Reportage

Betriebsleitung als Kooperation: Gemeinsam stark!

Leopold Fischer managt gemeinsam mit zwei weiteren Landwirten 240 Fleckviehkühe. Die Vorteile einer Kooperation wie in der Perschlingtal Milch? Mehr Lebensqualität!

Leopold Fischer ist ein unaufgeregter Mann. Er kommt heran, hört ein paar Minuten zu, wie die Gruppe im Stall herumgeführt wird, und geht wieder an seine Arbeit. Auf dem Betrieb der „Perschlingtal Milch“ sind Besuchergruppen oder Workshops nichts ungewöhnliches, liegt er doch in unmittelbarer Nähe zu den Gebäuden der landwirtschaftlichen Fachschule Pyhra in Niederösterreich. „Unser Geld erwirtschaften wir aber nichtsdestotrotz als normaler Milchviehbetrieb“, erklärt Fischer. ‚Wir’ – das sind neben Leopold Fischer auch Josef Spendlhofer und Stefan Moser. Die drei Männer fahren ein außergewöhnliches Konzept: Ihren Milchviehbetrieb führen sie als gleichberechtige Teilhaber. Gegründet wurde der Kooperationsbetrieb (123 ha Land, 35 ha Grünland sowie 88 ha Ackerland) 1998 aus den Flächen der darin aufgehenden Betriebe sowie deren Pachtflächen. Der Stall steht auf Eigentum des Niederösterreich, das den drei Teilhaber aber durch einen Baurechtsvertrag langfristig zur Verfügung steht.

Keine Spezialisierung bei der Arbeit

Die drei Betriebsleiter teilen sich die tägliche Arbeit, bei der sie von zwei Angestellten und Hilfsarbeitern unterstützt werden, ohne Spezialisierung auf. Melken, Füttern und Besamungen der 240 Fleckvieh-Kühe (Milchleistung: ca. 9.500 kg)  werden von allen dreien gleichermaßen erledigt. Fest vergeben sind hingegen Datenpflege und Meldungen sowie die Klauenpflege. Entscheidungen werden auf dem Betrieb nach dem „drei-Bauern-Mehrheitsrecht“ getroffen, anstehende große Investitionen offen diskutiert. Montags besprechen sie die Woche, Termine tragen die drei in einen gemeinsamen Kalender ein.
„Der riesige Vorteil einer Kooperation“, sagt Leopold Fischer, „Man ist viel schlagkräftiger mit weniger Arbeitszeit. Das Leben ist einfach besser planbar.“ Für zwei der drei Teilhaber beginnt der Arbeitstag zwischen sieben und acht Uhr morgens. Lediglich einer übernimmt das Morgenmelken ab 4.45 Uhr gemeinsam mit dem rumänischen Angestellten. Ca. um 20 Uhr nach der letzten Stallrunde ist auch für den letzten der Arbeitstag vorbei. Jedes dritte Wochenende ist frei. An den Wochenenden gibt es einen kurzen und einen langen Dienst. Der lange Dienst melkt alle Melkzeiten und besamt, der kurze Dienst kommt am Vormittag dazu und füttert Kühe und Kälber. Zu dritt machen die Betriebsleiter zwischen 9.000 und 10.000 Stunden/Jahr.

Hilfreich: ähnliche Ansichten

Drei gleichberechtigte Betriebsleiter – gibt es da manchmal Probleme? „Wir sind alle im gleichen Alter, das hilft enorm. Man braucht Toleranz und sollte die Stärken und Schwächen der einzelnen Menschen für den Betrieb ausspielen“, stellt Leopold Fischer dar. Aber hört die Toleranz beim Thema Geld nicht auf? „Nein. Zu Beginn wurde der eingebrachte Besitz jedes Teilhabers bewertet. Die daraus folgende Gesamtsumme wird verzinst. Jeder erhält einen Festbetrag im Monat und kann sich entscheiden, ob er die Zinsen, die sein Eigentum in der Kooperation bringen, im Unternehmen belassen oder sich auszahlen lassen will. Zudem können die Familien mehr entnehmen, wenn es nötig ist.“ Am Ende des Jahres werden der Lohnanspruch für die geleistete Arbeitszeit,der Pachtanspruch für die jeweiligen Eigenflächen, der Zinsanspruch für den aktuellen Kapitalstand sowie Gewinn oder Verlust anteilig zu gleichen Teilen nochmals überprüft und miteinander verrechnet. „In den ersten acht Jahren haben wir sehr genau gerechnet, damit alles aufgeht“, erinnert sich Fischer, „Heute wissen wir auch so gut Bescheid, wer wie viel Geld erhält.“

Ziel: Roboterstall für noch mehr Planbarkeit

Derzeit planen die drei Betriebsleiter einen neuen Milchviehstall mit automatischen Melksystemen. „Wir wollen die Arbeitsqualität steigern. Es wäre z.B. schön, wenn am Wochenende nur noch eine Person arbeiten muss. Zudem soll das Einkommen steigen, damit wir auch in Zukunft investieren können.“ Apropos Zukunft: Wie sieht es mit einem Nachfolger aus? „Der Baurechtsvertrag läuft bis 2058. Es wäre also sehr schön, wenn die nächste Generation mitzöge. Aber unsere Kinder sind derzeit höchstens 10 Jahre alt. In fünf Jahren müssen wir uns über die schulische Laufbahn Gedanken machen, dann sehen wir weiter.“
Fazit: Mit solchen Bemühungen um Arbeitsqualität und Tierwohl wäre es doch gelacht, wenn sich niemand finden würde!
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C. Stöcker