Jungvieh: Mehr Milch durch Weidehaltung

Eine neue Studie der Landesforschungsanstalt in Dummerstorf belegt, dass auch bei Weidehaltung eine intensive Jungviehaufzucht möglich ist. Selbst ein Erstkalbealter von 24 Monaten lässt sich erreichen, wenn die tragenden Rinder ausgetrieben werden. Letztlich beeinflusst die Weidehaltung sogar die Milchleistung in der ersten Laktation positiv.

Obwohl die Weidehaltung das günstigste Verfahren zur Jungrinderaufzucht ist, verbringen immer noch viele Rinder ihre Jugend im Stall. Vielfach wird befürchtet, dass die Rinder auf der Weide nicht so richtig wachsen wollen. Dem ist aber nicht so, wie Dr. Bernd Losand von der Landesforschung Mecklenburg-Vorpommern herausfand. Er untersuchte die Effekte der Stallhaltung und der Weidehaltung bei 201 HF-Rindern.
Bis zu einem Lebendgewicht von 400 kg wurden alle Rinder intensiv im Stall aufgezogen. Etwa die Hälfte der besamten Rinder wurde ab dem 14. Mai auf die Weide getrieben (0,36 ha/Jungrind). Die im Stall verbliebenen Rinder (Kontrollgruppe) wurde mit Mais-, Grassilage, Heu/Stroh und Mineralstoffen gefüttert. Bei allen Tieren wurden die Kreuzbandhöhe, Brustumfang und BCS erfasst. Ergebnisse:

1. Angepasste Körperkondition beim Kalben:

Bis zum 15. Lebensmonat stimmten die Wachstumsraten der Stall- und Weidegruppe überein (Tageszunahmen 800 bis 1.000 g/Tier und Tag). Der Weideaustrieb beeinflusste jedoch die Zuwachsleistungen der Jungrinder negativ. Im ersten Weidemonat nahmen die Rinder um etwa 850 g/Tag ab, der BCS ging um mehr als 0,5 Punkte auf 3,4 zurück. Das Größenwachstum wurde allerdings nicht unterbrochen. Die Stallgruppe legte dagegen weiterhin um mehr als 600 g Lebendmassezunahmen/Tag zu. Im weiteren Versuchsverlauf wuchsen die Weiderinder zwar weiter in die Höhe, aber nicht mehr in die Breite. Obwohl sie ihre Tageszunahmen noch auf 800 g/Tag bis Weideabtrieb steigerten, hatten die Weidefärsen bei der Abkalbung eine geringere Körperkonditionsnote, was später durch die geringere Lebendmasse nach dem Abkalben bei gleicher Kreuzbeinhöhe auch bestätigt wurde (571 zu 586 kg).
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(Bildquelle: Elite Magazin)

2. Weniger Kalbeprobleme bei den Weidefärsen:

Die Färsen der Weidegruppe hatten auf Grund ihrer angepassten Körperkondition und in Verbindung mit tendenziell geringeren Geburtsgewichten der Kälber weniger Kalbeprobleme. Die intensive Stallaufzucht dagegen führte zu einer durchgehend übermäßigen Körperkondition mit negativen Auswirkungen auf den Kalbeverlauf. Im Vergleich zu der Stallgruppe kalbten die Weidetiere leichter ab (1,4 zu 1,6 auf der 4stufigen Kalbeverlauf-Skala).

3. Höhere Milchleistung in der 1. Laktation:

Der Kalbeverlauf beeinflusste die Milchleistung in der ersten Laktation deutlicher als die Versuchsanstellung. Bei den Weidetieren war die Milchleistung daher deutlich höher (305-Tage-Leistung: 9.014 kg/Kuh versus 8.499 kg). Dies ist aber vor allem auf die geringere physische und gesundheitliche Belastung der mit weniger Kalbeproblemen konfrontierten Jungkühe zurückzuführen.
Fazit: Die Weidehaltung beeinflusste im Versuch zwar erheblich die Körperkondition der zuvor intensiv aufgezogenen Jungrinder, trotzdem führte diese Haltung zu einem optimalen BCS von 3,5 bei der Abkalbung und in diesem Zusammenhang zu einem leichteren Kalbeverlauf und einer höheren Milchleistung. Der Weidehaltung steht damit einer intensiven Jungrinderaufzucht im zweiten Lebensjahr nichts entgegen.