Die niederländischen Molkereiunternehmen haben bereits vor Jahren damit begonnen, Nachhaltigkeitsprogramme einzuführen.
Sie mussten erkennen, dass ein Unternehmen der Ernährungsindustrie, das nachhaltig...
Die niederländischen Molkereiunternehmen haben bereits vor Jahren damit begonnen, Nachhaltigkeitsprogramme einzuführen.
Sie mussten erkennen, dass ein Unternehmen der Ernährungsindustrie, das nachhaltig wirtschaftet, dessen Lieferanten jedoch nicht, als wenig vertrauenswürdig gilt. Die meisten größeren Molkereien haben deshalb mittlerweile auch einen Lieferantenkodex unterzeichnen müssen. Als letztes Glied in der Kette fehlen jetzt nur noch die Milcherzeuger. Es muss deshalb davon ausgegangen werden, dass Milcherzeuger künftig verpflichtende Zielvorgaben (Einbindung in die Milchlieferverordnung) erhalten. Wer in punkto Nachhaltigkeit nicht mitzieht, wird wohl keine Milch mehr an die Molkereien abliefern können. So hat beispielsweise Arla unlängst angekündigt, ab 2020 Milch nur noch Milch von ausschließlich nachhaltig wirtschaftenden Unternehmen zu verarbeiten.
Die niederländische Molkerei CONO Kaasmakers ist einer der Vorreiter bei der Umsetzung eines Nachhaltigkeitsprogrammes. Bereits vor mehreren Jahren hat das Unternehmen das Programm „Caring Dairy“ eingeführt. Hier spielen elf Faktoren eine Rolle. Zumeist handelt es sich um Themen, die für Milchproduzenten relevant sind: Wohlbefinden der Tiere, Arbeit, Landschaftswert, Energie und Klima. Interessant ist, dass die Milchbauern selbst bestimmen, welche Maßnahmen sie für eine nachhaltige Betriebsführung ergreifen.
Ein wichtiges Element im kontinuierlichen Prozess in Richtung Nachhaltigkeit sind Workshops. Jeder Milcherzeuger nimmt pro Jahr mindestens an drei Workshops teil. Das bedeutet, dass die Molkerei jährlich über 150 Workshops für ihre Milcherzeuger organisiert. Diese Workshops werden von einem Experten geleitet (zum Beispiel einem Tierarzt oder einem Experten der Universität Wageningen). Am Ende eines Workshops erstellt jeder Milcherzeuger einen Aktionsplan, mit dem er seinen Betrieb nachhaltiger gestalten kann.
Der niederländische Käsespezialist DOC Kaas bietet seinen 1.250 Lieferanten einen Nachhaltigkeits-Zuschlag auf den Milchpreis. DOC Kaas hat dazu das Wertesystem „MELK-Kompass“ aufgestellt, mit dem jeder Milchviehhalter Nachhaltigkeitspunkte sammeln kann. Die Punkte summieren sich zu einem Nachhaltigkeitszuschlag von maximal einem Cent pro kg Milch. Das System macht aber keine starre Vorgabe, sondern gibt ein Wahlmenü mit vier Themen, aus dem jeder heraussuchen kann, was bei ihm möglich ist.
Auch FrieslandCampina zahlt einen Nachhaltigkeitsbonus (zusätzlich zum Weidezuschlag). Seit 2015 wird ergebnisabhängig entlohnt, d. h. es muss sich im Vergleich zum vergangenen Jahr eine Kennzahl tatsächlich verbessern. Insgesamt sechs Indikatoren werden beurteilt (u. a. Lebensdauer der Kühe; Zellzahl; Energieverbrauch). Für das Erreichen von Zielwerten oder für positive Entwicklungen hin zu einem Ziel gibt es künftig einen Bonus oder einen Aufschlag (Umverteilung des Milchgelds).
Aber auch deutsche Molkereien (Zott, Hochwald, DMK, frischli, …) entwickeln gerade Nachhaltigkeitsprogramme. Bei der Umsetzung legen die Molkereiunternehmen ein unterschiedliches Tempo vor. So honoriert z. B. Zott Spitzenleistungen seiner Milcherzeuger mit Prämien und unterstützt die Milcherzeuger z. B. bei der Umsetzung innovativer Maßnahmen (Homöopathie und Eutergesundheitsmanagement; Zielsetzungen der Projekte sind die Reduzierung des Einsatzes von Antibiotika sowie die Verbesserung und Stabilisierung der Eutergesundheit).
Während Hochwald sich am System von DOC Kaas orientiert, setzt man beim DMK (Milk Master) zunächst auf eine Statuserhebung bzw. eine Selbsteinschätzung der Milcherzeuger. Mittelfristig soll aber ein Bonussystem aufgelegt werden.
Ende des Jahres 2015 soll es zudem erstmals einen bundesweit einheitlichen Fragebogen für Milcherzeuger zur Nachhaltigkeit geben, aufgesattelt auf QM-Milch. Der Milchindustrie-Verband sieht in dem freiwilligen QM-Zusatzmodul die große Chance, beim Verbraucher zu punkten. Derzeit wird intensiv darüber diskutiert, wie sich der Nachhaltigkeitsfragebogen inhaltlich zusammensetzen soll. Dabei liegen die Meinungen zum Teil noch weit auseinander. Klar scheint jedoch, dass mit dem Fragebogen auch Schwächen erkannt und Verbesserungen als Ziel formuliert werden sollen (Benchmark, einheitliche Kriterien für Tierwohlaspekte).
Spannend wird sein, ob sich die bereits bestehenden Nachhaltigkeitsprogramme einiger Molkereien mit dem bundeseinheitlichen Modul integrieren bzw. kombinieren lassen.G. Veauthier