EU-Hilfspaket

Liquiditätshilfe nur noch für die, die weniger Milch produzieren

Der EU-Agrarrat hat ein neues Hilfspaket für die europäischen Landwirte beschlossen. 500 Mio. Euro umfasst es insgesamt. 58 Mio. davon sind für Deutschland und im Wesentlichen für die Milcherzeuger vorgesehen. Beantragen aber alle Milcherzeuger die Hilfen, bleibt davon nur wenig pro Betrieb über. Das Geld werde es zudem frühstens im Spätherbst geben, denn jetzt ist Sommerpause.

Ein zweites Hilfspaket in Höhe von 500 Mio. Euro wurde gestern (18.7.) für die europäischen Landwirten vom Agrarrat der Europäischen Union in Brüssel aufgestellt. Die genaue Ausgestalltung des Paktes wird jedoch erst nach der großen Sommerpause der Abgeordneten im September beginnen – Geld werden die Betriebe also frühstens im Spätherbst sehen.
Das Paket soll sich aus zwei wesentlichen Teilen zusammensetzen:
1. 150 Mio. Euro soll es in einem EU-weiten Program für die Milcherzeuger geben, die ihre Milchmenge im Zusammenhang mit der beantragten Liquiditätshilfe drosseln. Neben der Mengendisziplin gehören auch eine Marktorientierung und Extensivierungsprogramme zu den an die Hilfen gebundenen Kritierien. EU-Agrarkommissar Phil Hogan sprach von rund 14 Cent/kg für weniger erzeugte Milch. Die Maßnahme bleibt eine freiwillige, indirekt sollen so rund 2 Mio. t Milch vom EU-Markt genommen werden. Eine vorgeschriebene Mengenreduzierung werde es nicht geben, erklärte der EU-Agrarkommissar Phil Hogan.
2. Die Mittel für nationale Programme sollen um 350 Mio. Euro erhöht werden, 58 Mio. davon sind allein für Deutschland vorgesehen. Das ist der größte Anteil im Vergleich zu den anderen EU-Ländern, es folgen Frankreich mit 50 Mio., Großbritannien mit 30 Mio. und die Niederlande mit 23 Mio. Auch diese Mittel sollen darab gekoppelt werden, dass die beantragenden Betriebe ihre Milchmenge nicht weiter erhöhen. Die einzelnen Mitgliedsstaaten dürfen diese Beträge mit eigenen Mitteln verdoppeln.

Von 58 Mio. Euro bleibt verschwindent wenig pro Betrieb übrig

Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt erklärte, das die 58 Mio. Euro im Wesentlichen den Milchbauern zukommen" sollen. Er hat außerdem angekündigt, sich noch diese Woche über die Möglichkeit der nationalen Aufstockung für Deutschland zu informieren. Wenn die deutschen Milcherzeuger sich an dem EU-Programm zur Mengenreduzierung beteiligen, dann könne Deutschland laut Schmidt zudem noch weitere EU-Mittel im zweistelligen Millionenbetrag abrufen. Damit sieht er sein angekündigtes Hilfspaket für die deutschen Landwirte von 100 Mio. Euro plus X" auf dem Weg.

Der Bundeslandwirtschaftsminister vorderte zudem die Bundesländer dazu auf, ihre zu Verfügung gestellten Mittel ebenfalls an produktionssenkende Auflagen zu knüpfen, um das große Hilfspaket aus dem Geld von EU und Bund mit dem selben Ziel vor Augen zu ergänzen.
Geht man jedoch davon aus, dass alle deutschen Milchkuhbetriebe die Hilfen beantragen und genehmigt bekommen – am Stichtag 3. Mai 2016 waren das 71.302 Stück – dann bleiben von den 58 Mio. Euro (angenommen diese stehen tatsächlich nur für die Milcherzeuger zur Verfügung!) herzlich wenig pro Betrieb übrig, nämlich nur 813 Euro. Selbst wenn die Summe durch weitere Mittel verdoppelt werden würde, wären das nun mehr 1.600 Euro pro Betrieb. Das kristisierte auch der Landwirtschaftsminister von Niedersachsen, Christian Meyer, der damit begründent an seiner Forderung einer gesetzlichen Mengenregelung festhielt.

Das Geld wird es kaum vor Ende September geben, denn jetzt ist Sommerpause

Schmidt gehe davon aus, dass die Landwirte im vierten Quartal diesen Jahres" Geld sehen könnten, berichtet die Tageszeitung Die Glocke. Der Bauernverband habe bereits angemahnt, dass das Geld wenn dann so schnell wie möglich zur Verfügung gestellt werden müsse. Denn jetzt ist die Lage kritisch, eine Auszahlung sei daher spätestens im Herbst zwingend notwendig.
Die EU-Kommission habe zunächst angekündigt, das Hilfspaket in den kommenden Wochen" gemeinsam mit den EU-Staaten auszuarbeiten. Angesichts der Komplexität der Umsetzung könnten endgültige Endscheidungen über die Ausgestaltung des Pakets allerdings erst im September getroffen werden, erklärte Hogan bereits im Vorfeld der Ratssitzung – denn ab Ende dieser Woche stehe für die Abgeordneten zunächst die große Sommerpause bis Anfang September an.

Interventionsankäufe bis Februar 2017 verlängert, Direktzahlungen bis Ende 2016 gezahlt

Neben den freiwilligen, mengensteuernden Liquiditätshilfen möchte die EU-Kommission zudem weiterhin die Kosten für die Einlagerung von Magermilchpulver übernehmen, die Interventionsankäufe sollen über den 30. September hinaus bis Ende Februar 2017 verlängert werden. Damit trägt die EU nun seit dem Sommer 2014 zur Verknappung der Milchmenge bei.
Um den Landwirten Liquidität zu verschaffen erlaubte Hogan den EU-Ländern zudem, den Großteil der Direktzahlungen sowie die Mittel zur ländlichen Entwicklung vorzeitig auszuzahlen – im Oktober bis zu 70 Prozent. Für flächenbezogene Prämien sind es bis zu 85 Prozent an Vorschuss. Allerdings müssen bis dahin die Kontrollen fertig sein. Davon werde Deutschland laut Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt jedoch keinen Gebrauch machen, da hier, wie in jedem Jahr, auf eine hundertprozentige Auszahlung der Direktzahlungen bis Ende des Jahres hingearbeitet werde.