Agrarausschuss verspricht Milcherzeugern Beistand

In der öffentlichen Anhörung des Agrarausschusses zum Thema "Instrumente für Kriseninterventionen und -management auf dem Milchmarkt“ bezogen Vertreter der verschiedenen Verbände, Organisationen der Milchbranche und Wissenschaftler erneut Stellung zum weiteren Vorgehen für die Zeit nach der Milchquote.

Am Montag (24. März 2015) fand in Berlin eine öffentliche Anhörung des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft über die „Instrumente für Kriseninterventionen und -management auf dem Milchmarkt“ statt. Alois Gerig (CDU), Vorsitzender des Ausschusses, betonte, dass die Anhörung als Zeichen verstanden werden solle, die Milcherzeuger bei dem Systemwechsel aus dem regulierten Milchmarkt nicht alleine lassen zu wollen.
Denn ihm sei bewusst, dass das Ende der Milchquote für die Milchwirtschaft in Deutschland von besonderer Brisanz sei. Deutschland zähle zu den größten Milchproduzenten in der EU, sodass die Ende März auslaufende Quotenregelung besondere Auswirkungen auf die Milchbranche haben werde. Die Festlegung von Produktionsquoten in der Milchwirtschaft war im Jahr 1984 eingeführt worden, weil die Branche Anfang der 1980er Jahre vor dem Problem der Überproduktion stand. Erklärtes Ziel war es, dass die Einkommen der Milcherzeuger gesichert werden. Doch „katastrophale Preistäler“ seien auch durch die Quote nicht abgewendet worden, erinnerte Gerig.
Mit der im vergangenen Jahr beschlossenen Reform der gemeinsamen europäischen Agrarreform (GAP) soll von diesem System abgerückt werden. Damit werde der Milchmarkt ab April ohne weitere staatliche Intervention auskommen müssen, erklärte er deutlich.

Uneinigkeit – die perfekte Lösung gibt es nicht

Vertreter verschiedener Organisationen, Verbänden und Wissenschaft aus der Milchbranche kamen im Rahmen der Anhörung zu Wort:
Romuald Schaber, Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM): „Gute Preise können zum Strukturwandel führen, schlechte Preise führen in jedem Fall dazu“, beschrieb Schaber die Situation der Milchwirtschaft in Deutschland. Schaber warb dafür, dass der Einsatz von Fördermitteln zum Beispiel im Rahmen der Ausgleichszahlungen an die Landwirte differenzierter erfolgen sollte. Würde die Förderung an den erforderlichen Einsatz von Arbeitskräften gebunden werden, könnte dies personalintensiven landwirtschaftlichen Produktionsformen wie der Milchviehhaltung helfen.
Ottmar Ilchmann, Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL):
Der Wegfall der Quote befördere den Strukturwandel in der Landwirtschaft. Große Betriebe würden dadurch dazu gezwungen, weiter wachsen zu müssen. Kleinere Betriebe, die ihre Produktion an die ihnen zur Verfügung stehende Fläche binden, würden hingegen verdrängt oder es schwerer haben. Deshalb sprach auch Ilchmann sich dafür aus, dass die Verteilung von Förderzahlungen auf die ersten Hektare viel höher ausfallen müsse. Zwar würde dadurch das Prinzip Wachsen oder weichen" nicht aufgehalten, weil es für große Betriebe notwendig bleibe, mehr Fläche zu erwerben, aber es böte durch höhere Fördermittel eine Perspektive für kleine Betriebe, die ihr Auskommen in den regionalen Märkten suchen.
Udo Folgart, Deutscher Bauernverband (DBV): Ein Aspekt, den Folgart insofern unterstützte, als eine „Aussteuerung von Benachteiligungen für Betriebe über Fördermittel aus der zweiten Säule“ erfolgen könnte. Aus der sogenannten zweiten Säule werden mit Fördermitteln aus Brüssel von landwirtschaftlichen Betrieben erbrachte Umweltmaßnahmen bezahlt und ländliche Infrastruktur finanziert. Doch er warnte, dass darüber hinaus nicht die bürokratischen Kosten für die Landwirte vergessen werden dürfen. Gerade die Auflagenflut zum Beispiel durch die derzeit in der Novellierung befindliche Düngemittelverordnung drohe zur finanziellen Last zu werden, die kleine Betriebe nicht so einfach Schultern könnten.
Heinrich Schmidt, Deutscher Raiffeisenverband (DRV): In der Diskussion, ob das Ende der Milchquote zu einem konstanten Milchpreis führen werde, machte Schmidt wenig Hoffnung. „Die Preisschwankungen werden erhalten bleiben und auch stärker ausfallen“, sagte er. Der Markt der Warentermingeschäfte, der zu mehr Verlässlichkeit führen könnte, sei derzeit noch klein, aber ein wachsendes Pflänzchen. Deshalb wolle der Raiffeisenverband Projekte anbieten, um die Erzeuger zu schulen und bei der Entwicklung des Warenterminmarktes zu helfen.
Prof Dr. Holger Thiele, Institut für Ernährungswirtschaft: Thiele sah in dieser Frage die Politik in der Verantwortung: „Sie kann helfen und die Entwicklung beschleunigen, bis eine Warenterminbörse ihrer Funktion gerecht wird.“ Dazu müsse Know-how entwickelt und verbreitet werden.
Dr. Sascha Weber, Thünen-Institut für Marktanalyse: Auch Weber machte sich für mehr Initiative seitens der Politik stark. Der Staat müsse nicht direkt eingreifen und die Börse in Schwung bringen, aber er könne für Aufklärung sorgen, denn das Verständnis der Erzeuger sei dafür noch nicht weit genug entwickelt.
Landwirt und Molkereibetreiber Gunnar Hemme, Molkerei Hemme: Hemme bremste indes den Enthusiasmus hinsichtlich einer Warenterminbörse, denn ein langfristiger Vertrag zwischen seiner Molkerei und den Zulieferern, der für Preisstabilität sorgen könnte, wäre bei den gegebenen Marktumständen nicht durchzuhalten. Deshalb sähe er für seine vergleichsweise kleine Molkerei die Hauptchance in der Direktvermarktung. Großen Produzenten räumte er hingegen auch vor dem Hintergrund der Verhandlungen um diverse Freihandelsabkommen gute Absatzchancen im Export ein. Eine Möglichkeit, die auch Schmidt vom DRV hervorhob, denn es könnten vor allem viele veterinärrechtliche Fragen durch solche Abkommen gelöst werden, die im Wesentlichen den Warenverkehr hemmen würden.
(Deutscher Bundestag)