Warum werden trächtige Rinder geschlachtet?

Das Forschungsprojekt SiGN soll Klarheit über mögliche Gründe bringen, die zur Schlachtung eines trächtigen Tieres führen.

In den letzten Jahren ist die Thematik der Schlachtung trächtiger Rinder verstärkt in den Fokus des öffentlichen Interesses gerückt. Durch mediale Beiträge wird die Wahrnehmung der Verbraucher bezüglich der im Zusammenhang mit diesem Thema diskutierten Tierschutzproblematik, vor allem aber moralisch-ethischer Bedenken beeinflusst.
Obwohl das Schlachten von Tieren zur Lebensmittelgewinnung allgemein akzeptiert wird, werden durch ein zunehmendes Gleichsetzen menschlicher und animaler Empfindungen immer größere Anforderungen an den Vorgang des Tötens gestellt: Gefordert wird ein möglichst schmerz- und angstfreier Tod, analog zu den Vorgaben der Tierschutz-Schlachtverordnung, dass Tiere so zu schlachten oder zu töten sind, dass bei ihnen nicht mehr als unvermeidbare Aufregung oder Schäden verursacht werden (TierSchlV, 2012).
Wissenschaftlich nachgewiesen ist, dass auch bei einer gesetzeskonformen Schlachtung die Betäubung des Muttertieres beim Fetus keine Wirkung zeigt und dieser in Folge des Blutentzuges an Sauerstoffmangel verendet. Ob ebendas durch den Fetus bewusst wahrgenommen wird und Leiden im Sinne eines Erstickungstodes auslöst, ist noch nicht bekannt, kann nach aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen jedoch zumindest im letzten Drittel der Trächtigkeit nicht ausgeschlossen werden.

Studienergebnisse lassen sich nicht vergleichen!

Zum tatsächlichen Ausmaß der vorliegenden Trächtigkeiten im Rahmen von Routineschlachtungen existieren nur wenig valide Daten. Lange ging man in diesem Zusammenhang von Einzelfallereignisen aus. Aktuelle Studien zeigen jedoch, dass dies eine Fehleinschätzung ist und die Schlachtung gravider Rinder in Deutschland und anderen EU-Mitgliedsstaaten regelmäßig, wenn auch in unterschiedlichem Umfang vorkommt.
Da sich die Ergebnisse der verschiedenen Studien aufgrund des stark unterschiedlichen Studiendesigns jedoch nicht vergleichen lassen, besteht aus Sicht des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) eine erhebliche Datenlücke. Der Aufgabe, diese zu schließen, nahmen sich die Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg und die Universität Leipzig im Rahmen des Kooperationsprojektes „Untersuchungen zum Anteil von Trächtigkeiten bei geschlachteten Tieren und zu den Ursachen für die Abgabe trächtiger Schlachttiere unter Berücksichtigung der verschieden Tier- und Nutzungsarten“ („SiGN“) an.

Versachlichung der Diskussion

Neben der Prävalenzerfassung ist ein zentraler Punkt des Projektes die Ermittlung möglicher Gründe, die zur Schlachtung eines trächtigen Tieres führen. In der bisherigen Berichterstattung wird als solcher lediglich die Unkenntnis des Landwirtes genannt und somit ein Desinteresse gegenüber seinem Tier suggeriert.
Zur Versachlichung der allgemeinen Diskussion über die Schlachtung trächtiger Rinder soll  nun erstmalig eine belastbare Datengrundlage zu den Ursachen dieser Praxis unter besonderer Berücksichtigung der Sicht der Landwirte geschaffen werden. Nur so kann eine realistische Einschätzung der Situation in den Herkunftsbetrieben erfolgen. Betrachtet werden insbesondere eventuelle Unterschiede zwischen den einzelnen Nutzungsarten, Betriebsgrößen und Regionen.
Weitere Informationen und die Möglichkeit zur Teilnahme an dieser wichtigen Umfrage (Projekt „SiGN“!) erhalten Sie hier
Die Teilnahme ist freiwillig und anonym. Es wird lediglich die Postleitzahl (zur regionalen Zuordnung) und die Betriebsgröße (Tierzahl) erfasst.