Biestmilch: Je mehr, desto besser!

Biestmilch ist mehr als nur eine erste Mahlzeit, sie wirkt als Schutz gegen Infektionen in den ersten Lebenswochen. Deshalb sollte Kälbern unmittelbar nach der Kalbung so viel Kolostrum wie möglich – mindestens aber drei bis vier Liter – getränkt werden.

Bisher wurde davon ausgegangen, dass zwei Liter Kolostrum für eine ausreichende Versorgung mit Immunglobulinen genügen. Jedoch erwies sich dies und die Annahme, dass zu viel Biestmilch den Labmagen überlaufen lässt, als falsch. Wie Untersuchungen im Lehr- und Versuchszentrum Futterkamp ergaben, sind die Kälber erst ab einer Kolostrummenge von drei Litern ausreichend versorgt. Wird den Kälbern zwei Liter Biestmilch (Erstgemelk) verabreicht, sind nur etwa 35 % der Tiere ausreichend mit Immunglobulinen versorgt. Bei einer Aufnahme von drei Litern verdoppelt sich der Anteil der ausreichend versorgten auf etwa 70 %.
Biestmilch

(Bildquelle: Elite Magazin)

Soll doch der Labmagen überlaufen

Der Labmagen des Kalbs fasst nur 2 Liter. Jedoch ist der Labmagen nicht der Bestimmungsort des Kolostrums. Dessen Endhaltestelle ist der Darm des Tieres. Dorthin soll so viel unverdaute Biestmilch wie möglich gelangen, am besten drei bis vier Liter. Nur im Darm können die Immunglobuline über die Darmwand in den Blutkreislauf übertreten. Und das auch nur in den ersten Stunden nach der Geburt. Mit der ersten Kolostrumgabe sollte man sich also nicht unnötig Zeit lassen.

Was tun, wenn das Kalb nicht saufen will?

Nicht jedes Kalb säuft die ihm zugedachte Menge und schon gar nicht freiwillig. Hier muss man viel Zeit und Geduld aufwenden, um sicher zugehen, dass die Neugeborenen ausreichend Kolostrum zu sich nehmen. Wer es beherrscht, kann dem Kalb durch Drenchen oder per Nuckelflasche eine ausreichende Menge zuführen. Stress muss hier zwingend vermieden werden, deshalb sollte diese Methode nur von erfahrenen Landwirten angewandt werden. Beim Drenchen wird den Tieren das Kolostrum über eine Schlundsonde, die in den Rachenraum eingeführt wird, verabreicht. Hierbei wird sichergestellt, dass die Flüssigkeit dort ankommt, wo sie hin soll. Ein Versuch von Dr. Bernd Fischer an der Landesanstalt für Landwirtschaft Sachsen-Anhalt zeigte jedoch, dass gedrenchte Kälber eine höhere absolute Antikörperaufnahme aufweisen, als die Kälber, die mit der Nuckelflasche getränkt wurden.

Ist eingefrorene Biestmilch eine Alternative?

Es darf nur Biestmilch von sehr guter Qualität verfüttert werden, d.h. das Anlegen einer Biestmilchreserve (tiefgefrieren) sollte in jedem Betrieb eine Selbstverständlichkeit sein. Beim Auftauprozess verliert jedoch das Kolostrum einen erheblichen Teil seiner aktiven Immunglobline. Es treten hier aber keine Unterschiede zwischen den Auftauverfahren im Wasserbad (eine Stunde bei 37°C) oder in der Mikrowelle (15 Minuten bei 250 W) auf. Mit einem Verlust von 44 % der Antigenbindungsfähigkeit der IgG muss bei beiden Verfahren gerechnet werden.
Ohne eine Laboruntersuchung kann die Biestmilchqualität jedoch immer nur grob eingeschätzt werden. Biestmilchtester (Spindeln), welche entsprechend der Einsinktiefe die Dichte der Milch messen, sind relativ ungenau. Besser eingeschätzt werden kann die Qualität mithilfe eines Refraktometers (hier erfolgt eine optische Beurteilung der Milch anhand der Farbe und Konsistenz).
Zugekaufte Biestmilchpräparate zur Versorgung der Kälber sind nur in absoluten Notfällen einzusetzen. Sie sind sehr teuer. Zudem können stallspezifische Antikörper nur durch die „echte“ Kolostralmilch übertragen werden.