Ruhe bewahren in der Milchkrise?

Der Europäische Milchindustrieverband hat die Akteure des Milchmarktes um mehr Gelassenheit in der aktuellen Preiskrise gebeten und erinnerte an den Preisverfall in 2009. Zudem spricht vieles dafür, das die Talsohle nun erreicht ist. Ostfriesische Mahnfeuer und die heftigen Proteste in der vergangenen Nacht in Belgien zeichnen jedoch ein anderes Bild.

Um mehr Gelassenheit hat der Generaldirektor des Europäischen Milchindustrieverbandes (EDA), Alexander Anton die Akteure auf dem Milchmarkt gebeten. Er erinnerte gegenüber dem Nachrichtendienst Agra-Europe daran, dass es Preisschwankungen und Strukturwandel auch schon vor dem Ende der Milchquote gegeben habe und sich die Exportmärkte weiter positiv entwickeln würden.

Talsohle erreicht

Mit Blick auf den aktuellen Preisrückgang sieht Alexander Anton die Talsohle als erreicht. Dass „es wohl nicht mehr noch weiter nach unten gehen kann“ würde derzeit dadurch unterstrichen, dass es die ersten Mengen an Magermilchpulver in der Intervention gebe sowie die Ansage, dass die gesamte Verwertungskette in Frankreich für einen Milchpreis von 34 €/100 l laufe.
Als Silberstreif am Horizont können die Ergebnisse der aktuellen Fonterra-Auktion gewertet werden, bei dem am 18.08. der Index erstmals wieder nach oben schoss und zwar um fast 15 Prozent. Der Preis für Vollmilchpulver erhöhte sich sogar um mehr als 19 Prozent.
Folge man den Prognosen der niederländischen Rabobank, werde der globale Milchmarkt im ersten Quartal 2016 wieder in Richtung Nachfragemarkt tendieren. Je früher diese Bewegung einsetze, desto besser, erklärte der EDA-Generaldirektor. Er betonte, dass niemand mit so einem Absturz nach dem Quotenende gerechnet habe. Die Entwicklung sei aber eher dem allgemeinen Markt geschuldet. Den letzten großen, weit dramatischeren Preisverfall habe man im Sommer 2009 erlebt, also noch „mitten in der Quote“.
Alexander Anton erwarte auch keinen verstärkten Strukturwandel. Seit Einführung der Quote seien in jedem Jahr etwa 3 % der Milcherzeugerbetriebe aus der Milchproduktion ausgestiegen. Und das werde auch in Zukunft so bleiben.
Eine ganz andere Stimmung kommt in Betracht der Meldungen über Demonstrationen und Aktion gegen die derzeitige Lage am Milchmarkt in den letzten Tagen auf:

Mahnfeuer beleuchten die katastrophale Lage am Milchmarkt

Durch einen Aufruf des Bundesverbandes Deutscher Milchviehhalter e.V. (BDM) brannten am 17. August 2015 auf weit mehr als 100 Milchviehbetrieben in ganz Ostfriesland Mahnfeuer. Auch Unternehmen des vor- und nachgelagerten Bereichs beteiligten sich an dieser Aktion
Die Landwirte machten mit den Feuern auf die katastrophale Lage am Milchmarkt aufmerksam. Diese Entwicklung sei vorhersehbar gewesen, trotzdem sind manche Verbände, die Molkereien und auch die Bundespolitik anscheinend nicht darauf vorbereitet gewesen, erklärt der BDM in einer Pressemitteilung. Unabhängig von Größe oder Verbandszugehörigkeit benötigen die Milcherzeuger jetzt Lösungsansätze, mit denen die aktuelle Krise möglichst schnell beendet werden kann. Solche existenzbedrohenden Krisen müssen zudem in Zukunft unbedingt vermieden werden. Der BDM verweist dabei nochmals auf seine entwickelten Konzepte für das Management von Marktkrisen. Der BDM plant weitere Aktionen, so beginnt am 24.08.2015 eine Staffelfahrt von Aurich durch ganz Deutschland nach München und am Tag der außerordentliche Agrarministerkonferenz zur derzeitigen Krise in Brüssel wird es vorort ebenfalls eine Demonstration geben.

Schwere Auseinandersetzungen mit der Polizei bei belgischer Demonstration

In Belgien haben in der vergangenen Nacht rund 600 Bauern Transportunternehmen und Fluggesellschaften am belgischen Flughafen Lüttich blockiert. Dabei kam es zu schweren Auseinandersetzungen mit der Polizei. Die Beamten setzten unter anderem Tränengas ein, als Demonstranten mit Eisenstangen und Wurfgeschossen auf sie los gingen. Die Bauernproteste richten sich gegen die Milchpreispolitik der Europäischen Union. Auch Landwirte aus dem Raum Aachen nahmen an der Kundgebung teil, heißt es heute in den Nachrichten des Westdeutschen Rundfunks.
Quellen: AgE, BDM, WDR