Nur wer sich intensiv mit allen Zuchtwerten der verfügbaren Bullen beschäftigt, ist vor unliebsamen Überraschungen gefeit.
Wir züchten seit 35 Jahren Kühe. Natürlich sind auch wir nicht perfekt, dennoch haben wir mit unserer Strategie stetig einen Zuchtfortschritt erreichen können.
In den vergangenen Jahren ist uns (und Berufskollegen!) jedoch aufgefallen, dass einige der jungen Kühe hinter den Erwartungen zurückbleiben. Sie geben trotz bester Gesundheit wenig Milch und...
Nur wer sich intensiv mit allen Zuchtwerten der verfügbaren Bullen beschäftigt, ist vor unliebsamen Überraschungen gefeit.
Wir züchten seit 35 Jahren Kühe. Natürlich sind auch wir nicht perfekt, dennoch haben wir mit unserer Strategie stetig einen Zuchtfortschritt erreichen können.
In den vergangenen Jahren ist uns (und Berufskollegen!) jedoch aufgefallen, dass einige der jungen Kühe hinter den Erwartungen zurückbleiben. Sie geben trotz bester Gesundheit wenig Milch und schwächeln im Exterieur, obwohl wir die Väter sorgfältig ausgewählt haben. Häufig fallen Gesamtzuchtwert (RZG) oder Relativzuchtwert Exterieur (RZE) der Vererber spitzenmäßig aus. Ein genauerer Blick in die Zahlen zeigt:
- Obwohl die Relativzuchtwerte weit über 100 notieren, sind für die Praxis wichtige Merkmale sehr ungünstig ausgeprägt. Milchtypische Kühe stehen vorne oft eng, viele „Exterieurspezialisten“ nach RZE vererben aber wenig Stärke oder ein extrem steiles Hinterbein. Ein hoher Euterzuchtwert geht nicht selten mit einer sehr engen Strichstellung der Hinterviertel einher, was das Melken erschwert. Die Gewichtung der Merkmale spiegeln nicht wider, wie eine funktionale Kuh im Stall aussehen sollte! Dennoch werden Bullen mit solch gravierenden Mängeln offensiv vermarktet.
- Mit der genomischen Zuchtwertschätzung hat die Zucht an Tempo zugelegt. Das verleitet Zuchtverbände und manchen Züchter dazu, nur noch auf den höchsten Gesamtzuchtwert zu schielen. Viele züchterische Grundsätze werden dabei nicht mehr berücksichtigt. Die tatsächlichen Exterieurbewertungen der Mütter und Großmütter zum Beispiel, und somit die Güte deren funktioneller Merkmale, bleiben außen vor. Es werden sogar Jungbullen zur Zucht zugelassen, deren Mütter und Großmütter um die 80 Punkte haben oder bei denen die Bewertung, z.B. aufgrund von Jungrinderspülungen, gänzlich fehlt. Durch die Konzentration auf wenige Bullen mit den höchsten RZG-Werten („die testen gut“) steigt zudem der Inzuchtgrad. Ältere bewährte Bullen mit sicherem Töchterzuchtwert kommen als Bullenvater nicht mehr infrage, da sie beim Wettlauf um die höchsten RZG-Werte keinen Erfolg versprechen. Der Zuchtfortschritt bezieht sich dann nur auf RZG-Zahlen, nicht mehr auf die funktionale Qualität der Tiere.
- Obwohl die Relativzuchtwerte weit über 100 notieren, sind für die Praxis wichtige Merkmale sehr ungünstig ausgeprägt. Milchtypische Kühe stehen vorne oft eng, viele „Exterieurspezialisten“ nach RZE vererben aber wenig Stärke oder ein extrem steiles Hinterbein. Ein hoher Euterzuchtwert geht nicht selten mit einer sehr engen Strichstellung der Hinterviertel einher, was das Melken erschwert. Die Gewichtung der Merkmale spiegeln nicht wider, wie eine funktionale Kuh im Stall aussehen sollte! Dennoch werden Bullen mit solch gravierenden Mängeln offensiv vermarktet.
- Mit der genomischen Zuchtwertschätzung hat die Zucht an Tempo zugelegt. Das verleitet Zuchtverbände und manchen Züchter dazu, nur noch auf den höchsten Gesamtzuchtwert zu schielen. Viele züchterische Grundsätze werden dabei nicht mehr berücksichtigt. Die tatsächlichen Exterieurbewertungen der Mütter und Großmütter zum Beispiel, und somit die Güte deren funktioneller Merkmale, bleiben außen vor. Es werden sogar Jungbullen zur Zucht zugelassen, deren Mütter und Großmütter um die 80 Punkte haben oder bei denen die Bewertung, z.B. aufgrund von Jungrinderspülungen, gänzlich fehlt. Durch die Konzentration auf wenige Bullen mit den höchsten RZG-Werten („die testen gut“) steigt zudem der Inzuchtgrad. Ältere bewährte Bullen mit sicherem Töchterzuchtwert kommen als Bullenvater nicht mehr infrage, da sie beim Wettlauf um die höchsten RZG-Werte keinen Erfolg versprechen. Der Zuchtfortschritt bezieht sich dann nur auf RZG-Zahlen, nicht mehr auf die funktionale Qualität der Tiere.
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Genomische Zuchtwerte sind ein gutes Hilfsmittel, um bei den Jungbullen schon einmal „die Spreu vom Weizen zu trennen“. Jedoch sollte nach wie vor das tatsächliche Exterieur und die Leistungsbereitschaft der Kühe und Bullen in die Zuchtentscheidung einbezogen werden. Der Blick in die Tabellen bleibt auch im Zeitalter der Genomics unverzichtbar! Nur nach RZG lassen sich keine Kühe mit hoher Nutzungsdauer züchten.
Wichtige Exterieurmerkmale wie eine gemäßigte Kreuzhöhe, genügend Stärke, längere Striche, günstige Strichverteilung und optimale Hinterbeinwinkelung sollte man in der linearen Beschreibung sorgfältig unter die Lupe nehmen und die für den eigenen Betrieb geeignetsten Bullen herausfiltern. Nur Mut: Bullen mit RZG-Werten, die 20 bis 30 Punkte unter den Spitzenreitern liegen, können trotzdem durch einen guten Mutterstamm und ausgewogene Vererbung glänzen!
Anpaarungen sollten wieder auf dem „Auge des Herrn“ und nicht nur auf Indizes beruhen. Eigentlich machte Züchten immer Spaß – und das sollte auch so bleiben!