18. Internationale Silagekonferenz

Grassilage als Rohstoff für die Industrie

Mähen, schwaden, einfahren: Das sind jährlich wiederkehrende Arbeiten für Milchkuhhalter. Trotzdem lässt sich auch in Zukunft beim Thema Silierung noch einiges entdecken, versprechen aktuelle Forschungsergebnisse aus aller Welt.

Silierung, Silage, Futterkonservierung: Das sind doch alte Hüte, könnte man glauben. Die Vorträge und Forschungsergebnisse der dreitägigen Internationalen Silagekonferenz in Bonn bieten wissenschaftliche Erklärungen für Bekanntes und beschreiben künftige Forschungsfelder. Da geht noch was!
Mehr von dieser Konferenz, gerade zu modernen Controlling-Methoden, finden Sie demnächst in Elite.
Grassilage kann als Rohstoff für Bioraffinerien dienen. Eine Bioraffinerie soll, analog zu einer Erdölraffinerie, einen nachwachsenden Rohstoff möglichst vollständig verarbeiten und dabei verschiedene Produkte wie Aminosäuren, Milchsäure oder Strom herstellen. Dazu wird der Rohstoff zuerst gepresst und feste und flüssige Phase im Anschluss getrennt verarbeitet (z.B. in der chemischen Industrie und in einer Biogasanlage). Grassilage wäre rund ums Jahr verfügbar und ein nachwachsender Rohstoff. Finnische Forscher (Franco et al., 2018) haben eine hohe Korrelation zwischen Silagequalität und den Inhaltsstoffen und dem Ertrag der flüssigen Phase festgestellt. Somit bieten qualitativ hochwertige Grassilagen auch ein hohes Potenzial für die Boraffinerie, das vorab in Form von Siloanalysen sicher abgeschätzt werden kann.
Auch, wenn vielerorts die Futtervorräte aufgrund der Dürre zur Neige gehen: Es ist dringend geraten, einen Futterhaufen vor dem Öffnen durchsilieren zu lassen. Wer bereits nach 14 Tagen füttert, nimmt ein hohes Risiko für Verderb und Nacherwärmung in Kauf – auch, wenn Siliermittel eingesetzt werden (Milimonka et al., 2018). Hefen sind nicht weit genug reduziert und dem sauren Milieu ausgesetzt, um nicht sofort wieder aktiv zu werden. Die Maissilage wurde im Laborversuch mit Milchsäurebakterien oder einem chemischen Siliermittel behandelt. Die Behandlungen konnten die aerobe Stabilität verbessern, allerdings erst nach einer Einwirkzeit von 60 Tagen. Bei einer sofortigen Öffnung im Vergleich zu einer zweimonatigen Lagerdauer steigt der pH-Wert steigt an, Hefen und Schimmelpilz vermehren sich übermäßig (Wyss, 2018). Ein Lichtblick: Auch Ganzpflanzensilage aus Getreide lässt sich erfolgreich in Ballen einsilieren (Johansen et al., 2018)!
Auch Heu kann von Siliermitteln profitieren: Hochqualitatives Heu zu produzieren, ist bei instabilen Wetterverhältnissen eine große Herausforderung. Nötig für eine sichere Konservierung ist ein Trockenmassegehalt von mehr als 85%. Oft trocknet jedoch gerade der Bereich um die Wachstumsknoten nicht genug aus, Verderbniserreger können sich gut vermehren. Im Heu steigt dann die Temperatur. Auch bei Heu können daher Siliermittel den Lagerungsprozess unterstützen.
Produkte auf Propionsäure-Basis benötigen eine hohe Aufwandmenge und greifen Metall an. Nun soll eine Alternative auf Basis von neutralen Salzen zur Verfügung stehen, die im Versuch (25-kg-Ballen mit einem Restfeuchtegehalt von 22%, analysiert an Tag 0, 30 und 100 der Lagerung, Varianten: unbehandelte Kontrolle, Mischung aus drei gegen Pilze wirkenden Chemikalien Kaliumsorbat, Natriumbenzoat und Natriumpropionat sowie als herkömmliches Mittel Propionsäure) ebensogut abschnitt wie bestehende Methoden. Das zeigt eine Gemeinschaftsarbeit von Agravis und dem Schweizer Unternehmen Danstar Ferment AG (Rahn und Marley, 2018). In keinem der Ballen stieg die Temperatur während der Lagerperiode über 45°C an, wenngleich sich die Temperatur in den unbehandelten Ballen stärker erhöhte, was auf mikrobielle Aktivität hindeutet. So wurde auch ein Anstieg im Bakteriengehalt registriert, während dieser bei den behandelten Ballen abnahm. Futterwert und Energiegehalt waren bei behandelten Ballen höher.
Besser morgens mähen: Der Schnittzeitpunkt während des Tages beeinflusst den Anteil an wasserlöslichen Kohlenhydraten in Grassilage. Abends ist dieser Anteil normalerweise höher. Doch bleibt dieser Vorteil während der Silierung erhalten? In einem Versuch wurden eine Gras- und eine Gras-Klee-Fläche abends um 19.00 Uhr und morgens um 9.00 Uhr gemäht und deren Inhaltsstoffe analysiert.
Im Gras waren nach dem abendlichen Schnitt mehr wasserlösliche Kohlenhydrate vorhanden als nach einer Mahd am Morgen. pH-Wert, Milchsäure- und Essigsäuregehalt unterschieden sich je nach Schnittzeitpunkt und Zusammensetzung des Ernteguts. Am Morgen geschnittenes Futter hatte allerdings als Silage eine bessere aerobe Stabilität. Die Forscher erklären dies mit einem niedrigeren Trockenmassegehalt und dem höheren Essigsäureanteil. Fazit: Mehr Kohlenhydrate im Futter sind von Vorteil. Der Vorteil einer stabilen Silage überwiegt jedoch, sodass ein Schnittzeitpunkt am Morgen weiterhin empfohlen wird (Wyss, 2018).
Vorsicht beim Umsilieren: Muss Maissilage das Silo wechseln, ist die Gefahr der Nacherwärmung groß. Daran können auch Siliermittel nicht viel ändern. Das ist das Ergebnis eines Versuchs aus Brasilien (do Rêgo et al., 2018). In 20-l-Versuchsbehältern einsiliert, wurde Maissilage nach 120 Tagen Lagerdauer geöffnet und zwischen 12 und 60 Stunden der Luft ausgesetzt, bevor sie erneut in Behältern einsiliert wurde. Zur Ernte und während des Umsilieren wurden Siliermittel (verschiedene Arten von Milchsäurebakterien) oder keine Behandlung eingesetzt. Nach 90 bzw. 210 Tagen wurden die Silagen erneut geöffnet. Silagen, welche mit Milchsäurebakterien behandelt worden waren, wiesen einen geringeren Anteil von Schimmelpilzen auf. Die Siliermittel konnten die aerobe Stabilität der umsilierten Maissilagen aber nicht verbessern (d.h., Siliermittel unterstützen den Silierprozess nur zu Beginn).
Milchkühe sollten mit einem hohen Grundfutteranteil gefüttert werden. Eine Forschergruppe aus den USA (Kalscheur et al., 2018) hat zusammengefasst, wo künftig die Herausforderungen liegen:
  1. Stickstoff-Ausnutzung verbessern: In den USA werden Kühe meist mit einer Mischung aus Mais- und Luzernesilage gefüttert. Luzerne bietet einen hohen Rohprotein-Gehalt und verbessert als Leguminose die Böden. Während der Silierung wird jedoch ein großer Teil der Proteine abgebaut, Nicht-Protein-Stickstoff, vor allem Ammonium, entsteht. Ein rascher pH-Wert-Abfall verlangsamt diesen Abbauprozess, aber Luzerne hat eine hohe Pufferkapazität. Steigt der Ammonium-Gehalt im Futter an, geht die Futteraufnahme zurück, infolgedessen sinken auch Milchleistung und -fettgehalt. Mehr Stickstoff wird über den Urin ausgeschieden und nicht für die Milchproduktion genutzt. Könnte man neben produktionstechnischen Maßnahmen wie Anwelken oder pH-Wert-Regulation künftig weitere Maßnahmen integrieren, würde Luzerne noch stärker als bisher in Rationen für hochleistende Kühe genutzt. Mögliche zukünftige Wege sind Enzyme (z.B. Polyphenol-Oxidase) oder Tannine.
  2. Faserverdaulichkeit verbessern: Sowohl bei Luzerne als auch bei Mais bietet die NDF-Verdaulichkeit noch Chancen zur Optimierung. Das Schneidwerk höher einzustellen (49 cm im Vergleich zu 17 cm) kann den NDF-Gehalt um 7,4% senken und die NDF-Verdaulichkeit um knapp 5%, die Stärkekonzentration um 5,9% steigern. Allerdings sinkt auch der Ertrag um 7,4%, weil mehr Restpflanze auf dem Feld verbleibt. Maissorten mit besserer Verdaulichkeit, Brown-Midrib-Sorten, stellen die Nährstoffe insgesamt für die Kuh einfacher bereit. Diese können allerdings in Europa nicht angebaut werden, weil ihre geringere Standfestigkeit durch Gentechnik korrigiert worden ist. Neu auf dem Markt sind auch Niedrig-Lignin-Luzernesorten. Versuche müssenzeigen, wie sich diese Sorten in Rationen integrieren lassen.

Silage enthält viele flüchtige organische Substanzen. Diese gehören chemisch in ganz verschiedene Klassen. Deren Auswirkungen auf die Futteraufnahme oder die Leistung von Kühen sind häufig noch unerforscht. Alkohole scheinen den Pansenstoffwechsel zu beeinflussen, Aldehyde sind bisher kaum erforscht. Carbonsäuren entstehen bei der Silierung, Milchsäure ist das häufigste Produkt. Esther und Ketone bilden Gerüche und sind sehr flüchtig. Sie könnten die Futteraufnahme beeinflussen. Während Aldehyde, Carbonsäuren und Esther nicht in der Milch zu finden sind, können Alkohole und Ketone den Geschmack von Milch bzw. Käse verändern. Zudem können flüchtige organische Substanzen Ozon-Vorläuferprodukte bilden und somit zum Klimawandel beitragen. Die weitere Erforschung dieser Stoffe könnte in Zukunft dazu beitragen, die Emissionen aus der Milchkuhhaltung zu senken.
Quelle: 18. Internationale Silagekonferenz, Bonn