Die Erstlaktierenden-Mastitis-Rate wird in (fast) allen Bundesländern im MLP-Bericht aufgeführt. Hauptursachen auf Betrieben mit hohen Färsenmastitis-Raten sind ein gegenseitiges Besaugen in der Jungviehaufzucht sowie schlechte Stallhygiene.
Jeder Milcherzeuger wünscht sich von seinen Färsen, dass sie in ihrem Leben eine hohe Leistung und...
Die Erstlaktierenden-Mastitis-Rate wird in (fast) allen Bundesländern im MLP-Bericht aufgeführt. Hauptursachen auf Betrieben mit hohen Färsenmastitis-Raten sind ein gegenseitiges Besaugen in der Jungviehaufzucht sowie schlechte Stallhygiene.
Jeder Milcherzeuger wünscht sich von seinen Färsen, dass sie in ihrem Leben eine hohe Leistung und Nutzungsdauer erzielen. Das gelingt nur, wenn Jungkühe eutergesund in ihre erste Laktation starten und es bleiben! Wenn sie also möglichst lange Zellzahlen unter 100.000 Zellen/ml Milch halten können.
Der Haken: Im deutschen Durchschnittsbetrieb schaffen das viele der Färsen nicht einmal bis zu ihrer allerersten Milchleistungsprüfung (MLP) – die ermittelte Erstlaktierenden-Mastitis-Rate (= Färsenmastitis-Rate*) liegt im Schnitt bei 40%. Spitzenbetriebe liegen hier laut dem Deutschen Verband für Leistungs- und Qualitätsprüfungen e.V. (DLQ) hingegen unter 15%.
Bei Färsen sind Euterentzündungen aufgrund der mit ihnen einhergehenden langfristigen Verschlechterung der Leistungsfähigkeit besonders teuer, vor allem wenn sie zur Merzung des Tieres in der ersten Laktation führen. Die Verluste pro Erkrankungsfall werden von milchQplus auf 100 bis 750 € beziffert.
Eine sehr breite Vergleichsspanne
Wie viele Milchkuhbetriebe haben eigentlich ein Problem mit der Färsenmastitis-Rate und welche Faktoren beeinflussen in den einzelnen Ställen diese Gesundheitskennzahl?
Diesen Fragen sind Mario Eidam und Prof. Dr. Steffen Hoy von der Universität Gießen, sowie Dr. Jens Baltissen und Katja Mütze vom Verband für Leistungs- und Qualitätsprüfungen in der Tierzucht e.V. in 1.625 MLP-Betrieben in Hessen nachgegangen. Die Erstlaktierenden-Mastitis-Rate und weitere Eutergesundheitskennzahlen sowie Leistungsparameter wurden erhoben (Zeitraum: Juni 2015 bis Mai 2016).
Zusätzlich zu der Datenermittlung aus den Milchkontroll-Berichten besuchten die Wissenschaftler 22 Milchkuhbetriebe: 11 Betriebe mit einer sehr niedrigen Färsenmastitis-Rate (0 bis 8,3%) sowie 11 Betriebe mit sehr hohen Werten (66,7 bis 89,5%).
Überprüft wurde hier, ob und in welchem Ausmaß Zusammenhänge zwischen Stallhygiene sowie gegenseitigem Besaugen von Kälbern und Jungrindern zur Färsenmastitis bestehen. Für die Auswertung der Zusammenhänge wurden Betriebe mit einer Färsenmastitis-Rate von 0% und 100% ausgeschlossen, um die Ergebnisse nicht zu verzerren (n = 1.468 Betriebe).
Die Datenerhebung zeigte einmal mehr große Unterschiede zwischen den einzelnen Betrieben. Und das nicht nur in der Herdengröße (2 bis 588 Milchkühe), sondern auch in den Leistungs- und Eutergesundheitsparametern. Hier sind die ermittelten Durchschnittswerte zur Eutergesundheit:
- Die Erstlaktierenden-Mastitis-Rate lag in den hessischen Betrieben bei 34,8% (0 bis max. 100%; bundesweit im Schnitt 31%).
- Die Neuinfektionsrate in der Laktation lag mit 23,8% etwas über dem deutschen Mittel (20%).
- Die Neuinfektionsrate in der Trockenstehzeit war mit 29,6% höher als der Bundesschnitt (26%).
- Die Erstlaktierenden-Mastitis-Rate lag in den hessischen Betrieben bei 34,8% (0 bis max. 100%; bundesweit im Schnitt 31%).
- Die Neuinfektionsrate in der Laktation lag mit 23,8% etwas über dem deutschen Mittel (20%).
- Die Neuinfektionsrate in der Trockenstehzeit war mit 29,6% höher als der Bundesschnitt (26%).
Das bedeutet aber nicht, dass jede 4. Kuh in der Laktation oder jede 3. Kuh in der Trockenperiode an einer klinischen Mastitis erkrankt! Auch die Kategorie „Neuinfektion“ orientiert sich an dem Grenzwert 100.000 Zellen/ml Milch. Als neu infiziert gilt eine Kuh, wenn ihre Zellzahl 100.000 Zellen/ml übersteigt, sie in der vorangegangenen MLP bzw. vor dem Trockenstellen jedoch bei ≤100.000 Zellen je ml Milch lag.
- Die Heilungsrate in der Trockenstehperiode betrug 54,3% (vs. 55% bundesweit).
- Der Anteil chronisch euterkranker Kühe mit schlechten Heilungsaussichten lag bei 1,5% (vs. 1,2% bundesweit).
- Die Heilungsrate in der Trockenstehperiode betrug 54,3% (vs. 55% bundesweit).
- Der Anteil chronisch euterkranker Kühe mit schlechten Heilungsaussichten lag bei 1,5% (vs. 1,2% bundesweit).
Es gab keine Unterschiede in der Färsenmastitis-Rate zwischen den konventionellen und den ökologischen Betrieben. Es waren sechs Bio-Betriebe, je drei mit niedriger und hoher Rate, in der Auswertung.
Färsenmastitis belastet alle Kühe
Zwischen den einzelnen Parametern zur Eutergesundheit bestehen Zusammenhänge. Besonders bedeutsam sind hier die zur Färsenmastitis-Rate.
Es konnte nachgewiesen werden, dass mit einem Anstieg der Färsenmastitis-Rate auch generell die Neuinfektionsrate in der Laktation ansteigt: erhöhte sie sich um 10%, nahm die Neuinfektionsrate in der gesamten Herde um 2,1% zu.
Und je öfter Färsen an Mastitis erkrankten, desto geringer war der Anteil gesunder Kühe in der Herde: Waren im statistischen Mittel bei einer Quote von 20% Färsenmastitis 57,3% der Kühe der Herde eutergesund, lag dieser Anteil bei einer Färsenmastitis-Rate von 80% lediglich noch bei 11,1% (siehe Übersicht 1).
Gegenseitiges Besaugen ist Gift
Aus den gezielten Betriebsbesuchen gewannen die Autoren folgende Erkenntnisse zu möglichen Ursachen:
- Gegenseitiges Besaugen der Euteranlagen von Kälbern und Jungrindern erhöht das Risiko von Färsenmastitiden maßgeblich (signifikant; Übersicht 2)!
- Gegenseitiges Besaugen der Euteranlagen von Kälbern und Jungrindern erhöht das Risiko von Färsenmastitiden maßgeblich (signifikant; Übersicht 2)!
Drei Betriebe, die angaben, keine Probleme mit gegenseitigem Besaugen bei ihren Jungtieren zu haben, wiesen eine mittlere Färsenmastitis-Rate von 6,2% auf. Neun Betriebe, bei denen gelegentlich gegenseitiges Besaugen auftrat, hatten eine mittlere Quote an Erstlaktierenden-Mastitis von 18,4%. Zehn Betriebe gaben an, große Schwierigkeiten mit Besaugen in der Aufzucht zu haben. In diesen Betrieben betrug die Färsenmastitis-Rate 67,5%!
Je länger ein gegenseitiges Besaugen der Euteranlagen von Jungrindern unbemerkt bleibt und je nachlässiger darauf reagiert wird, umso gravierender sind die Folgen. Bei einigen in der Aufzucht besaugten Färsen war laut den Milchkuhhaltern nicht nur die Zellzahl zum Laktationseinstieg erhöht, sondern mitunter traten auch klinische Mastitiden und Verluste einzelner Euterviertel auf.
Fazit: Gegenseitiges Besaugen von Jungtieren unbedingt verhindern! Satt tränken (ad libitum) und ausfüttern; über Nuckel tränken; auffällige Tiere aus der Gruppe entfernen oder ihnen einen Saugentwöhner aus Kunststoff anbringen; ggf. das Tier, das besaugt, zur Mast verkaufen.
- Die Sauberkeit des Stalles beeinflusst die Häufigkeit von Färsenmastitis ebenfalls.
- Die Sauberkeit des Stalles beeinflusst die Häufigkeit von Färsenmastitis ebenfalls.
Die Betriebe, bei denen die Stallhygiene als gut bewertet wurde, hatten mit im Schnitt 31,0% die geringere Rate an Erstlaktierendenmastitis. Milchkuhbetriebe mit schlechter Stallhygiene wiesen dagegen 47,7% auf (Übersicht 3; nicht signifikant).
Die Sauberkeit der Rinder und Färsen selbst beeinflusste das Auftreten von Färsenmastitis – dabei ist anzumerken, dass es sich hier um eine Momentaufnahme handelte, die nicht repräsentativ sein muss.
Zwischen ökologisch und konventionell wirtschaftenden Betrieben gab es keinen Unterschied in dieser Kenngröße. Alle Hygiene-Maßnahmen in den Milchkuhbetrieben, die auf eine Senkung des Keimdruckes abzielen, reduzieren dabei sowohl die Färsenmastitis-Rate als auch die Zahl von euterkranken Kühen in der Herde!
Fazit: Auch bei den Jungrindern und Färsen die Liegeflächen pflegen (Keimdruck reduzieren durch häufiges Einstreuen mit geeignetem Material und verschmutzte Einstreu entfernen); Laufgänge sauber halten; keine Überbelegung, damit sich keine Tiere auf die Laufflächen legen; gute Futter- und Wasserhygiene und Nährstoffversorgung sicherstellen.
Färsenmastitis erhöht die Abgangsrate
In den 22 einzeln bewerteten Betrieben konnte außerdem eine Beziehung zwischen der Höhe der Färsenmastitis-Rate und der Abgangsrate an Erstlaktierenden nachgewiesen werden (Korrelationskoeffizient = 0,41). Je mehr Färsen durch eine Zellzahl größer 100.000 Zellen/ml in der ersten MLP nach der Kalbung auffielen, umso höher war die Abgangsrate. In Betrieben mit geringer Färsenmastitis-Rate betrug die Abgangsrate an Erstlaktierenden 10,7%, in den Betrieben mit hoher Färsenmastitis-Rate dagegen 19,2%.
Kennzahlen nutzen
Mittels der vom DLQ-Projekt milchQplus entwickelten Eutergesundheitskennzahlen lassen sich deutliche Unterschiede zwischen Betrieben erkennen, die Ansätze für die Ursachenanalyse bieten. Problembereiche lassen sich anhand der Indikatoren aufdecken. Und wie erfolgreich daraufhin ein- und durchgeführte Maßnahmen zur Senkung der Zellzahlen bzw. hier Färsenmastitis-Rate wirken, lässt sich mithilfe der monatlich im Rahmen der MLP gewonnenen Kennzahlen gut überprüfen. -kb-