Milchbranche kommt nicht mehr um Nachhaltigkeitskonzepte herum

Die Produktion von Lebensmitteln muss weltweit nachhaltiger werden. Die Milchbranche hat bereits begonnen, auf diese Notwendigkeit zu reagieren und Konzepte entwickelt. Dem "Warum" und "Wie" widmeten sich die Referenten des 3. Hochwald Zukunftsforums Milch.

Der Verantwortung in der Produktion von Lebensmitteln bekommt mit Blick auf die stetig wachsende Weltbevölkerung (+80 Mio. Menschen jährlich) und den damit einhergehenden immer stärker begrenzten Ressourcen in der heutigen Zeit eine immer größere Bedeutung. Mehr Nachhaltigkeit wird als der Lösungsansatz gehandelt.
Denn nachhaltig zu wirtschaften, bedeutet für die folgenden Generationen noch genauso gute Wirtschafts- und Lebensbedingungen zu erhalten, wie sie es heute sind bzw. sie zu verbessern. Das betrifft sowohl die Bedingungen für die Nutztiere und für die Umwelt, als auch den Bedarf an Energie sowie die Bedingungen für die Menschen.
Nachhaltigkeit ist zunehmend auch ein Wunsch der Verbraucher, die immer kritischer werden – dass dabei oftmals in einer unsachlichen Art und Weise argumentiert wird und in der Landwirtschaft bereits in vielen Bereichen nachhaltig gearbeitet wird, sei dahin gestellt. In jedem Fall muss objektiv und gradlinig reagiert werden. Das geht nur durch wissenschaftlich bestätigte Argumente und messbare Tatsachen. Nicht auf einer emotionalen Ebene.
Um sich eine objektive Ebene zu schaffen, müssen messbare Kriterien in einem Konzept bestimmt werden, die unvoreingenommen darstellen, wie verantwortungsvoll tatsächlich gewirtschaftet wird. Ganz ähnlich so, wie es in den 1990ern und bis in das neue Jahrtausend hinein bezüglich der standardisierten Absicherung der Produktqualität gelaufen ist. Heute eine Selbstverständlichkeit.

Tierschutz, Ökologie, Ökonomie und Soziales in Einklang bringen

Das Image der Milcherzeugung ist aktuell noch vergleichsweise gut, um das zu wahren, muss jetzt reagiert, also dem Wunsch nach einer nachweislichen Nachhaltigkeit nachkommen werden. Die Niederländer sind hier Vorreiter: die Niederländische Milchorganisation (Nederlandse Zuivel Organisatie, NZO, ähnlich dem deutschen Milchindustrieverband) haben  bereits vor sechs Jahren begonnen Nachhaltigkeitskonzepte für die Milchproduktion zu erstellen, erklärte Geert Hartlief von DOC Kaas, der im Rahmen der Veranstaltung das DOC-Konzept vorgestellt hat. Basierend auf Punkten, die in den verschieden gewichteten Kategorien Tierschutz, Ökologie, Ökonomie und Soziales für die einzelnen Lieferbetriebe vergeben werden. Der Anzahl der Punkte entsprechend wird erfolgt eine gestaffelte Bonusauszahlung, der sogenannte Nachhaltigkeitszuschlag beträgt maximal 1 Ct/kg Milch.
Die Molkerei Hochwald hat ihr Zukunftsforum nicht ohne Grund dem Thema der Nachhaltigkeit gewidmet. Ihr Jugendbeirat nutze die Veranstaltung um den anwesenden Mitgliedern ihre Ideen für ein Hochwald-Nachhaltigkeitskonzept vorzustellen. Das, auch von Beiratssprecher Mark Trageser zugegeben, sehr dem niederländischen Konzept der DOC ähnelte. Kriterien, die etwa in der Kategorie Tierschutz und Tiergesundheit in einem Hochwald-Konzept beurteilt werden könnten, sind Aufzucht, Aufstallungsform, Weide/Auslauf, Futter- und Wasserversorgung sowie Klauenpflege, Tierseuchenvorbeugung, Einsatz von Antibiotika und Hormonen, Eutergesundheit und Bestandsbetreuung. In der Kategorie Ökologie entscheiden auch der Einsatz von regenerativen Energien und der allgemeine Energieverbrauch darüber, wie es um die Nachhaltigkeit in einem Betrieb stehen könnte.

Auf Molkereiebene oder besser ein einheitliches Konzept für alle?

Um etwas objektiv zu bewerten, bedarf es auch unabhängiger Kontrollen durch Dritte. So wie es sich auch in der Qualitätssicherung etabliert hat. Dass das nicht leicht zu organisieren ist und Kosten verursacht ist klar. Gerade für kleine Molkereiunternehmen wäre diese Notwendigkeit schwer umzusetzen. Daher hat sich der Milchindustrieverband (MIV) in Zusammenarbeit mit anderen Organisationen Gedanken über ein bundeseinheitliches Nachhaltigkeitskonzept gemacht. Wie genau sich die Situation weiter entwickelt, steht noch nicht ganz fest. Dass es allerdings Konzepte für alle Erzeuger geben wird, dagegen schon.
Der Geschäftsführer des MIV, Eckhard Heuser, stellte ganz eindeutig klar, dass die Nachfrage nach Nachhaltigkeit weltweit bestehe. Und zwar nicht nur in den westlichen Länder, sondern gerade in Ländern die durch Lebensmittelskandale gestraft wurden, wie China oder Brasilien. Und da sich die Milchbranche zu einem Weltmarkt entwickelt hat, müssen alle Erzeuger etwas tun, zeigen wie es um die Nachhaltigkeit in ihren Betrieben steht und sie verbessern.
Dabei ist sich Eckhard Heuser in einem sehr sicher und das ist beruhigend: Die Bemühung die Nachhaltigkeit zu verbessern, wird sich zum wirtschaftlichen Vorteil entwickeln. Genauso, wie es bei der Erfüllung von verschärften Qualitätskriterien der Fall gewesen ist, wird auch sie sich in den nächsten zehn Jahren zu einer Selbstverständlichkeit entwickeln. Die Milcherzeuger, die heute schon nach der guten Fachlichen Praxis wirtschaften, bräuchten keine Angst vor dem Wunsch nach mehr Nachhaltigkeit haben. Er sieht daher auch eine Chance in diesen neuen Konzepten, die immer währenden „schwarzen Schafe“ endlich fassen zu können.