Weg von starren Werten

Die MLP-Daten, Milchleistung und Inhaltsstoffe, werden gerne zur Beurteilung der Stoffwechsellage herangezogen. Neuere Untersuchen zeigen, dass ein starrer Milcheiweißgehalt nicht zur Beurteilung der Energieversorgung herangezogen werden sollte.

Eine breite Verwendung zur Beurteilung der Fütterungssituation findet die sogenannte 9- Felder-Tafel (Spohr und Wiesner, 1991). Anhand genau festgelegter unterer und oberer Grenzwerte (bei Milcheiweiß 3,2 % und 3,8 %) werden u.a. die Energie- und Proteinversorgung eingestuft.
Seit dem Zeitpunkt der Einführung der 9-Felder-Tafel hat sich Leistungsniveaus der Milchkühe jedoch nahezu verdoppelt. Aber dennoch wird die Tafel für die Beurteilung des Herdenstatus immer noch gern genutzt. Die getroffenen Aussagen zu den Milchinhaltsstoffen stehen denn auch oftmals im Wiederspruch zu anderen Beobachtungen an der Kuh. Insbesondere die Nutzung des starren Mindestgehaltes von 3,2 % Milcheiweiß als untere Grenze für die Bewertung einer optimalen Energieversorgung – unabhängig vom Leistungsniveau – ist mit den Veränderungen von Körperkondition, Tierverhalten, Milchleistungsentwicklung oder auch Blutuntersuchungen hinsichtlich Stoffwechselparameter oftmals nicht in Einklang zu bringen.

Milcheiweiß von 3,2 % und dennoch gesund!

Ein Energiemangel kann unterschiedliche Ursachen haben. Auch spielt die genetische Veranlagung der Kuh bezüglich der Milchinhaltsstoffe eine große Rolle. Daher ist die Nutzung eines einheitlichen Eiweißgehaltes in der Milch als unterer Orientierungswert zur Beurteilung der Energieversorgung grundsätzlich nicht geeignet! Kühe mit hohen Milchleistungen erscheinen immer energetisch unterversorgt. Allerdings werden stark unterversorgte Kühe auf Dauer keine hohen Milchmengen melken.
Bei Untersuchungen, die in einem ersten Schritt an 132.000 Milchkontrolldaten aus Mecklenburg-Vorpommern und in erweiternden Untersuchungen an 7,5 Mio. Kontrolldaten aus ganz Deutschland durchgeführt wurden, zeigt sich auch, dass Kühe, die anhand eines Milcheiweißgehaltes von unter 3,2 % als energetisch unterversorgt klassifiziert werden, in der Mehrheit Kühe mit einer sehr hohen Milchleistung und einer guten Persistenz sind und damit als gesund eingeschätzt werden können.
Auch lässt sich aus den Ergebnissen der Milchkontrolle, das heißt Milchmenge und Milchinhaltsstoffen, keine energetische Überversorgung also ableiten. Kühe mit relativ hohen Milcheiweißgehalten haben in der Mehrheit auch eine höhere Milchleistung als das Herdemittel. Klassifiziert man die Kühe aber starr nach Milcheiweißgehalten über 3,8 %, sind das vor allem Kühe mit sehr unterdurchschnittlicher Milchleistung. Primär sollte hier die Ursache der geringeren Milchleistung gesucht werden, denn diese hat im Sinne des umgekehrten Prinzips der Milchverdünnung bei hohen Milchleistungen zu einer Konzentrationserhöhung geführt.

Fett : Eiweiß-Quotient mit größerer Aussagekraft

Einen engeren Bezug zur Mangelversorgung der Kuh hat das Verhältnis von Milchfett- zu Milcheiweißgehalt, der Fett-Eiweiß-Quotient (FEQ). Hohe Milchfettgehalte signalisieren die übermäßige Mobilisierung von Körperfett und damit Energiemangel, aber nur, wenn gleichzeitig der Milcheiweißgehalt gering bleibt oder sogar sinkt. Kühe mit einem FEQ über 1,4 haben eine deutlich niedrigere Milchleistung zum gleichen Laktationszeitpunkt und einen geringeren Milchleitungsanstieg zu Beginn der Laktation bzw. einen früheren und schnelleren Milchleistungsabfall in der weiteren Laktation im Vergleich zum normalen Laktationsverlauf. Kühe mit einem FEQ über 1,4 und zusätzlich einem sehr niedrigen Milcheiweißgehalt fallen noch deutlicher in ihrer Milchleistung gegenüber dem Mittel aller Kühe ab. Dies kann mit extremer Energieunterversorgung und Körperfettmobilisation interpretiert werden.
Vorschlag zur Bewertung der Energie- und Proteinversorgung anhand der der MLP-Daten
9-Felder-Tafel

Quelle: LFA (Bildquelle: Elite Magazin)

Quelle: Dr. Bernd Losand, Julia Glatz-Hoppe, Institut für Tierproduktion der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei, Mecklenburg-Vorpommern