Mengenbegrenzung: Mindestens vier Cent wären nötig

Derzeit wird eine freiwillige Mengenbegrenzung heiß diskutiert. Ein Produktionsverzicht wäre durchaus ökonomisch darstellbar, allerdings nur sofern die Nichtablieferungsprämie vier Cent oder mehr betragen würde.

Einige Teile der Politik und Verbände haben Molkereien unlängst mehrfach aufgefordert, die Milchanlieferung zu begrenzen. In aller Regel dürfte dies nur auf freiwilliger Basis möglich sein, denn fast alle Milcherzeuger haben die vertragliche Zusicherung der Molkereiunternehmen, die komplette gemolkene Milchmenge abliefern zu können (bzw. zu müssen!). Allerdings dürfen – auch trotz Andienungspflicht – Milcherzeuger weniger Milch produzieren, sich also selbst beschränken. Dazu durchringen würden sich vielleicht auch etliche Milcherzeuger angesichts der niedrigen Milchpreise, sofern sie einen Bonus für die nicht abgelieferte Rohstoffmenge zugesprochen bekämen. FrieslandCampina hat mit diesem freiwilligen Produktionsverzicht am vergangenen Jahresende für Schlagzeilen in der Branche gesorgt und eine Diskussion ausgelöst. Mittlerweile sind einige kleinere Molkereien in Österreich dem Beispiel der Niederländer gefolgt.

Nachgerechnet!

Dr. Eckhard Boll von der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein hat kürzlich durchgerechnet (nachzulesen in: bauernblatt, Ausgabe 18/2016), wie hoch ein solcher Bolus ausfallen müsste, um Milcherzeuger von einem Produktionsverzicht zu überzeugen.
In den Berechnungsbeispielen wird unterstellt, dass ein 20%iger Produktionsverzicht aller (!!) Lieferanten einer Molkerei zu einem Anstieg des Molkereiauszahlungspreises von 2,5 Cent führt (von 26,5 auf 29,0 ct). Die spannende Frage ist nun, wie ein Milcherzeuger kurzfristig seine Milchmenge um 20 % reduzieren kann. Am einfachsten und wahrscheinlichsten ist eine Bestandsabstockung. Weil voraussichtlich die leistungsärmeren Kühe den Bestand verlassen, ist von einer Zwangsmerzung von mehr als 20 % auszugehen. Wie aus Tabelle 1 ersichtlich, sinken bei einem Betrieb mit ursprünglich 64 Milchkühen die Einnahmen mittel- bis langfristig infolge der Abstockung auf 49 Kühe um 19.233 €. Unter dem Strich müsste der Milcherzeuger mit 6.537 € weniger kalkulieren (Einnahmen minus Ausgaben). Allerdings könnten durch den Verkauf der 15 Kühe einmalig (!!) 12.750 € auf der Haben-Seite verbucht werden.
In einem Milchkuhbetrieb mit 171 Kühen müssten 40 Tiere den Bestand verlassen, um eine 20%ige Reduktion der Milchmenge zu erreichen. Hierdurch würden der Landwirt, trotz eines leicht höheren Milchpreises, 46.241 € weniger einnehmen. Beim Deckungsbeitrag würde die Lücke dann mittelfristig nur noch 12.833 € betragen (Liquiditätsdifferenz). Die einmaligen (!!) Einnahmen, die sich durch den Viehverkauf ergeben, belaufen sich auf 34.000 €.

Betrieb A

Betrieb B

vorher

nachher

vorher

nachher

Kühe

Anz.

65

49

171

131

Milchanlieferung

kg

526.469

421.175

1.491.839

1.193.471

Erlös (inkl. Mwst)

154.442

135.209

429.381

383.140

Direktkosten ges.

75.904

58.114

201.267

154.187

Diff. Einnahmen – Ausgaben

100.279

93.741

286.561

273.728

Verkauf Altkühe (einmalig!)

Mindestens 4,0 ct sind nötig!

Was bedeutet dies für die Praxis?
  1. Nur durch die einmaligen (!!) Einnahmen aus dem Viehverkauf (Bestandsabstockung) verbessert sich die Liquidität.
  2. Für den Milcherzeuger rechnet sich ein 20%ige Rückführung der Milchanlieferung nur, sofern der dadurch ausgelöste Preisaufschlag etwa 4,0 Cent oder mehr betragen würde.
  3. Im (wahrscheinlichen) Fall einer Markterholung müsste der Milcherzeuger wieder Kühe zukaufen, wahrscheinlich zu einem deutlich höheren Preis als er sie zuvor abgegeben hat. Somit ist zu befürchten, dass bei einem kurzfristigen Produktionsverzicht unter dem Strich schnell ein Liquiditätsverlust entsteht.

  1. Nur durch die einmaligen (!!) Einnahmen aus dem Viehverkauf (Bestandsabstockung) verbessert sich die Liquidität.
  2. Für den Milcherzeuger rechnet sich ein 20%ige Rückführung der Milchanlieferung nur, sofern der dadurch ausgelöste Preisaufschlag etwa 4,0 Cent oder mehr betragen würde.
  3. Im (wahrscheinlichen) Fall einer Markterholung müsste der Milcherzeuger wieder Kühe zukaufen, wahrscheinlich zu einem deutlich höheren Preis als er sie zuvor abgegeben hat. Somit ist zu befürchten, dass bei einem kurzfristigen Produktionsverzicht unter dem Strich schnell ein Liquiditätsverlust entsteht.

Anmerkung: Ein Produktionsverzicht kann funktionieren und letztlich zu einer Marktentlastung beitragen, sofern
a) die Molkerei dadurch in die Lage versetzt wird, ihre Verwertung deutlich (!!) zu verbessern und sich
b) möglichst viele Verarbeitungsunternehmen in der EU sich gleichzeitig zu dieser Maßnahme durchringen!