ARD beschuldigt Milcherzeuger Kühe zu „verheizen“

In der ARD-Reportage "Verheizt für billige Milch" wurde die Milcherzeugung mal wieder an den Pranger gestellt. Die jahrelange Zucht auf hohe Milchleistungen sei verantwortlich für die große Zahl kranker Kühe in deutschen Ställen.

Am Montagabend um 21:50 Uhr strahlte die ARD die Reportage „Verheizt für billige Milch – Das Leiden der deutschen Turbokühe“ aus. Der Titel ließ schon im Vorfeld nichts Gutes erahnen. In der Ankündigung hieß es: „Glückliche Kühe auf saftigen Wiesen – das ist das Bild, mit dem die Milchwirtschaft gerne wirbt. Die Realität ist eine andere: Ausgelaugte Kühe enden krank im Schlachthof, nachdem sie gerade zweimal gekalbt haben.“
Ganz im Tenor dieser Ankündigung kamen auch einige Experten zu Wort, die die Hochleistungszucht zumindest zum Teil verteufelten. Hinterlegt mit passenden Bildern aus Schlachthöfen und einer Tierkörperbeseitigungsanlage bot sich den Zuschauern ein schockierendes Bild. Immer wieder wurde betont, dass derzeit das Maximum an Milchleistung aus den Tieren herausgeholt werden müsse, damit die Produktion sich überhaupt lohnt. Möglich wird dies durch eine Fütterung mit Milchleistungsfutter. Klauenpfleger Rene Pijl zeigte sich besorgt über diese Entwicklung und erklärte, dass fast jede zweite von ihm behandelte Kuh Klauenrehe habe, die vermutlich durch einen zu hohen Kraftfutteranteil ausgelöst worden seien. Der zuständige Amtstierarzt für den Kreis Soest, Prof. Dr. Hopp, betonte, dass die Tiere länger genutzt werden könnten, wenn sie nicht solche Höchstleistungen erbringen müssten. Schon im Kälberalter würden viele Tiere krank oder sterben, weil die Fütterung besonders auf Leistung ausgelegt sei. Er sieht hier allerdings auch die Tierärzte in der Verantwortung, deren Aufgabe es sei, die Tiere zu schützen.
Positiver stellten die Macher des Berichts einen Familienbetrieb im Allgäu dar, der auf die Produktion von Bioheumilch und Selbstvermarktung setzt. Auch dieser Betrieb klagte darüber, dass sie früher Probleme mit der Hochleistungsproduktion gehabt hätten und deshalb wegen der hohen Anzahl von Krankheitsfällen, besonders durch Klauenprobleme, umgestellt hätten.

Folgart wehrt sich gegen Vorwürfe

Auch Udo Folgart, Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), kam zu Wort. Er betonte, dass es den Kühen in Deutschland „von Jahr zu Jahr besser“ gehe und verwies auf Zahlen der Landeskontrollverbände. In den ersten Jahren der Zucht seien Schwerpunkte gesetzt worden, die jetzt Anlass zum Umdenken geben würden, aber die frühen Abgänge der Milchkühe seien kein grundsätzliches Problem. Laut Jürgen Foss von der Tierrechtsorganisation Animal Rights Watch (ARIWA) gehe es aber, genau gegensätzlich zur Aussage von Milchpräsident Folgart, den Kühen von Jahr zu Jahr schlechter.
Einen Blick hinter die Kulissen erlaubte der Jade Schlachthof Wilhelmshaven, der zum Tönnies-Konzern gehört. Auch hier sehen die im Beitrag gezeigten Tiere schlecht aus, teilweise waren sie trächtig. Einige Kälber sind schon sehr weit entwickelt. Die Aussage von Jörg Altemeier, Tierarzt und zuständig für den Tierschutz bei Tönnies: „Jedes Tier, was tragend bei uns ankommt, ist eins zu viel.“
Abschließend hatte Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt das Wort. Er betonte, dass die reine Hochleistungszucht nicht das Ziel sein könne und es keine Weiterentwicklung zu „Turbokühen“ geben werde.

Fazit

Insgesamt warf die Reportage mal wieder kein allzu gutes Licht auf die deutschen Milcherzeuger. Es wurden vor allem Extremfälle gezeigt, keine Kommentare von Milchviehhaltern, die trotz hoher Leistungen einen guten Gesundheitsstatus in ihrer Herde haben. Die wirtschaftliche Not der Bauern wurde deutlich, kurz erwähnt, dass die Milch zum Billigprodukt geworden ist. Doch den meisten Landwirten ist auch daran gelegen, dass es ihren Tieren gut geht. Denn nur gesunde Tiere können wirklich gute Leistungen erbringen und damit die Wirtschaftlichkeit des Betriebes verbessern.
Ergänzend zur Sendung hat der DBV einen Faktencheck erstellt.