Steffi Geidel läuft energisch über den Flur im Campus Pillnitz östlich von Dresden. Sie ist auf dem Weg vom Hörsaal in ihr Büro, um mit zwei Studierenden eine Forschungsarbeit zu besprechen. „Solche Praxisprojekte mache ich besonders gern. Die jungen Leute sollen ein konkretes Problem auf einem Betrieb mit wissenschaftlichen Methoden lösen. Neben dem 1:1-Kontakt mit den Studis schätze ich den Austausch mit den Betriebsleitern und Herdenmanagern auf meinen Kooperationsbetrieben sehr.“
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Steffi Geidel läuft energisch über den Flur im Campus Pillnitz östlich von Dresden. Sie ist auf dem Weg vom Hörsaal in ihr Büro, um mit zwei Studierenden eine Forschungsarbeit zu besprechen. „Solche Praxisprojekte mache ich besonders gern. Die jungen Leute sollen ein konkretes Problem auf einem Betrieb mit wissenschaftlichen Methoden lösen. Neben dem 1:1-Kontakt mit den Studis schätze ich den Austausch mit den Betriebsleitern und Herdenmanagern auf meinen Kooperationsbetrieben sehr.“
Erst Beraterin, dann Professorin
Steffi Geidel stammt von einer Nebenerwerbslandwirtschaft bei Leipzig. Nach dem Studium der Tierproduktion promovierte sie 1984 in Leipzig und arbeitete bis zur Wende als Milcherzeugerberaterin in einer Molkerei. Ab 1991 baute sie im LKV Sachsen die Managementberatung auf, bis 1998 der Ruf als Professorin folgte. Seitdem unterrichtet sie Tierernährung, Qualitätsmanagement und Arbeitsorganisation an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden. Auch eine umfangreiche Praktikumsbetreuung gehören zu ihren Aufgaben.
Ich möchte mit der Kuh arbeiten – deswegen findet unsere Ausbildung neben dem Hörsaal vor allem auch in unseren Kooperationsbetrieben statt.
Steffi Geidel, FH-Professorin
Ganz viel Lehre, ganz viel Forschung
Die Lehre nimmt mit 18 Semesterwochenstunden einen großen Teil ihrer Arbeitszeit ein. Vorlesungen, Übungen, die Betreuung von Praktika und Abschlussarbeiten lassen eigentlich kaum Zeit für eigene Forschungsprojekte. Doch Steffi Geidel hat sich über die Jahre ein großes Netzwerk an Wissenschaftlern und Praktikern aufgebaut. Das hilft ihr nun, Forschungsprojekte trotz knapper Zeit effektiv anzugehen. Denn stößt sie auf eine Forschungslücke, macht sie sich so lange auf die Suche nach Verbündeten, bis sie Geld, Mitarbeiter und Mittel beisammen hat, um zu einer Antwort zu gelangen.
Diese Hartnäckigkeit zeigt sich nicht nur in vier Promotionen an ihrem Lehrstuhl (ungewöhnlich für eine FH!), sondern auch an einer langen Liste an Kooperationsprojekten und wissenschaftlichen Auftragsarbeiten aus der Industrie sowie einigen selbst entwickelten Produkten:
Mehrere Forschungsprojekte zum Verhalten der Kühe in Betrieben mit Melkrobotern (Forschung mit Industriepartnern)
Forschung zur Infrarotthermografie für die Früherkennung von Gesundheitsproblemen bei Milchkühen (Mittelstandsforschungsprogramm WK Potenzial)
Entwicklung einer Liegematte für Milchkühe mit Patent (Mittelstandsforschungsprogramm ZIM).
Melktechnik und Automatisierung
In den vergangenen Jahrzehnten hat Steffi Geidel sich insbesondere mit Melktechnik und Automatisierung auseinandergesetzt. „Wenn man im Bereich des Robotermelkens und der Sensoranwendungen forscht, ist eine saubere Methodik besonders herausfordernd, weil man sich keine standardisierten Bedingungen schaffen kann“, beschreibt sie, „denn ich kann mir ja nicht einfach ein automatisches Melkkarussell kaufen und nach meinen Wünschen gestalten. Das wäre viel zu teuer. Umso wichtiger ist es, das gesamte Drumherum mit anzuschauen: Melken, Füttern, Hygiene, Arbeitsorganisation, und die Sensoren genau zu prüfen – sind sie so genau, wie sie vorgeben zu sein?“
Es ist anspruchsvoll, in der Forschung das Zusammenwirken zwischen den Tieren, der immer stärker automatisierten Technik und dem Menschen abzubilden. Gute Konzepte werden immer wichtiger!
Steffi Geidel über Forschung für die Praxis
Um wirklich alle Aspekte zu berücksichtigen, liebt Steffi Geidel den Austausch mit Berufskollegen. Besonders wichtig ist ihr zum Beispiel die wissenschaftliche Gesellschaft der Milcherzeugerberater (WGM), die deutschlandweit Unis, Tierärzte, LKVs, Melktechniker und Berater vernetzt. „Da hat man immer gleich 16 bis 20 Fachleute beisammen“, erzählt Steffi Geidel und beginnt zu strahlen. „Da kann man Themen richtig ausdiskutieren, von morgens zu Beginn der Tagung bis abends an der Bar.“
Immer neugierig bleiben
Eine wichtige Forschungsfrage der Zukunft sieht Steffi Geidel im richtigen Standort für Milchkühe in Bezug auf den Klimawandel: „Milchkühe sind besonders für Standorte mit absolutem Grünland, zum Beispiel die Mittelgebirgsstandorte, geeignet. Wie sollten wir in Zukunft aber damit umgehen, dass die Grundfutterqualität durch das veränderte Klima immer schlechter wird? Wandert die Milch in Pflanzenbauregionen ab, geht es über Optimierung der Milchleistung auf die Standortbedingungen, über alternative Proteinquellen? Wo gehört die Milchkuh künftig aus Umweltsicht am besten hin? Das wird noch ein spannendes Thema werden.“
Steffi Geidel freut sich darauf, nach Ende ihrer aktiven Zeit als Hochschulprofessorin mehr Zeit in Forschungsfragen wie diese investieren zu können. „Selbst gestalten hat mir immer richtig viel Spaß gemacht. Wer gern netzwerkt und sein Wissen weitergibt, sollte das Berufsbild einer Professur ruhig einmal ins Auge fassen. Mein Tipp: Erhalten Sie sich die wissenschaftliche Neugier, lesen Sie viel, tauschen Sie sich aus – aber bleiben Sie genau und feilen Sie Ihre Argumente sauber aus, um ‚Meinung‘ außen vor zu lassen!“
Sivan Rosenfeld ist die Frau, die in Israel den Umgang mit Kühen revolutioniert. Die israelische Tierärztin erklärt den Landwirten, ihren Kunden, wie Kühe die Welt sehen.