabei in den einzelnen Jahren für Rotaviren recht konstant um 30 %. Coronaviren wurde mit 5,5 % Anteil deutlich seltener in Kotproben von an Durchfall erkrankten Kälbern nachgewiesen, mit abnehmender Tendenz: Im Jahr 2007 waren 9,8 % der Proben positiv, im Jahr 2010 noch 4,7 %.
Bei den bakteriellen Durchfallerregern stehen E.coli-Nachweise im Vordergrund. Wichtig hierbei ist die Identifizierung pathogener Stämme. Seit 2007 wurden bei etwa 3.000 untersuchten Proben ca. 2.700 verdächtige Isolate geprüft. Konnten im Jahr 2007 hiervon noch etwa 40 % erfolgreich typisiert werden, sank dieser Anteil zusehends und liegt im laufenden Jahr bei etwa 20 %. E.-coli-Stämme können sich stark verändern, weshalb sich pathogene Stämme zunehmend der Typisierung entziehen. Als Konsequenz werden zurzeit molekularbiologische Verfahren eingeführt, die die Serotypisierung ergänzen werden.
Clostridium perfringens wird mit einer Nachweisrate von über 40 % sehr häufig diagnostiziert. Wir messen dem aber nur in Ausnahmefällen eine klinische Bedeutung bei. Im Verdachtsfall kann eine Typisierung der C.-perfringens-Isolate eingeleitet werden.
Weiterhin wurden bei Kälbern pro Jahr in 10 bis 20 Fällen Salmonellen festgestellt, in der Regel S.dublin oder S.typhimurium, für die Kälber oft mit fatalen Folgen. Dem Rinderhalter stehen dann aufgrund der Anzeigepflicht der Salmonellose Bestandsuntersuchungen ins Haus, um die Salmonellenausscheider zu identifizieren.

Kryptosporidien in 60 % der Proben

Parasitologisch wurden etwa 2.000 Proben untersucht. Magen-Darm-Würmer (Helminthen) spielen mit einem bis zehn Nachweisen pro Jahr nur eine untergeordnete Rolle, im Gegensatz zu den einzelligen Parasiten (Protozoen). Hier sind Kokzidien (im engeren Sinne Eimerien) sowie gesondert die Kryptosporidien zu nennen. Kokzidien wurden in etwa 7,5 % der Kotproben nachgewiesen, bei über den Berichtszeitraum gesehen leicht abfallender Tendenz. wurden weit häufiger gefunden, mit steigender Tendenz: In den Jahren 2007 bis 2009 lag die Nachweisrate bei etwa 35 %, stieg 2010 an und liegt im laufenden Jahr aktuelle bei über 60 %. Diese Zahlen sind jedoch, bezogen auf die Bedeutung als Krankheitsursache, mit Vorsicht zu betrachten. Die klinische Relevanz von geringgradigen und mittelgradigen Kryptosporidiennachweisen im Kot insbesondere älterer Kälber ist fraglich, eine Behandlung häufig nicht erforderlich. Zählt man nur die hochgradigen Kryptosporidiennachweise, ergeben sich Nachweishäufigkeiten, die in etwa denen der Eimerien entsprechen.
Rotaviren und Kryptosporidien haben als Durchfallerreger vor allem bei Kälbern im Alter von zwei bis vier Wochen eine Bedeutung. Sie werden selten in der ersten Lebenswoche gefunden. Bei Kälbern über sechs Wochen sind Rotavirusnachweise und hochgradiger Kryptosporidienbefall ebenfalls sehr selten. Dagegen wurden typisierbare E.-Coli-Isolate schon bei Kälbern in den ersten Lebenstagen nachgewiesen, sie können aber auch bei älteren Kälbern und Jungrindern für Durchfallerkrankungen verantwortlich gemacht werden. Betrachtet man die Nachweishäufigkeiten im Jahresverlauf, werden alle Durchfallerreger am häufigsten in den ersten drei Monaten des Jahres nachgewiesen und erwartungsgemäß selten in den Sommermonaten.

Kälbergrippe: Meistens Pasteurellen

Ausgewertet wurden Untersuchungen von 1.700 Proben, die von Kälbern und Jungrindern aus Schleswig-Holstein stammen. Dabei handelt es sich vor allem um tiefe Nasentupfer, aber auch Spülproben und Lungen aus Sektionen.
In der kulturellen Bakteriologischen Untersuchung wurde am häufigsten Mannheimia haemolytica (etwa 18 %) nachgewiesen, gefolgt von Pasteurella multocida (10 %). Damit stellt die Gruppe der Pasteurellaceae die wichtigste Erregergruppe bei den respiratorischen Infektionen der Kälber dar. Die Antibiotikaempfindlichkeit dieser Erreger ist nicht einheitlich, daher ist ein Resistenztest dringend zu empfehlen. Dies kann auch für Keime gelten, die als Begleitflora nachgewiesen wurden und die im Zuge einer Behandlung mit abgedeckt werden sollen.
Chlamydien und Mykoplasmen werden routinemäßig nicht kulturell angezüchtet. Hier hat sich jetzt ein seit April 2011 eingesetztes PCR-Verfahren bewährt, das Mycoplasma bovis und Chlamydien detektiert. Es hat mittlerweile den Antigen-Test auf Chlamydien abgelöst. Die kulturelle Untersuchung auf Mykoplasmen kann weiterhin ergänzend durchgeführt werden. Mit dem neuen Test wurden bei schleswig-holsteinischen Kälbern mit respiratorischen Erkrankungen bislang in sieben Fällen Chlamydien und in fünf Fällen Mycoplasma bovis nachgewiesen.
Bei den viralen Krankheitserregern dominiert mit einer Nachweisrate von etwa 11 % eindeutig das Bovine Respiratorische Synzytialvirus (BRSV). Parainfluenza-Virus Typ 3 (PI-3) sowie das Bovine Herbesvirus-1 (BHV-1, IBR) wurden seltener gefunden. BRSV wurde in der Altersgruppe der drei bis sechs Monate alten Kälber am häufigsten nachgewiesen.
Quelle: Dr. H. Wonnemann; Landeslabor Schleswig-Holstein