Allgäuland: Geschäftsführung rausgeschmissen

Nur einige Tage nachdem die Fusionsverhandlungen mit den Goldsteig Käsereien geplatzt sind, hat der Allgäuland-Aufsichtsrat reagiert und die Notbremse gezogen. Sowohl Dieter Krayl, der langjährige Vorsitzende der Geschäftsführung der Allgäuland-Käsereien GmbH als auch der Geschäftsführer Klaus Wischmann wurden vor die Tür gesetzt. Zudem wurde ein umfassendes Kostensenkungs- und Ertragssteigerungsprogramm beschlossen.

Dazu gehört, dass drei der fünf Verarbeitungsstandorte (Augsburg, Dettingen und Tübingen) geschlossen werden. Hundert Mitarbeiter sollen ihren Hut nehmen müssen.
Als neuer Geschäftsführer wurde vom Aufsichtsrat Marcel Mohsmann bestellt. Der 51-jährige Diplom-Kaufmann war bisher als Prokurist für die Bereiche Landwirtschaft, Personal und Öffentlichkeitsarbeit zuständig.

Komplexes Firmengeflecht

allgaeuland_gro.png

(Bildquelle: Elite Magazin)

Allgäuland scheint tiefer in der Krise zu stecken als bislang vermutet. Nach Elite vorliegenden Informationen,  hatte Goldsteig nach dem Blick in alle Bücher offenbar die Fusion platzen lassen. Den Bayern war das Risiko zu hoch, sie fürchteten um ihr Milchgeld.  Zu tief scheint Allgäuland in den roten Zahlen zu stecken. Zwar ist laut Aussage des neuen Geschäftsführers Mohsmann die Lage noch überschaubar, allerdings räumt er ein, dass man sich auf Grund der Entwicklung auf den Märkten bei den Banken mit zusätzlichem Kapital habe versorgen müssen. Für die Allgäuland GmbH beziffert Mohsmann die derzeitigen Verbindlichkeiten auf rund 37 Mio. €. Nach unbestätigten Angaben drücken die Allgäuer  aber weitere Verbindlichkeiten in zweistelliger Millionenhöhe, die das Unternehmen in mehreren Tochterfirmen „versteckt“ haben soll. Branchenkenner, die das recht komplexe Firmengeflecht der Allgäulandgruppe näher kennen, schätzen die Lage des Unternehmens denn auch als „ziemlich katastrophal“ ein. Verlässliche Aussagen sind für Außenstehende jedoch schwer zu erhalten. Denn die aktuellen Bilanzen der verschiedenen GmbH’s liegen noch nicht vor – und wenn, spiegeln sie die aktuelle Situation, die sich durch die Milchkrise noch verschärft haben dürfte, nur teilweise wieder.

Arla bereits vor Ort, Omira nervös

Viele Milcherzeuger im Süden befürchten jetzt, dass die Molkerei so schnell keinen konkurrenzfäghigen Milchpreis auszahlen werden wird. Aktuell befindet sich das Unternehmen mit 19,39 Cent (3,7/3,4) am unteren Ende der Auszahlungsskala. „Diesen Preis werden wir halten, weiter runter gehen wir nicht“, so Geschäftsführer Mohsmann gegenüber Elite. Für die Lieferanten ein schwacher Trost, zahlt Konkurrent Omira doch 2,56 Cent mehr aus. Viele Milchbauern hoffen jetzt, dass Omira den angeschlagenen Nachbarn übernimmt. Doch in Ravensburg winkt man ab. Auch wenn Omira die Allgäuland-Lieferanten im Einzugsgebiet nur zu gerne aufnehmen würde, das Unternehmen sanieren will man es nicht. Aber dennoch könnte Omira zum Handeln gezwungen werden, denn allem Anschein nach ist im Allgäu bereits der skandinavische Molkereigigant Arla gesichtet worden. Einen Einstieg von Arla will man bei Omira auf jeden Fall verhindern.
Arla plant bereits seit längerem einen Einstieg in den deutschen Markt. Dies könnte jetzt durch die Übernahme einzelner Allgäuland-Tochterunternehmen gelingen. Dass sich Allgäuland von einigen Beteiligungen wird trennen müssen, scheint so gut wie sicher. Man überlege, ob es nicht sinnvoll sei, „nicht betriebsnotwendige Anlagen zu kapitalsieren“ so der neue Geschäftsführer Mohsmann gegenüber Elite. Ein Dementi klingt auf jeden Fall anders. Interessiert scheinen die Dänen vor allem an der Milei GmbH, an der Allgäuland einen 50 % Anteil hält (die übrigen 50 % gehören der japanischen Morinaga Milk Industry).

Goldsteig endgültig aus dem Rennen

Endgültig aus dem Rennen scheinen die Golsteig Käsereien zu sein. Den Vorschlag, einen Geschäftsbesorgungsvertrag abzuschließen hat der Allgäuland-Aufsichtsrat abgelehnt. Demnach hätten Goldsteig und die Allgäuland GmbH das operative Tagesgeschäft gemeinsam gesteuert, wobei Goldsteig die Leitlinien vorgegeben hätte. Beide Unternehmen wären jedoch zunächst selbstständig geblieben. Wir wollten das Fusions-Vorhaben nicht einfach abblasen, begründet Goldsteig-Geschäftsführer Andreas Kraus den Vorschlag, sondern einen Weg vorgeben, wie man ans Ziel kommt." Ein solcher Vertrag sei nichts Ungewöhnliches. Das Ziel: notwendige Umstrukturierungen bei Allgäuland".

Neue Produkte mit alten Köpfen

tab_allguland.png

(Bildquelle: Elite Magazin)

Die Allgäuland-Käsereien GmbH werden sich aus eigener Kraft sanieren und mit ihren starken Produkten und starken Marken dem Wettbewerb stellen, so Heinz Lipp der Vorsitzende des Aufsichtsrates. Die Tendenz gehe dahin, das Massengeschäft und Frischeprodukte zurückzufahren und das Sortiment in Richtung Bio- und ethnischer Produkte" zu entwickeln. So werde zurzeit unter anderem die Option geprüft, im Betrieb in Sonthofen eine gentechnikfreie „Bergbauernmilch“ zu produzieren und als traditionell hergestellte, pasteurisierte Frischmilch auf den Markt zu bringen. Allerdings nennt die Molkerei keinen Startzeitpunkt für das neue Produkt.
Man sei sehr zuversichtlich, dass sich das Unternehmen nach Umsetzung des ehrgeizigen Kostensenkungs- und Ertragssteigerungsprogrammes wieder deutlich profitabler zeigen wird. Viele seiner Kollegen bezweifeln dies, sie kritisieren dass viele der ehemals Verantwortlichen auch weiterhin noch großen Einfluss auf das Unternehme ausüben würden. So fungiert z.B. Ex-Vorstand Krayl weiter als Geschäftsführer mehrerer Tocherfirmen.