Göttinger Fachtagung Milchwirtschaft

Wer will (künftig) noch in der Milcherzeugung arbeiten?

Gewachsene Milcherzeugerbetriebe sind oft auf familienfremde Mitarbeiter angewiesen. Doch geeignete Arbeitskräfte sind bereits jetzt rar. Wie diesem Problem begegnen? Das wurde auf der 11. Fachtagung Milchwirtschaft der Uni Göttingen diskutiert.

Woher kommen in Zukunft die Arbeitskräfte in den deutschen Milchviehbetrieben und welche Qualifikationen brauchen diese Mitarbeiter tatsächlich, um zufriedenstellend zu arbeiten?
Gemeinsam mit den vier Impulsereferenten versuchten Wissenschaftler, Landwirte, Berater und Studenten im Rahmen der Göttinger Fachtagung für Milchwirtschaft Antworten auf diese Problemstellung zu finden. Als Referenten konnte die AG Milchwirtschaft in diesem Jahr Kees De Vries (Landwirt aus Deetz, Sachsen-Anhalt) und Susanne Winge (Soziologin am Zentrum für Sozialforschung Halle e.V.), Hermann Dorfmeyer (Geschäftsführer Personalvermittlung farmconnect) sowie Josef Assheuer (Betriebsberater, LWK NRW) gewinnen.

Allrounder oder Spezialist gesucht?

Heraus stellte sich schnell, dass die Anforderungen an Mitarbeiter sich zunächst deutlich mit der Herdengröße der Betriebe unterscheiden. Familiengeführte Betriebe mit 80, 120 oder mehr Kühen möchten Mitarbeiter, die in der Regel mit allen anfallenden Arbeiten im Betrieb vertraut sind. Allrounder, die Melken, Kälberversorgen, Füttern, Einstreuen, Besamen, aber auch mal auf den Trecker steigen. Großbetriebe dagegen benötigen eher Spezialkräfte, die sie auch auslasten können: Melker, Herdenmanager, Herdsman zu deren Unterstützung, Futtermeister, Kälberbetreuer.

Welche Tätigkeiten soll der einzelne Arbeitnehmer übernehmen?

Auf die Fragen welche Qualifikationen Arbeitnehmer brauchen und wer für deren Ausbildung verantwortlich ist, erklärte Josef Assheuer, dass die Qualifikationen an Arbeitnehmer grundsätzlich von dem zu besetzenden Tätigkeitsfeld abhängig sind. Der Betriebsberater unterscheidet dabei drei Tätigkeitsfelder:
  1. Routine Tätigkeiten. Dies sind leichte Tätigkeiten, die nach einer guten Einarbeitung  ohne vorherige Vorkenntnisse erledigt werden können, z.B. Melken. Die Ausbildung obliegt in der Regel dem Arbeitgeber.
  2. Facharbeiten. Dies sind Tätigkeiten, die grundsätzlichen Fachkenntnisse mit der Materie erfordern. Diese Stellen werden häufig durch bereits ausgebildete Landwirte/Gesellen besetzt.
  3. Anspruchsvolle, entscheidungsträchtige Facharbeiten: Hier sind im Vorfeld hochqualifizierte Arbeitskräfte gefragt, die auf den Betrieben viel Verantwortung z.B. als Herdenmanager oder Betriebsleiter übernehmen.

Die Anforderungen werden laut Assheuer künftig für alle diese Arbeitskräfte steigen und gleichzeitig weiter der Wettbewerb um sie. Auch andere Arbeitgebern im ländlichen Raum leiden unter Fachkräftemangel! Um als Milchkuhbetrieb gegen diese konkurrenzfähig zu sein, muss ein attraktiver Arbeitsplatz geschaffen werden und gleichzeitig ein angemessenes Gehalt geboten werden.

  1. Routine Tätigkeiten. Dies sind leichte Tätigkeiten, die nach einer guten Einarbeitung  ohne vorherige Vorkenntnisse erledigt werden können, z.B. Melken. Die Ausbildung obliegt in der Regel dem Arbeitgeber.
  2. Facharbeiten. Dies sind Tätigkeiten, die grundsätzlichen Fachkenntnisse mit der Materie erfordern. Diese Stellen werden häufig durch bereits ausgebildete Landwirte/Gesellen besetzt.
  3. Anspruchsvolle, entscheidungsträchtige Facharbeiten: Hier sind im Vorfeld hochqualifizierte Arbeitskräfte gefragt, die auf den Betrieben viel Verantwortung z.B. als Herdenmanager oder Betriebsleiter übernehmen.

Ähnlich wie Assheuer, sieht Hermann Dorfmeyer (Personalvermittlung farmconnect) drei Ebenen von Tätigkeitsbereichen, er hat allerdings die Betriebsleiterebene mit einbezogen:

  1. Die Produktionsebene. Diese kommt „im Grunde einem Fließbandjob“ gleich und bedarf keiner spezialisierten Ausbildung.
  2. Die mittlere Leitungsebene, zu der die anspruchsvolle Tätigkeit des Herdenmanagers oder auch Pflanzenbauleiters gehört. Die Nachfrage in dieser Ebene wird noch über das bereits jetzt schon erreichte Niveau hinauswachsen. Gute Herdenmanager sind rar gesät, gegenseitiges Abwerben unter den Betrieben ist bereits Alltag!
  3. Die Betriebsleiterebene, die für die Personalentwicklung und Unternehmensführung zuständig ist, wird immer komplexer. Dadurch gewinnt die mittlere Leitungsebene also an Bedeutung.

Fazit: Es ist unverzichtbar für Betriebe, sich im Vorfeld einer Mitarbeitersuche ein klares Profil für die zubesetzende Stelle zu machen. Welche Aufgaben sollen im Betrieb an einen Arbeitnehmer abgegeben werden (welche Ebene)? Und danach kommt die Überlegung, wer zur Besetzung der Stelle in Frage kommt!
  1. Die Produktionsebene. Diese kommt „im Grunde einem Fließbandjob“ gleich und bedarf keiner spezialisierten Ausbildung.
  2. Die mittlere Leitungsebene, zu der die anspruchsvolle Tätigkeit des Herdenmanagers oder auch Pflanzenbauleiters gehört. Die Nachfrage in dieser Ebene wird noch über das bereits jetzt schon erreichte Niveau hinauswachsen. Gute Herdenmanager sind rar gesät, gegenseitiges Abwerben unter den Betrieben ist bereits Alltag!
  3. Die Betriebsleiterebene, die für die Personalentwicklung und Unternehmensführung zuständig ist, wird immer komplexer. Dadurch gewinnt die mittlere Leitungsebene also an Bedeutung.

Woher Arbeitskräfte nehmen"?

Die Soziologin Susanne Winge zeigt das Problem der veränderten Rahmenbedingungen für die Arbeitserledigung in der Milchproduktion auf: Einerseits fährt der Trend fort, ständig beschäftigte Mitarbeiter auf Milchviehbetrieben einzusetzen, in den neuen Bundesländern liegt der Anteil bereits bei 55 %. Die Nachfrage steigt also. Auf der anderen Seite entfremdet sich die ländliche Bevölkerung von der Landwirtschaft und die Anforderungen wachsen. Das Angebot verknappt sich.
Und wer kommt dann künftig als Mitarbeiter in Frage? Susanne Winge unterteilte in vier potentielle Gruppen:
  • Einerseits die gelernten und/oder studierten Fachkräfte. Diese fordern jedoch vermehrt verbesserte Rahmenbedingungen bezüglich ihrer Tätigkeitsfelder.
  • Eine andere Gruppe sind die motivierten Quereinsteiger, die Berufserfahrung mitbringen, aber keine fachlichen Kenntnisse besitzen. Hier bestimmt ganz entscheident die Qualität der Ausbildung und Einarbeitung über Erfolg!
  • Die dritte Gruppe sind die ausländischen Arbeitskräfte, dabei kommen sowohl Quereinsteiger, als auch ausgebildete Fachkräfte in Frage. Hier sind klar Verständigung und Einarbeitung wichtig.
  • Lernschwache Menschen: Für Personen, die die Schule nicht schaffen, aber einen sehr guten Blick für die Tiere haben, gibt es häufig Programme der Länder zur Unterstützung der Betriebe und auch Förderungsmittel. Betriebe könnten zudem auch sozialpädagogische Kompetenz zur Unterstützung bekommen.

Die Soziologin appellierte an die Betriebsleiter grundsätzlich: „Haben sie ihre Mitarbeiter im Blick, weil diese genauso vielfältig sind wie Ihr Betrieb es ist.“ Und gab zwei wichtige Tipps, die Arbeitsgebern helfen, ihre Mitarbeiter zu motivieren und damit deren Interesse an einer langfristigen Beschäftigung steigern:
  • Einerseits die gelernten und/oder studierten Fachkräfte. Diese fordern jedoch vermehrt verbesserte Rahmenbedingungen bezüglich ihrer Tätigkeitsfelder.
  • Eine andere Gruppe sind die motivierten Quereinsteiger, die Berufserfahrung mitbringen, aber keine fachlichen Kenntnisse besitzen. Hier bestimmt ganz entscheident die Qualität der Ausbildung und Einarbeitung über Erfolg!
  • Die dritte Gruppe sind die ausländischen Arbeitskräfte, dabei kommen sowohl Quereinsteiger, als auch ausgebildete Fachkräfte in Frage. Hier sind klar Verständigung und Einarbeitung wichtig.
  • Lernschwache Menschen: Für Personen, die die Schule nicht schaffen, aber einen sehr guten Blick für die Tiere haben, gibt es häufig Programme der Länder zur Unterstützung der Betriebe und auch Förderungsmittel. Betriebe könnten zudem auch sozialpädagogische Kompetenz zur Unterstützung bekommen.

  • Nicht nur bei ausländischen Arbeitskräften ist es wichtig, ihnen auch einen sozialen Anschluss zu ermöglichen. Fremd und allein sein will niemand gerne.
  • Von der Arbeit in der Landwirtschaft zu leben ist deutlich schwieriger, wenn man kein Eigentum hat und Miete bezahlen muss. Der Betriebsleiter sollte diese Hintergründe/Anliegen/Bedürfnisse seiner Arbeitnehmer kennen und berücksichtigen – ein angemessenes Gehalt, mittel- bis langfristige Sicherheit und ein gutes Arbeitsklima sind ganz wichtig.

  • Nicht nur bei ausländischen Arbeitskräften ist es wichtig, ihnen auch einen sozialen Anschluss zu ermöglichen. Fremd und allein sein will niemand gerne.
  • Von der Arbeit in der Landwirtschaft zu leben ist deutlich schwieriger, wenn man kein Eigentum hat und Miete bezahlen muss. Der Betriebsleiter sollte diese Hintergründe/Anliegen/Bedürfnisse seiner Arbeitnehmer kennen und berücksichtigen – ein angemessenes Gehalt, mittel- bis langfristige Sicherheit und ein gutes Arbeitsklima sind ganz wichtig.

Die Meinung über die Möglichkeit der Stellenbesetzung durch Zeitarbeitsfirmen war sehr geteilt. Während der Betriebsberater Josef Assheuer dieses Modell als gängig und zukunftsträchtig sah, sparch Landwirt Kees De Vries diesem Modell keine Zukunft zu. Schwierig ist es hier, die Leute zum Einhalten von Standards in der Produktionsebene zu motivieren.

Automatisierung als Alternative 

Landwirt Kees De Vries weiß noch nicht, wer in Zukunft auf seinem Betrieb melken wird, er spürt schon jetzt, dass es zunehmend schwieriger wird (Fach-)Arbeitskräfte zu finden. Dabei macht die Digitalisierung die Arbeit seiner Meinung nach einfacher, sodass zunehmend weniger Fachkenntnisse für die Arbeit nötig sind. Für den Landwirt und Mitglied des Bundestages (CDU) spielt das Image der Betriebe eine wichtige Rolle, ob sich ein Auszubildender bewirbt oder nicht. Daher versucht er seine Auszubildenden und Arbeitskräfte so gut es geht zu unterstützen, z.B. wird der Führerschein bezahlt, Weiterbildungsmaßnahmen finanziert oder ein Mitarbeiter beim Kauf eines Hauses im Ort unterstützt.
Dennoch steht auf dem Betrieb De Vries die Frage im Raum, zukünftig verstärkt auf Automatisierung zu setzen. Bevor keine Arbeitskräfte für die leicht zu automatisierenden Arbeiten, wie beispielsweise das Melken, mehr vorhanden sind. Automatisierung macht Arbeitsplätze zudem interessant. Hermann Dorfmeyer (Personalvermittlung farmconnect) schloss sich in Punkto Automatisierung an De Vries an. Er sieht den Roboter als Mitarbeiter von morgen. Gerade in der Produktionsebene wird es für den Personalvermittler zukünftig schwierig werden Arbeitnehmer zu finden, weil kaum einer mehr einfach nur acht Stunden am Stück Melken möchte.

Hausaufgaben: Image verbessern, Mitarbeiterführung und Kommunikation lernen

Alle Referenten und Podiumsteilnehmer waren sich einig, dass das Image der Landwirtschaft im erheblichen Maße dazu beiträgt, zukünftig gute Arbeitskräfte für die Branche zu finden.
Dazu gehört sowohl das öffentliche Ansehen zu verbessern, als auch sich innerbetrieblich zu bemühen, eine positive Lebenseinstellung zu zeigen. Das ist vor dem Hintergrund der Mitarbeiterführung enorm wichtig, für viele Arbeitnehmer über ein Grundgehalt hinaus, sogar entscheidend darüber, ob er bleibt oder nicht. Wer ist schließlich motiviert, gerne auf einem Betrieb zu arbeiten, auf dem die Stimmung meistens schlecht ist und ein schlechter Umgangston herrscht? Und wer will auf einem Betrieb arbeiten, auf dem die Tiere nicht gut versorgt werden?
Mitarbeitermotivation und -bindung heißt gute Arbeitsbedingungen und eine interessante Aufgabe zu schaffen. Die Arbeit mit Tieren und moderner Technik sind für viele Menschen sicherlich reizvoller als mancher 450 €-Job, ist sich Josef Assheuer sicher. Gute Voraussetzungen für modern aufgestellte Betriebe. Das Angebot von Aus- und Weiterbildung motiviert zusätzlich. Mitarbeiterführung und Kommunikation müssen und können Betriebsleiter heute lernen – ein breites Angebot an Fortbildungsmaßnahmen besteht.
Elisabeth Spiwoks, Studentin der Universität Göttingen