Tiergesundheit

Blutschwitzen: BVD Impfstoff ist Schuld

Der Impfstoff PregSure BVD (Pfizer) ist Schuld am "Blutschwitzen" von Kälbern. Wissenschaftler haben den Zusammenhang zwischen Impfung und Kolostrum nachgewiesen.

Die Impfungen mit dem Impfstoff PregSure BVD (Pfizer) führen bei Rindern zur Bildung von Antikörpern, die sich an Zellen des Blutes anheften können. Werden diese Antikörper mit dem Kolostrum der geimpften Kuh an das Kalb weitergegeben, können sie dort Blut und Knochenmarkszellen zerstören. In betroffenen Betrieben führt das bei bis zu 15 % der Kälber zu der als „Blutschwitzen“ bekannt gewordenen Erkrankung.

 

Eine Arbeitsgruppe der Abteilung „Veterinärmedizin“ des Paul-Ehrlich-Instituts um Max Bastian stellt in der Zeitschrift VACCINE Untersuchungen zu möglichen Ursachen dieses Phänomens vor. „Unsere Ergebnisse liefern erstmals eine plausible Erklärung für mögliche Ursachen des Krankheitsbildes“, erklärt Prof. Klaus Cichutek, Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI). „Jetzt werden Schritte möglich, solche Reaktionen zu vermeiden. Damit zeigt sich erneut ein Erfolg der Verbindung von regulatorischer Arbeit mit eigener Forschung im PEI“, so Cichutek weiter.


Beim Blutschwitzen treten im ersten Lebensmonat bei einzelnen Kälbern plötzlich unstillbare Blutungen aus Körperöffnungen und Verletzungen auf. Blutungen aus der scheinbar intakten Haut haben zur Namensgebung geführt. Wissenschaftlich wird die Krankheit mittlerweile Bovine Neonatale Panzytopenie (BNP) genannt.


4.500 Kälber erkrankt


Im März 2009 hatte es erste Hinweise gegeben, dass betroffene Betriebe oft den Impfstoff PregSure BVD zur Bekämpfung der Bovinen Virusdiarrhöe bei den Muttertieren eingesetzt hatten. Für Deutschland sind mittlerweile über 3.000 Fälle registriert (Stichtag 28. Februar 2011), in Europa sind es insgesamt über 4.500 Berichte. Die Bovine Neonatale Panzytopenie (BNP; Blutschwitzen) ist ein neues Krankheitsbild, dessen Ursachen bisher nicht geklärt sind. Die Erkrankung tritt bei neugeborenen Kälbern bis zu einem Alter von vier Wochen auf. Neben Deutschland sind gleichartige Erkrankungsfälle aus Belgien, den Niederlanden, Luxemburg, Schottland, England, Frankreich und Italien bekannt. Charakteristische klinische Merkmale sind innere Blutungen, Hautblutungen ohne offensichtliche Verletzungen und anhaltende Blutungen aus Wunden oder Körperöffnungen.


Obwohl zunächst keine wissenschaftlichen Erkenntnisse über einen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Pfizer-Impfstoff PregSure BVD und BNP vorliegen, hat Pfizer Tiergesundheit im März 2010 in Absprache mit dem Paul-Ehrlich-Institut entschieden, den Verkauf des Impfstoffes ab dem 7. April 2010 in Deutschland vorerst auszusetzen. Am 16. Juli 2010 folgte der Ausschuss für Tierarzneimittel (CVMP) bei der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) der Empfehlung des PEI, die Zulassung ruhen zu lassen. Das Ruhen der Zulassung trat im Oktober 2010 in Kraft – entsprechende Chargen wurden zurückgerufen.


Schon vorher, zu Beginn des Jahres 2010, hatten Wissenschaftler des PEI aus den Abteilungen „Veterinärmedizin“ und „Arzneimittelsicherheit“, unterstützt durch den Rindergesundheitsdienst in Nordrhein-Westfalen, begonnen, nach den möglichen Ursachen der BNP zu suchen. Zunächst wiesen die Forscher bei Labortieren (Meerschweinchen) nach, dass geimpfte, nicht jedoch ungeimpfte Tiere im Blutserum Antikörper enthielten, die an Rinderblutzellen (Leukozyten) binden. Dieses Phänomen zeigte sich dann auch bei PregSure BVD-geimpften Kühen. Bei Rindern, die andere Impfstoffe erhalten hatten, war dieser Effekt nicht nachweisbar.

„Der Nachweis, dass diese toxischen Antikörper der Mütter von BNP-Kälbern sich auch an die Zelllinie heften, die zur Herstellung des Impfstoffes verwendet wird, ist für uns ein deutlicher Hinweis, dass der Impfstoff ursächlich am Entstehen der Krankheit beteiligt ist“, so Max Bastian.

Auf der Basis dieser Ergebnisse lassen sich viele Besonderheiten der BNP, insbesondere die Übertragung durch das Kolostrum, erklären. Es liegt nun am Hersteller, die Impfstoffproduktion so zu verändern, dass die Entstehung dieser Antikörper sicher vermieden wird. „Besonders wichtig für die Besitzer der Rinder ist der Hinweis, dass das Auftreten der Erkrankung vermeidbar ist, selbst wenn mit PregSure BVD geimpft wurde“, betont Klaus Cußler, Leiter des Fachgebiets 'Sicherheit veterinärmedizinischer Mittel und Tierschutz' im PEI. „Gefährdete Kälber dürfen nicht das Kolostrum ihrer Mutter erhalten, dann ist die Erkrankung sicher zu verhindern“, so Cußler.


Quelle: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/21605614
Weitere Infos zu diesem Thema finden Sie auch in Elite 6/2009: Blutschwitzen - Ist der Impfstoff Schuld?


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