Mehr als 60% der Lahmheiten lassen sich über eine zu geringe Körperkondition erklären. Bei leistungsstarken Kühen ist deshalb auf den optimalen BCS am Laktationsende zu achten.
Klauenerkrankungen treten oft im Zusammenhang mit Stoffwechselstörungen auf. Sie gelten als...
Mehr als 60% der Lahmheiten lassen sich über eine zu geringe Körperkondition erklären. Bei leistungsstarken Kühen ist deshalb auf den optimalen BCS am Laktationsende zu achten.
Klauenerkrankungen treten oft im Zusammenhang mit Stoffwechselstörungen auf. Sie gelten als Auslöser von (Leistungs)-Einbußen und einer schlechten Fruchtbarkeit. Letztlich führen „schlechte Füße“ zu erheblichen wirtschaftlichen Verlusten.
Entscheidend beeinflusst wird die Klauengesundheit durch die Haltungsbedingungen im Bewegungs- und Liegebereich sowie durch die Qualität des Managements. Eine ganz wesentliche Bedeutung wird der Fütterung der Kühe beigemessen. Diese wirkt dabei in unterschiedlicher Weise. Zum einen wird durch eine bedarfsgerechte Versorgung die Abwehrkraft der Kühe erhalten bzw. gestärkt, also einer Krankheitsanfälligkeit, auch der Klauen, entgegengewirkt. Zudem werden der Kuh ausreichend, für das Hornwachstum benötigte, Nährstoffe bereitgestellt.
Geht es um die Reduzierung oder Beseitigung akuter Probleme, ist der Fokus zuerst auf die Abstellung möglicher Fütterungsfehler zu richten, die als Ursache für Klauenrehe und/oder primär für das Entstehen von Klauenhornläsionen infrage kommen.
- Fasermangel und/oder Überschuss an leicht verdaulichen Kohlenhydraten;
- Energieüberschuss in der Spätlaktation und frühen Trockenstehphase;
- Energiemangel in der Frühlaktation;
- absoluter oder relativer Rohproteinüberschuss;
- Bildung biogener Amine (Histamin), insbesondere bei zu hohen Anteilen an Weizen, Weizennachprodukten, u.a. „Risikofuttermitteln“ in der Ration;
- unzureichende Futtermittelqualität und Hygiene;
- Mangel an speziellen Mengen- und Spurenelementen sowie Vitaminen.
- Fasermangel und/oder Überschuss an leicht verdaulichen Kohlenhydraten;
- Energieüberschuss in der Spätlaktation und frühen Trockenstehphase;
- Energiemangel in der Frühlaktation;
- absoluter oder relativer Rohproteinüberschuss;
- Bildung biogener Amine (Histamin), insbesondere bei zu hohen Anteilen an Weizen, Weizennachprodukten, u.a. „Risikofuttermitteln“ in der Ration;
- unzureichende Futtermittelqualität und Hygiene;
- Mangel an speziellen Mengen- und Spurenelementen sowie Vitaminen.
Besser als die Fehlerbeseitigung ist die Fehlervermeidung durch die Umsetzung einer bedarfsgerechten Versorgung der Kühe. Dazu gehört auch die Fütterung unter Berücksichtigung der Körperkondition, mit dem Ziel einen optimalen Verlauf in der Laktation zu sichern, extreme Abweichungen von Einzeltieren soweit wie möglich zu vermeiden. In der Diskussion um fütterungsbedingte Ursachen für Klauenerkrankungen wird der Körperkondition der Kühe eine besondere Bedeutung beigemessen (Elite 1/2016, Seite 28). Wissenschaftler der Universität Nottingham sehen in einem zu starken Verlust an Körperkondition während der Frühlaktation sogar die vorrangige Ursache für das Auftreten von Klauenerkrankungen (und erst nachrangig die Wirkung von Azidose). Diese These soll das grundsätzliche Problem einer nicht wiederkäuergerechten Fütterung und von Pansenfermentationsstörungen aber nicht verharmlosen.
Der Stoßdämpfer fehlt
Das Entstehen von Klauenhornläsionen (Sohlengeschwüren, Weiße-Linie-Defekte) wird durch mechanische Einwirkungen auf die Lederhaut und nachfolgenden Druckstellen und Sohlenblutungen hervorgerufen. Diese wachsen durch das Sohlenhorn aus, es kommt zu dessen Schwächung und zeitversetzt zur Entstehung der Sohlengeschwüre. Dieser Prozess kann sechs bis acht Wochen andauern. Weitere schädliche mechanische Einflüsse, wie enge Drehungen auf hartem und/oder unebenem Untergrund führen dann zu Weiße-Linie-Defekten und Infektionen des Klauenhorns.
Die primär ursächlichen Sohlenblutungen entstehen, wenn an der Stelle des Ansatzes der tiefen Beugesehne große Kräfte auf das Sohlenhorn wirken. Befördert wird der beschriebene Schädigungsprozess, wenn das als Stoßdämpfer wirkende Ballen(fett)polster keine ausreichende Stärke besitzt (Übersicht 1, Seite 68). Dies zeigen auch Untersuchungen der Universität Novi Sad (Elite 3/2015).
Die Körperkondition und die Stärke des Ballenpolsters stehen in engem Zusammenhang. Magere Kühe weisen auch an dieser Stelle weniger Fett auf. Deshalb steigt das Lahmheitsrisiko bei BCS-Noten unter 2,5 und nochmal verstärkt unter BCS 2,0 deutlich an. Verschärft wird eine solche Problemsituation im geburtsnahen Zeitraum, weil die dann hormonell bedingt auftretende Lockerung von elastischen Fasern im Bindegewebe des Klauenbeinträgers zur erhöhten Druckbelastung führt.
Studie mit 101 Kühen
Auch in der Milchkuhherde des Zentrums für Tierhaltung und Technik in Iden stellen Klauenerkrankungen ein nicht unerhebliches Problem dar. Trotz einer sehr hohen Lebensleistung der Herde von ca. 60.000 kg gehen zu viele Kühe lahm. Eine Ursache dafür kann in den nicht optimalen Haltungsbedingungen in den sehr alten Ställen gesehen werden, aber auch in einer teilweise zu knappen Körperkondition. Um dies näher zu untersuchen, wurden die Daten eines Einzeltierfütterungsversuches ausgewertet. In die Untersuchung waren 101 Kühe einbezogen. Die Futteraufnahmen wurden durchgängig in den letzten drei Wochen vor der Kalbung und weiter bis zum 60. Laktationstag gemessen. Ebenso erfolgten die Erfassung vielfältiger Untersuchungsergebnisse und Daten zur Tiergesundheit sowie die der Leistungen in der Frühlaktation. Die Einschätzung der Körperkondition und Körperfettreserven erfolgte durch die Messung der Rückenfettdicke mit einem Ultraschallgerät. Alle Kühe erhielten nach der Kalbung eine Frischmelker-TMR, die in ihrer Zusammensetzung insbesondere eine wiederkäuergerechte Versorgung sichern und das Auftreten von Pansenazidosen weitestgehend ausschließen sollte (Übersicht 2).
Bei den Kühen wurde mehrfach die Klauengesundheit unter Anwendung eines Scoring-Systems bewertet:
Wie aus Übersicht 3 ersichtlich, wiesen in der täglichen Statuserhebung während der ersten Woche nach der Kalbung (im Mittel von sieben Tagen) nur knapp zwei Drittel (60%) der Kühe den Score 0 auf. 20% zeigten eine leichte Lahmheit und genauso viele Kühe gingen lahm, z.T. schwer lahm. Von diesen standen wiederum fünf Kühe in der speziell eingerichteten Lahmengruppe auf Tiefstreu.
Auffällig ist, dass insbesondere ältere Kühe mit schon vor der Kalbung festgestellten Schädigungen nach der Kalbung von schwerwiegenderen Lahmheiten betroffen waren. Erkennbar sind auch Erfolge der intensiven Behandlungen betroffener Tiere, wenn auch in diesem relativ kurzen Zeitraum in überschaubarem Umfang.
Passend zu den vorgestellten Ergebnissen und Erklärungen wiesen die von Lahmheiten betroffenen Kühe in dem ohnehin eher knapp konditionierten Bestand nochmals geringere Rückenfettdicken auf. Für die klauengesunden Kühe ergaben die Messungen im gesamten geburtsnahen Zeitraum die vergleichsweise höchsten Rückenfettdicken und trotzdem noch etwas geringeren Verluste Körperfett. Gleichzeitig realisierten sie in den ersten beiden Laktationsmonaten deutlich höhere Milchleistungen (45,8 kg; 3,24% Eiweiß, 3,88% Fett) als die stärker lahmen Tiere (42,9 kg; 3,88%; 3,12%). Der Grund für diese Differenzen liegt in den geringeren Futteraufnahmen, besonders der von schwerwiegenderen Lahmheiten betroffenen Kühe. Zu beachten ist, dass die am stärksten geschädigten fünf Tiere aus der Lahmengruppe nicht in die Messungen einbezogen werden konnten. Dies hätte die Durchschnittswerte der Futteraufnahmen dieser Auswertungsklasse noch weiter nach unten gedrückt. Aber auch so ist klar zu erkennen:
Lahme Kühe fressen weniger, sind und bleiben mager, obwohl die Leistung zurückbleibt. Genauso bestätigte sich, dass magere Tiere eher lahm werden, weil es an der Stärke des Ballenpolsters fehlt. Sie stecken also in einem „Teufelskreis“ von Ursache und Wirkung. Die magere Kuh wird lahm, die lahme Kuh wird oder bleibt mager. Dafür stehen auch die Messungen der unveresterten Fettsäuren im Blut der Kühe (NEFA) in der ersten Laktationswoche. Die zeigen an, wie viel und/oder wie schnell Körperfett bei Energiemangel mobilisiert wird. Obwohl die lahmen Kühe am magersten waren, wiesen sie mit 0,93 mmol/l einen hohen Wert auf (Grenzwert 0,8), für die Tiere ohne Schädigung wurden im Mittel 0,70 mmol/l ermittelt.
Bei der erfolgten Auswertung zum unterschiedlichen Status der Klauengesundheit ist die Wirkung der Ration weitestgehend auszublenden. Alle Kühe erhielten die gleiche, wiederkäuergerechte Ration, auch in der Vorlaktation. Hinweise, die auf das vermehrte Auftreten von Pansenazidose bei den lahmen Kühen hindeuteten, konnten im Untersuchungszeitraum nicht beobachtet werden (Kuhsignale, Harnwerte). Als wesentliche Störgrößen bleiben die zu knappe Körperkondition und die zu geringen Futteraufnahmen.
Interessant ist eine Betrachtung der Tiere, die in der ersten Laktationswoche noch in die Klasse Score 0 eingeordnet wurden, also keine Lahmheit aufwiesen, danach aber neu erkrankten (Ø Score am 30./60. Laktationstag: 1,0/1,4). Etwa ein Drittel der anfangs gesunden Kühe war betroffen, obwohl die mittleren täglichen Futteraufnahmen mit 15,8 kg in den letzten drei Wochen vor und 23,3 kg TM in den ersten beiden Monaten nach der Kalbung über denen der Kühe ohne Schädigung in der Frühlaktation lagen (14,8 kg und 22,8 kg TM je Kuh und Tag). Auch die Tagesleistung fiel 2,0 kg höher aus. Als eine mögliche Ursache für die entstandenen Probleme käme wieder ein geringerer Körperfettansatz infrage (17 mm : 20 mm Rückenfettdicke (RFD) bei gesunden Milchkühen).
Schlussfolgerungen für die Praxis
Für das Management der Milchkuherde in Iden ist abzuleiten, dass die Konditionierung magerer Kühe weiter verbessert werden sollte. Basis dafür bleiben die regelmäßigen Kontrollen der Körperkondition mittels BCS-System.
- Bei einer Milchleistung der Herde von 12.000 kg sollte in der Spätlaktation bei zu knappen Körperfettreserven nachgebessert werden. Dies erfolgt vorzugsweise durch eine energiereiche Fütterung in der Altmelker-Gruppe. In der Frühtrockenstehergruppe wird der Energiegehalt der Ration BCS-abhängig (Strohanteil) variiert.
- Weiterhin kommt es gegebenenfalls zum vorzeitigen Umstellen von mageren trockenstehenden Einzeltieren von der Trockenstehergruppe 1 in die mit einer gehaltvolleren Ration versorgte Trockenstehergruppe 2 (Vorbereitung).
- Im geburtsnahen Zeitraum steht der Fokus auf dem Erreichen hoher Trockenmasseraufnahmen sowie in der Frühlaktation auf die Einstellung möglichst hoher Energiegehalte der Ration bei gleichzeitig ausreichender Strukturwirksamkeit. So lässt sich ein starker Substanzverlust (BCS-Abnahme) bei den frischlaktierenden Kühen vermeiden.
- Bei einer Milchleistung der Herde von 12.000 kg sollte in der Spätlaktation bei zu knappen Körperfettreserven nachgebessert werden. Dies erfolgt vorzugsweise durch eine energiereiche Fütterung in der Altmelker-Gruppe. In der Frühtrockenstehergruppe wird der Energiegehalt der Ration BCS-abhängig (Strohanteil) variiert.
- Weiterhin kommt es gegebenenfalls zum vorzeitigen Umstellen von mageren trockenstehenden Einzeltieren von der Trockenstehergruppe 1 in die mit einer gehaltvolleren Ration versorgte Trockenstehergruppe 2 (Vorbereitung).
- Im geburtsnahen Zeitraum steht der Fokus auf dem Erreichen hoher Trockenmasseraufnahmen sowie in der Frühlaktation auf die Einstellung möglichst hoher Energiegehalte der Ration bei gleichzeitig ausreichender Strukturwirksamkeit. So lässt sich ein starker Substanzverlust (BCS-Abnahme) bei den frischlaktierenden Kühen vermeiden.