EU-Exportorientierung gefährdet bäuerliche Milchproduktion weltweit

Die Milchpolitik der Europäischen Union bedroht mittlerweile nicht nur die Existenz vieler Betriebe in Europa, sondern setzt auch die „bäuerliche“ Milchproduktion weltweit unter Druck. So lautete die Kritik des Milcherzeugers Kannaiyan Subramaniam aus Südindien, der auf Einladung des FoodFirst Informations- und Aktions-Netzwerks (FIAN) eine Rundreise durch Europa machte. Subramaniam habe laut des Informationsdienstes AgraEurope (AgE) in Wien bei einem Treffen mit Gegnern der EU-Milchpolitik darauf hingewiesen, dass der genossenschaftlich organisierte Milchmarkt in Indien durch Aktivitäten aus der EU immer stärker in Schwierigkeiten gerate. Private Molkereien, die es parallel zu den Genossenschaften auch in Indien gebe, würden von großen europäischen Unternehmen aufgekauft. Erst kürzlich habe etwa die französische Unternehmensgruppe Lactalis eine große private Molkerei aus Andra Pradesh übernommen. Damit werde in seinem Heimatland das System der Kooperativen wissentlich von europäischen Konzernen „zerstört“. Er befürchtet, dass sich dieser Trend durch das geplante Freihandelsabkommen zwischen der EU und Indien noch verstärken werde. Vor allem der EU-Dachverband des Milchhandels (Eucolait) dränge auf eine Öffnung des indischen Marktes.
Subramaniam berichtete von einem relativ gut funktionierenden Milchmarkt in Indien, der auf einem Genossenschaftssystem sowie kleinbäuerlicher Produktion aufbaue. Im Schnitt würden fünf Kühe pro Hof gehalten, oftmals in Hinterhöfen. Rund 70 % des indischen Milchmarktes liege in den Händen dieser kleinen Betriebe, die damit etwa 25 % des landwirtschaftlichen Bruttosozialprodukts erwirtschafteten.
Der Vorsitzende der österreichischen IG Milch, Ewald Grünzweil, untermauerte die Berichte des indischen Milchbauern. Das Beispiel Indien zeige, dass Exporte die bäuerliche Milchproduktion in anderen Teilen der Welt zerstörten, und den EU-Milchbauern sei mit einer Exportoffensive nach Indien oder China auch nicht geholfen. Gebraucht werde vielmehr der Mut zu einer Mengensteuerung, zur Drosselung der Produktion und zum Aufbau neuer und solidarischer Vermarktungswege. (AgE)