Drosselung der Milchmenge bringt keine Besserung

In der Diskussion um die derzeitig schlechte Lage am Milchmarkt, kommt immer häufiger das Thema der Milchmengendrosselung zur Sprache. Nach Einschätzung des Braunschweiger Thünen-Institut für Marktanalyse würde eine Steuerung der Milchmenge allerdings kaum einen Preiseffekt erzielen.

Dabei sei es nach Ansicht des Institutsleiters Dr. Martin Banse und des Milchmarktexperten Sascha Weber ohne Relevanz, ob es sich um eine einseitige Beschränkung des deutschen Milchmarktes oder um EU-weite Angebotsverringerungen handle.
Die Wissenschaftler sehen vor allem die Situation auf den internationalen Märkten als Grund für die derzeitig schlechte Marktlage. Neben einem regelmäßigen, dreijährigen Preiszyklus hätten die geringe Importnachfrage von Ländern wie z.B. China und das Importembargo Russlands einen großen Anteil am Milchpreisverfall. Das Auslaufen der Milchquote habe ihrer Auffassung nach höchstens einen geringen Anteil.
Um in Zukunft ein deutlich effektiveres Risikomanagement betreiben zu können, sehen Banse und Weber sowohl Milcherzeuger als auch –verarbeiter in der Pflicht, die Marktinformationen noch stärker zu nutzen. Dafür geeignete Instrumente seien Warenterminbörsen, die Diversifikation von Betriebszweigen, die Optimierung von Produktionsprozessen sowie die Bildung von Liquiditätsreserven.
Die Gefahr einer Abwanderung der Milcherzeugung aus Deutschland soll derzeit nicht bestehen, ein anhaltendes Preistief würde manche Milchviehbetriebe allerdings zur Aufgabe zwingen. Um die Betriebe unterstützen zu können, sollten allerdings nicht Instrumente wie die Mengenregulierung wieder aufgewärmt, sondern Bürgschaften, Kreditprogramme und vorzeitig ausgezahlte Direktzahlungen in Betracht gezogen werden.

DBV: Alte Vorschläge aus der agrarpolitischen Mottenkiste

Udo Folgart, Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV) und Milchbauernpräsident, stellte anlässlich der Veröffentlichung des DBV-Faktenchecks klar:
"Alte Vorschläge aus der agrarpolitischen Mottenkiste auszugraben, die schon in der Vergangenheit nicht hielten, was sie versprachen, hilft den Milchbauern nicht. Jetzt kommt es darauf an, die Energie der Bundes- und Länderministerien darauf zu konzentrieren, dass die Direktzahlungen zeitnah ausgezahlt sowie Liquiditäts- und Bürgschaftsprogramme umgesetzt werden.“

1: Preiswirkung ist gering und unsicher

Die Preiseffekte einer Mengensteuerung wären selbst in einem vollkommen geschlossenen EU-Markt äußerst gering, schreibt der DBV. Um den Milchpreis nur um 1 Cent je Liter anzuheben sei laut Annahmen der Gutachter eine Reduktion der Milchproduktion in der Europäischen Union um 6,4 Millionen Tonnen nötig. Dies entspricht der gesamten Milchproduktion Spaniens oder Niedersachsens.

2: Preiswirkung verpufft in offenen Märkten

Es besteht ein enger Zusammenhang zwischen den weltweiten Milchpreisen und dem deutschen Markt, so der Bauernverband weiter. Beim Versuch, den heimischen Markt von den zunehmend globalisierten Milchmärkten abzukoppeln, werden Exportmärkte verloren gehen. Dies würde wiederum das Angebot auf den europäischen Märkten erhöhen, so dass der ursprüngliche Preiseffekt rückgängig gemacht wird.

3: Regulierung schwächt die Wettbewerbsfähigkeit

Die Milchquote habe gezeigt, dass Produzenten durch eine Mengenregulierung stark belastet werden, erklärt der DBV in seinem Faktencheck weiter. Aktiven Milcherzeugern seien nach Auffassung von Marktexperten demnach im Zeitraum der Milchquote zusätzliche Kosten in Höhe von 15 Milliarden Euro für Strafzahlungen, Kauf und Pacht von Produktionsrechten entstanden. Das Thünen-Institut für Marktanalyse sei im Dezember 2014 zu dem Schluss gekommen, dass eine allgemeinverbindliche Marktsteuerung der Heterogenität des europäischen Milchsektors nicht gerecht wird. Viele Milcherzeuger würden unnötig benachteiligt und damit deren Wettbewerbsfähigkeit reduziert.

4: Umsetzbarkeit ist nicht gegeben

Der bürokratische Aufwand einer Mengenregulierung wäre wie auch zu Zeiten der Milchquote äußerst hoch, argumentiert der DBV. Der Aufwand ergebe sich aus der Marktbeobachtung, der Erhebung einzelbetrieblicher Rohmilcherzeugungsmengen sowie der Überwachung der Umsetzung sowie der Initiierung von Marktmaßnahmen. Die Milchmenge könne laut DBV nicht ohne Weiteres kurzfristig reduziert werden. Zum Beispiel sei ein verringerter Einsatz von Kraftfutter nur beschränkt möglich, um die Gesundheit der Tiere nicht zu gefährden.

5: Im Widerspruch zur allgemeinen Ausrichtung der GAP

Vereinzelt wird ein finanzieller Ausgleich für einen freiwilligen Produktionsverzicht diskutiert. Dieser würde den Rahmen des europäischen Agrarhaushaltes nach Sicht des DBV weit übersteigen. Ordnungspolitisch würde die Wiedereinführung einer Mengenregulierung der seit mehr als zwanzig Jahren fortschreitenden Marktorientierung der Agrarpolitik widersprechen. Das Auslaufen der Milchquote gewährleistet Milchbauern eine unternehmerische Entscheidungsfreiheit, wie sie in anderen Branchen längst üblich ist. 
Quelle: AgE / DBV