Diagnosen bei der Klauenpflege sind wie ein offenes Buch – wenn man sie zu lesen weiß!
Im Melkstand zeigt sich eindrucksvoll die Qualität der Klauenpflege, die der Haltung, ja gar die der Aufzucht. Tippelnde Hinterbeine lassen auf Mortellaro schließen, eng gestellte Vorderbeine weisen auf bauliche Probleme am Futtertisch hin. Und Hinterbeine, die nicht parallel stehen, sprechen...
Diagnosen bei der Klauenpflege sind wie ein offenes Buch – wenn man sie zu lesen weiß!
Im Melkstand zeigt sich eindrucksvoll die Qualität der Klauenpflege, die der Haltung, ja gar die der Aufzucht. Tippelnde Hinterbeine lassen auf Mortellaro schließen, eng gestellte Vorderbeine weisen auf bauliche Probleme am Futtertisch hin. Und Hinterbeine, die nicht parallel stehen, sprechen für Fehler in der Klauenpflege oder im Futtertischmanagement.
Dokumentation darf einfach sein
Von der Fütterung und der Stoffwechselsituation über Genetik, Aufzucht, Haltung, Umwelteinflüsse bis hin zur Klauenpflege haben viele Faktoren Einfluss auf die Klauengesundheit. Machen Sie sich bewusst, dass Sie für weniger Lahmheiten nicht eine große Investition tätigen, sondern viele kleine Rädchen drehen müssen. Die Klauen verraten Ihnen dabei recht gut selbst, woran es hakt.
Auffälligkeiten dokumentieren: Es muss nicht das High-End-Programm sein. Es reicht ein Blatt Papier mit Datum und Diagnosen. Hauptsache, es fällt auf, wenn vermehrt bestimmte Erkrankungen auftreten!
Die Klauen selbst sind wie ein „Fahrtenschreiber“. Die Klauenwand wächst 5 mm/Monat, die Sohle 3 mm/Monat. Einschnürungen, Hämatome etc. lassen sich also gut zurückdatieren.
Nicht alles auf die Genetik schieben
Natürlich gibt es immer noch angeborene Stellungsfehler. Bei einer gut gestellten Kuh erreicht eine Linie, die man vom Hüftgelenk senkrecht nach unten zieht, den Boden in den vorderen zwei Dritteln der Klauen. Fußstellungen wie Säbelbeinigkeit oder Durchtrittigkeit belasten die Füße hingegen im hinteren Bereich der Klauen übermäßig. Ein weiteres Problem ist eine zu niedrige Trachtenhöhe (Sollwert: 50% der Vorderwandlänge, mind. 3 cm; hintere Innenklaue). Für eine solche Kuh sollte die Anpaarung genau bedacht werden, denn mit Klauenpflege lässt sich in diesem Fall nur begrenzt gegensteuern. Selbst wenn die Zehe stark gekürzt und die Trachten bewusst stehen gelassen werden, gewinnt man max. 1,0 bis 1,5 cm an Trachtenhöhe. Achten Sie zudem gerade beim Fleckvieh darauf, dass die „Schuhgröße“ zum Körpergewicht passt! Die Erblichkeit für Klauenstellungen und -größe ist gering, was es schwierig macht, diese Fehler züchterisch zu bearbeiten. Extreme Fehlstellungen machen eine Kuh zuchtuntauglich.
Viel häufiger als eine solche Beeinträchtigung sind Fehlstellungen durch falsche Klauenpflege. Ist die Außenklaue höher als die Innenklaue, kann die Kuh nur dann beide Klauen gleichmäßig belasten, wenn sie die Beine bodenweit oder kuhhessig stellt, die Klauenspitzen also nach außen zeigen. Der Fuß-Score (siehe S. 40) sollte eins, höchstens zwei betragen.
Klauenpflege in der Aufzucht ein Muss
In der Jungrinderaufzucht kommt es im zweiten halben Lebensjahr auf eine ausreichende Vitamin D- und Kalziumzufuhr an, ergänzt entsprechend der Analysedaten der Ration. Die Rinder bekommen sonst Rachitis, „weiche Knochen“. Die Wachstumsfuge (Epiphyse) kann sich nicht richtig schließen und es entsteht eine typische 8-förmige Fessel.
Bleiben die Knochen „weich“ und die Jungtiere wachsen, entstehen O-Beine und dadurch Rollklauen an den Hinterbeinen. An der hinteren Außenklaue verdreht sich der Knochen, die Klaue wächst mit dieser Fehlstellung weiter. Dadurch „überwächst“ der Zwischenklauenspalt, die Klaue kann sich nicht mehr selbst reinigen. Die Haut ist durch den Luftmangel angegriffen, häufig treten Sohlengeschwüre auf. Die Färsen sollten Sie also fünf bis sechs Wochen vor der Kalbung wie trächtige Kühe pflegen!
Tipp: Schauen Sie bei der Besamung am Rind hinunter. Stehen die Hinterbeine nicht mehr parallel, sondern zeigen die Klauenspitzen nach außen (Fuß-Score 1), pflegen Sie die Klauen!
Hygiene bleibt ein Thema
Je mehr Kühe auf engem Raum gehalten werden (müssen), desto eher wird die Hygiene ein Thema. Die Schieberfrequenz und die Reinigungsfreude rund um die Tränken bestimmen die Anfälligkeit für Mortellaro und Zwischenklaueninfektionen. Die meisten Infektionsprobleme haben Färsen nach der Kalbung. Dann ist das Immunsystem durch den Stress (Kalbung, Eingliederung, Laktationsbeginn) sehr anfällig.
Dies äußert sich auch in Läsionen fünf Wochen später. Keime dringen in kleine Hautverletzungen ein, die Infektion betrifft auch die Lederhaut. Die Folge: Hornspalten wachsen zwischen den Klauen hinunter in Richtung Fußungsfläche. Verbessern Sie die Stallhygiene! Tipp: Im Winter die Kühe in den Schnee schicken.
Reinigung ist wichtig, denn Schmutz lässt sich nicht desinfizieren. Bei Klauenbädern lange Strecken (mind. 10 m) reines Wasser vorschalten, die letzten zwei Meter extra halten und mit Wirkstoff („Klassiker“ oder alkalische Kalke mit pH 12) auffüllen. Wechseln Sie nach jedem Durchgang das Wasser! Klauenwaschanlagen sollten Sie nicht im Melkstand anbringen.