Milchquotenausstieg hatte allenfalls marginalen Einfluss

Wann dreht endlich der Milchmarkt wieder, wie sieht die mittelfristige Entwicklung aus? Welche Perspektiven bieten sich den Milcherzeugern? Viele Fragen aber leider nur wenig konkrete Antworten gab es diese Woche auf dem IDF World Dairy Summit im litauischen Vilnius.

Der Aufschwung am Milchmarkt kommt! Die Frage ist nur wann er einsetzt – in dieser Einschätzung stimmen die allermeisten Marktanalysten überein. Festlegen auf einen konkreten Zeitpunkt, ab dem die Milchpreise wieder anziehen, will sich in der Milchbranche jedoch derzeit niemand. Klar scheint nur, dass eine Erholung der Milchpreise (auf das Niveau von 2014) im Jahr 2015 nicht mehr zu erwarten ist, zumal nicht bekannt sei, wie voll vielerorts die Lager gefüllt sind und es noch nicht absehbar sei, wenn die eingelagerten Mengen auf den Markt geworfen werden.

Milchquotenausstieg hatte allenfalls marginalen Einfluss

pilet

Véronique Pilet (Cniel) Foto: Veauthier (Bildquelle: Elite Magazin)

  Véronique Pilet (Cniel) führt den Preisverfall auf die starke Zunahme des globalen Milchaufkommens um 3,3 % auf rund 802 Millionen Tonnen in 2014 zurück. Die reichlichen Milchanlieferungen führten zu einer Ausweitung der Handelsmengen von Milcherzeugnissen, vor allem von Milchpulver und Butter. Normalerweise sind die Märkte in der Lage, solch zusätzliche erzeugte Mengen aufzunehmen, doch gepaart mit der Zurückhaltung der Einkäufer in Asien und dem schwächelnden Euro führte das Mehr an Milch zu den bekannten Verwerfungen an den globalen Märkten. Die globale Nachfrage nach Milchproduktion legte im gleichen Zeitraum nur um 1 bis 2 % zu.
Mittel- und langfristig rechnen die Marktanalysten jedoch wieder mit steigenden Milchpreisen. Sie begründen dies mit dem Wachstum der Weltbevölkerung auf neun Milliarden Einwohner im Jahr 2050. Damit steigt auch der Bedarf an Lebensmitteln in den kommenden Jahrzehnten. Nach Angaben von der OECD und der FAO, wird der Konsum an Milchprodukten bis zum Jahr 2023 um 13,7 % ansteigen. Im Jahr 2014 lag der weltweit geschätzte Pro-Kopf-Konsum von Milchprodukten bei 110,7 kg. Allerdings basieren die Schätzungen auf der Annahme, dass die Entwicklungsländer der Pro-Kopf-Konsum jährlich um mindestens 3,0 % zulegt (+ 0,9 % in den Industriestaaten). Zum Vergleich: Die Zunahme des weltweiten Rohstoffaufkommens wird auf 2,0 % geschätzt.
Keinen oder allenfalls einen nur geringen Einfluss sehen die Analysten im Auslaufen des Milchquotensystems in der EU (April 2015). Die dadurch aufgelaufenen Mehrmengen seien einkalkuliert gewesen, hinzu kommt, dass sich die EU als Anbieter am Weltmarkt in den letzten Jahren deutlich rarer gemacht hat. Nur noch 26 % aller Milchexporte stammten 2014 aus der EU, im Jahr 2000 waren es noch 39%. Vor allem die USA und Neuseeland haben während der vergangenen Jahre zunehmend die Märkte mit Milchprodukten geflutet.
Milchpreise

(Bildquelle: Elite Magazin)

Erst 2024 wieder auf dem Niveau von 2014?

Für 2016 wird wieder mit einer Zunahme des Welthandels gerechnet, ein Plus von 4 % scheint realistisch (mittlerweile werden knapp 9 % der weltweiten Milchproduktion gehandelt). Viele Marktbeobachter folgern aus diesen Zahlen, dass schon bald eine Marktbelebung einsetzen wird. Zunehmender Handel = steigende Preise?!
Eine von OECD und FAO präsentierte Langzeit-Prognose sieht die Milchpreise im kontinuierlichen Aufwind, bis 2024 kann demnach mit einem kontinuierlichen Anstieg bis auf das Niveau von 2014 gerechnet werden. Ob sich dieses, aus Sicht der Milchproduzenten sicherlich erfreuliche Szenario, bewahrheiten wird, hängt jedoch von mehreren Faktoren ab:
  • Energiepreisen (insbesondere Rohöl)
  • Politischen Entscheidungen (Embargo wie z.B. von Russland ausgesprochen oder aber auch Abschluss von Freihandelsabkommen)
  • Klimaveränderungen (El Nino)
  • Technischem Fortschritt

Interessant: Von gut informierten russischen Delegierten war zu erfahren war, dass das EU-Embargo wohl nicht vor 2018 ausgesetzt werden soll. Mit diesem, besonders für Käsehersteller so wichtigen Markt, kann wohl kurzfristig nicht mehr gerechnet werden.
  • Energiepreisen (insbesondere Rohöl)
  • Politischen Entscheidungen (Embargo wie z.B. von Russland ausgesprochen oder aber auch Abschluss von Freihandelsabkommen)
  • Klimaveränderungen (El Nino)
  • Technischem Fortschritt

Angebot und Nachfrage ins Gleichgewicht bringen

Jeremy_Hill

Jeremy Hill, IDF-Präsident Foto: IDF (Bildquelle: Elite Magazin)

„Wir müssen die Nachfrage nach Milchprodukten ankurbeln, gerade jetzt, um sicherzustellen, dass wir nicht über den Bedarf hinaus produzieren“, erklärte der Präsident der International Dairy Federation (IDF), Jeremy Hill. Es wird erwartet, dass im Jahr 2030 rund fünf Milliarden Menschen sich Milchprodukte werden leisten können. Aktuell nutzen in ihrer täglichen Ernährung zwei Milliarden Menschen Milch- bzw. veredelte Produkte. „Die Branche muss es sich zur Aufgabe machen, Produkte zu entwickeln, welche die Menschen als „aufregend“ empfinden“, diktierte der IDF-Vorsitzende den anwesenden Vertretern der Milchindustrie in ihre Notizbücher.
Der IDF selbst will in den kommenden Jahren größere Anstrengungen unternehmen, um Vorurteile zu entkräften, die besagen dass Milchkonsum der Gesundheit schade. „Milchfette und Milchzucker sind nicht schlecht“, so Hill. Die Lebensmittelindustrie muss von dem Austausch von Milchfett durch pflanzliche Fette abgehalten werden.“
Ins gleiche Horn stieß der Vorstandsvorsitzende des Verpackungsriesen Tetra Pak, Dennis Jonssen. Auch er sieht die Notwendigkeit, die Milch in der täglichen Ernährung mehr zu fördern. „Wir sehen eine zunehmende Konkurrenz durch andere Getränke, wie Sojamilch und Mandelmilch, vor allem in den westlichen Ländern.“ Das sei zwar keine Milch, die Verbraucher sehen diese Produkte jedoch oft als gesündere Alternative zur realen Milch. Hier gelte es im Marketing anzusetzen!