Stabile Milchpreise– (k)eine Utopie?

In den letzten Jahren haben jährlich bis zu fünf Prozent der Milcherzeuger das Melken eingestellt. Schreitet der Strukturwandel so weiter fort, wird in 2030 in weniger als 40.000 Ställen gemolken.
Unternehmer, die sich der Fortführung der Milchproduktion verschrieben haben, stehen häufig vor enormen finanziellen Herausforderungen. Neue Auflagen wie z.B. die JGS- oder die Dünge-Verordnung können sie einige Cent Milchgeld kosten. Fallende Milchpreise (u.a. ausgelöst durch den Brexit) führen dann existenzbedrohende Liquiditätsengpässe herbei.
Wissenschaftler des Thünen-Instituts haben kürzlich einige Vorschläge zur Stabilisierung von Milchpreisen bzw. zur Sicherung der Liquidität erarbeitet (nachzulesen im WorkingPaper 118). Ihr Fazit: Ohne eine bessere Anpassung der Milchmengen an den Markt wird es voraussichtlich keine stabilen Milchpreise geben!
Problematisch ist, dass die Genossenschaften, die rund 70% der Rohmilch verarbeiten, keine flexible Steuerung der Milchverarbeitung vornehmen können. Hier muss nachgebessert werden, denn nur flexible Vereinbarungen über Liefermengen können die Milchverarbeiter in die Lage versetzen, kurzfristig auf Marktänderungen reagieren zu können. Ein solches Verhalten ist während Marktkrisen dringend notwendig, denn bislang versuchen die Milcherzeuger (logischerweise) durch eine erhöhte Erzeugung ihre Liquidität zu sichern. Dieses Handeln, das den Mengendruck verstärkt, wäre nicht möglich, sofern die vollständige Abnahme der Milch nicht garantiert wäre.
Im WorkingPaper finden sich auch interessante Lösungsvorschläge zur Flexibilisierung: So könnte z.B. auf Molkereibasis ein Garantiepreis für eine Milchmenge vereinbart werden. Für Milchlieferungen, die darüber hinausgehen, könnte der Spotmarktpreis angewendet werden. Damit wäre gewährleistet, dass betriebsindividuelle Entscheidungen einzelner Milcherzeuger nicht zu Lasten aller Genossenschaftsmitglieder gehen.
Den Managern in den Genossenschaften kann ich nur raten, sich der Diskussion um Lieferverträge zu stellen. Es ist nämlich nicht davon auszugehen, dass immer nur die Milcherzeuger gehen, die Kühe aber bleiben. Das Szenario kann sich schnell ändern, wie z.B. der Schwund der Kühe in Mecklenburg-Vorpommern gerade aufzeigt. Selbst aus dem „Grünen Dreieck“, einem der „heißesten“ Milch-Standorte in Europa, könnte schon bald Milch abfließen (mehr dazu auf Seite 17). Wenn das mal kein deutliches Signal ist!
Gregor VeauthierElite-Redaktion