Milch made in Germany wird zu teuer

GVO-frei, Tierwohl, Nachhaltigkeit: Die steigenden Anforderungen an die Milchkuhhaltung erhöhen die Produktionskosten. Deutsche Milch könnte zu teuer für den Export werden. Eine folgenschwere Entwicklung, denn knapp 50 % der Milch wird verarbeitet ausgeführt.

  • Steigende Anforderungen an die Milchproduktion, die von Verbrauchern und Lebensmitteleinzelhandel an die Molkereien herangetragen und von diesen etabliert werden, erhöhen die Produktionskosten auf den Milchkuhbetrieben in Deutschland.
  • Der Wert der Milch steigt damit. Ein Kostenausgleich für die Produzenten kann jedoch meist nur auf dem heimischen Markt stattfinden. Am Weltmarkt ist es kaum möglich, höhere Erlöse durchzusetzen.
  • Es ist deshalb zu befürchten, dass die deutschen Molkereien Marktanteile im Exportgeschäft am Weltmarkt verlieren.
  • Auf diese Entwicklung und deren Konsequenzen verweisen die Autorinnen und Autoren* vom Forschungsverbund Milchtrends.de** in ihrer Veröffentlichung Die Molkereiwirtschaft in Deutschland – Rückblick 2018 und Ausblick 2019" hin.

Nachteile im globalen Wettbewerb für Deutschland

Die Milchproduktion auf Basis der gentechnikfreien Fütterung nimmt in Deutschland stetig zu. Sie könnte aller Voraussicht nach sogar zu einem neuen Standard in der deutschen Milchkuhhaltung werden.
Auch die zahlreichen Programme zum Thema Nachhaltigkeit in der Milchkuhhaltung, die von Molkereien bzw. teilweise dem Lebensmittelhandel direkt in die Produktionsebene etabliert oder von Forschungsinstituten entwickelt werden, sind ein Indiz dafür, dass die steigenden gesellschaftlichen Anforderungen sich erheblich auf die Molkereiunternehmen und ihre Rohstofflieferanten, die Milchkuhhalter, auswirken. Und dies wird in absehbarer Zeit so bleiben.
Diese Entwicklung, die mitunter Extra-Effekte für das Wohlbefinden der Kühe mit sich bringen kann (z.B. viel Platz pro Kuh oder der Zugang zu einem gepflegten Laufhof), führt auch dazu, dass sich die Produktion in Deutschland im Vergleich zu ausländischen Standorten verteuert.
Auf dem heimischen Markt wird dies durch Vermarktungsvorteile durch Erfüllung der Erwartungen des Lebensmitteleinzelhandels sowie gegebenenfalls höhere Verkaufspreise kompensiert werden können, erwarten die Autoren. Am Weltmarkt werde es jedoch kaum möglich sein, höhere Erlöse z.B. für eine Milch, die auf gentechnikfreie Fütterung basiert, durchzusetzen.
Entsprechend sind die Marktanteile deutscher Molkereien am Weltmarkt in den vergangenen Jahren gesunken. Auch die stagnierende und in einzelnen Jahren sogar sinkende Exportquote deutet den Autoren nach darauf hin, dass es schwieriger geworden ist, Milchprodukte „made in Germany“ auf dem Weltmarkt abzusetzen (siehe unten).
Und die Konkurrenz am Weltmarkt wächst: Studien prognostizieren, dass – mit Ausnahme von Indien – das Gros des weltweiten Wachstums der Milchproduktion in Ländern außerhalb der derzeitigen großen Erzeugungszentren stattfinden wird. Da sie sich die deutsche Molkereiwirtschaft hauptsächlich auf den Export konzentriert, ist sie – mit Ausnahme weniger Unternehmen, die bereits global tätig sind – schlecht aufgestellt, um von der Produktionsausdehnung in anderen Ländern zu profitieren.

Ca. 50 % der Anlieferungsmilch geht in den Export!

Dabei hat das Exportgeschäft für die Milchbranche der Bundesrepublik eine gewaltige Bedeutung. So exportieren die Unternehmen der deutschen Molkereiwirtschaft, nach Angaben des Deutschen Milchindustrie-Verbandes (MIV), etwa die Hälfte der in Deutschland angelieferten Milch in Form von verarbeiteten Milchprodukten.
Die Länder der Europäischen Union sind dabei die Hauptabnehmer. So wurden im Jahr 2017 82,9% des gesamten Exportumsatzes (7,72 Mrd. Euro) im Handel mit den EU-Mitgliedsstaaten erwirtschaftet. Die übrigen 17,1% (1,58 Mrd. Euro) entfiel dabei auf den Export in Drittländer. Letzterer gewinnt allerdings für die deutsche Milchbranche an Bedeutung. So war der Anteil der innereuropäischen Exporte in 2017 von 84% auf die besagten 82,9% gesunken. Im Jahr 2008 waren es noch 89,3%.
Im Jahr 2018 ist allerdings nicht nur der Gesamtumsatz der deutschen Molkereien gesunken (-0,7% auf 27,7 Mrd. Euro), sondern auch ihre Exportumsätze. Während die Gesamtumsätze zu Jahresbeginn noch diejenigen des Vorjahres überstiegen, lagen die Exporte bereits im Januar 2018 mit 759 Mio. Euro um 3 Mio. Euro bzw. 0,4% unter denen des Vorjahres. Dieser Rückstand vergrößerte sich, abgesehen von kurzen Unterbrechungen, im Jahresverlauf weiter. Im September lag der im Ausland erzielte Umsatz mit 700 Mio. Euro besonders deutlich unter dem Vorjahreswert (8,9%). Für das vierte Quartal wird sogar mit einem durchschnittlichen Rückgang der Auslandsumsätze um 10% gerechnet.
Damit hätten sich die Gesamtexporte 2018 auf nur noch gut 8,7 Mrd. Euro belaufen, was einem Rückgang um 569 Mio. Euro bzw. 6,1% im Vergleich zum Vorjahr entspräche. Die Exportquote ist in der Folge 2018 auf 31,6% gefallen und dürfte damit 1,8 Prozentpunkte unter der des Jahres 2017 gelegen und sich damit weiter von ihrem Höchststand von 34,2% im Jahr 2014 entfernt haben.
1 Entwicklung der Umsätze, der Exporte und der Exportquote in der Molkereiwirtschaft von 2008 bis 2018
Exportquote Deutschland

*geschätzt (Bildquelle: milchtrends.de)

Was passiert, wenn Milch made in Germany" zu teuer wird?

Wie stark die neuen" Standards das Interesse an der deutschen Milch und ihren Produkten am Europäischen bzw. Drittlandmarkt beeinflussen, lassen die Autoren in ihrem Bericht offen. Darüber, dass diese Entwicklung eine Ursache für die sinkenden Marktanteile deutscher Molkereien am Weltmarkt ist, sind sie allerdings überzeugt.
So kann man sich die Frage stellen, wohin sich die deutsche, (bislang?) stark exportorientierte Milchbranche in den kommenden Jahren bewegen mag bzw. wird.
Den kompletten Bericht als pdf zum Download finden Sie unter dem folgenden Link:
* Die Autoren: Johannes Meyer, Carolin Winkel, Dr. Christian Janze und Dr. Ramona Weinrich
** Hintergrund milchtrends.de: Der Forschungsverbund milchtrends.de wurde im Sommer 2011 von den agrarökonomischen Instituten der Georg-August-Universität (Göttingen) und des Thünen-Instituts (Braunschweig) gegründet. In dem Forschungsverbund bündelt das milchtrends-Team Wissen zu ökonomischen Fragen rund um die Wertschöpfungskette Milch. Das Team arbeitet eng mit Praktikern, Politikern und Wissenschaftlern zusammen und kann so unterschiedliche Perspektiven in seine Forschungsprojekte einbinden.
Quelle: milchtrends.de


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