Die Sommertrockenheit 2018 hat die Grasnarben geschädigt und für die Nachsaaten kam der Regen oft erst spät. Was ist im Frühjahr zu erwarten? Dazu Grünlandexperte Martin Hoppe im Interview.
Als Grünlandberater in den Regionen Hochsauerland, Olpe und Siegen-Wittgenstein sind Sie schwierige Bedingungen gewohnt. Welchen Eindruck machen die Grasnarben im Dezember auf Sie?
Im Allgemeinen hat sich das Grünland besser regeneriert als zunächst angenommen. Konstant durchgepflegte,...
Die Sommertrockenheit 2018 hat die Grasnarben geschädigt und für die Nachsaaten kam der Regen oft erst spät. Was ist im Frühjahr zu erwarten? Dazu Grünlandexperte Martin Hoppe im Interview.
Als Grünlandberater in den Regionen Hochsauerland, Olpe und Siegen-Wittgenstein sind Sie schwierige Bedingungen gewohnt. Welchen Eindruck machen die Grasnarben im Dezember auf Sie?
Im Allgemeinen hat sich das Grünland besser regeneriert als zunächst angenommen. Konstant durchgepflegte, weidelgrasreiche Bestände ergrünten nach den ersten Niederschlägen rasch wieder und weisen aktuell kaum nennenswerte Lücken auf. Lediglich Flächen mit hohen Anteilen an Gemeiner Rispe oder Flechtstraußgras waren hochgradig lückig geworden, diese flachwurzelnden Arten sind komplett vertrocknet. Derartige Flächen mussten im Spätsommer nachgesät werden.
Die Nachsaaten wurden oft später durchgeführt als empfohlen. Kam der erst Mitte Oktober eingesetzte Regen rechtzeitig für die Keimlinge?
Der ausgetrocknete Boden und die hohe Sonneneinstrahlung waren für das Auflaufen der Saat sehr kritisch. Trotz der Tatsache, dass Weidelgrassamen Lichtkeimer sind und eigentlich nicht in den Boden eingebracht werden müssen, hatte ich, wie viele andere Grünlandberater, zu einer Durchsaat mit Schlitzsaattechnik geraten. Zu beobachten war, dass zur Nachsaat nur oberflächlich aufgestreuter Samen zwar teilweise nach den zwischenzeitlich gefallenen leichten Niederschlägen gekeimt, aber anschließend vertrocknet ist. Die in den 1 cm tiefen Schlitzen abgelegten Samen entwickelten sich deutlich besser. Gerade mit abnehmender Tageslänge und zunehmender Taubildung reichte die Feuchtigkeit für sie aus.
Welche Chance haben die spät bzw. nicht aufgelaufenen Pflanzen bzw. Samen im Winter?
Die bis zum jetzigen Zeitpunkt milden Temperaturen waren sicherlich von Vorteil, sodass sich die Keimlinge weiter entwickeln konnten. Um ausreichend kräftig in den Winter zu gehen, müssen sie mindestens das 2-bis3-Blattstadium erreichen. In Bezug auf nicht aufgelaufene Samen ist zu erwähnen, dass eine Nachsaat auch in den Wintermonaten möglich ist. In Versuchen ließen sich aus Nachsaaten im November und Dezember mit Saatstärken von 20 kg pro Hektar noch gute Ergebnisse erzielen. Allerdings zielt das Verfahren darauf ab, dass die Samen im Frühjahr auflaufen. Es wird auch als schlafende Saat bezeichnet. In den in 2018 spät durchgesäten Beständen, in denen nur wenig aufgelaufene Saat beobachtet wurde, steckt also noch die Chance, dass im Frühjahr mehr neue Weidelgräser durchgrünen, als erwartet. Derzeit gibt es regional jedoch starke Populationen von Feldmäusen, welche die Samen fressen könnten, was wiederum kontraproduktiv wäre.
Keiner kann vorhersehen, wie die Grasnarben zum Vegetationsbeginn 2019 aussehen. Aber worauf sollten sich die Landwirte auf jeden Fall vorbereiten?
Witterungsbedingt können mehr oder größere Lücken in der Narbe entstehen, wenn es langanhaltende Kahlfröste mit Frosttrocknis – die Pflanze transpiriert, kann aber aus dem gefrorenen Boden kein Wasser aufnehmen – gibt, oder lange und massive Schneelagen zu Schneeschimmelbefall führen. Staunässe kann ebenso zu Ausfällen führen. Das Gleiche gilt für die zu erwartenden Schäden durch Nager und Schwarzwild. Über die Art und den Umfang möglicher Schäden lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt nur spekulieren. Klar ist jedoch, dass neben der Flächenkontrolle im Frühjahr alle Grünlandbestände mindestens mit einer Grundpflege zu versorgen sind. Sie müssen gestriegelt bzw. geschleppt werden, um Erdhügel einzuebnen sowie Nebentriebbildung und Bestockung anzuregen.
Gehört eine Übersaat per se zur Grundpflege?
Nein. Nur auf Schnittflächen mit Narbenlücken ab einem Anteil von ca. 10%. Die Narben der Kurzrasenweiden sind so dicht, dass Übersaaten nur in Einzelfällen notwendig sind. Die Übersaat mit 5 bis 15 kg GV-Nachsaatmischung pro Hektar kann zusammen mit dem Striegeln erfolgen. Bei nachfolgend sicherem Niederschlag wird die Saat problemlos anwachsen. Ist die Regenwahrscheinlichkeit unsicher, sollte die Fläche nach der Übersaat mit einer Cambridge- oder Prismenwalze angedrückt werden. Mit den mechanischen Maßnahmen sollte, trotz des engen Zeitfensters, wirklich erst begonnen werden, wenn der Boden gut abgetrocknet ist. Durch die sonst verursachten Verschmierungen und Bodenverdichtungen entsteht mehr Schaden als Nutzen!*
Ist im Frühjahr 2019 von einem hohen Unkrautdruck auszugehen?
Darauf kann man sich einstellen, ja. In lückigen Flächen ist immer eine Zunahme von Tiefwurzlern wie Löwenzahn, Ampfer, Distel aber auch der Quecke zu erwarten. Nach längeren Trockenphasen verstärkt, da sie im Vorteil gegenüber dem flachwurzelnden Weidelgras und Weißklee waren.
Wie sollten Futterbauer darauf reagieren?
Zunächst sollten sie immer versuchen, die unerwünschten Pflanzen durch die mechanischen Möglichkeiten zurückzudrängen. Also durch eine regelmäßige Nachsaat und alle Maßnahmen, die zu einer dichten, leistungsfähigen Narbe führen. Eine dichte Narbe bildet eine starke, natürliche Konkurrenz. Im Frühjahr steht zunächst die Grundpflege mit Übersaat an. Bei hohen Lückenanteilen sind höhere Nachsaatmengen erforderlich, die wiederum für eine gute Etablierung eine zeitige nachfolgende Nutzung durch Beweidung oder Schnitt voraussetzen. Notwendige chemische Maßnahmen, z.B. gegen Ampfer, sollten möglichst rechtzeitig in Form der Einzelpflanzenbehandlung erledigt werden. Flächenanwendungen bei Schadschwellenüberschreitungen sind zwar im Spätsommer und Herbst am wirksamsten, bei sehr starkem Befall im Frühjahr sollte man jedoch aufgrund der bestehenden Aussamungsmöglichkeit nicht warten. Dann am besten nach dem 1. Schnitt behandeln, da der Ampfer vor der ersten Nutzung nicht zur Aussamung kommt und nach einem Schnitt die Effizienz der Regulierung steigt.-kb-