In einem Versuch in Mecklenburg-Vorpommern haben Wissenschaftler untersucht, wie Kühe einen Auslauf nutzen. Mit überraschenden Ergebnissen!
Nur knapp 42% aller Milchkühe in Deutschland gingen in den vergangenen Jahren noch auf die Weide. Echter Weidegang mit dem Ziel, Futter aufzunehmen und die Kühe zu ernähren, ist heute aus...
In einem Versuch in Mecklenburg-Vorpommern haben Wissenschaftler untersucht, wie Kühe einen Auslauf nutzen. Mit überraschenden Ergebnissen!
Nur knapp 42% aller Milchkühe in Deutschland gingen in den vergangenen Jahren noch auf die Weide. Echter Weidegang mit dem Ziel, Futter aufzunehmen und die Kühe zu ernähren, ist heute aus unterschiedlichen Gründen kaum noch realisierbar. Dennoch lohnt es sich, über andere Formen von Auslauf nachzudenken. Denn neben den positiven Wirkungen von Weide auf Verhalten, Gesundheit und Wohlbefinden der Kühe ist auch die Imagepflege ein wichtiger Grund (Jogging-Weide).
Doch wie nutzen Kühe überhaupt die Möglichkeit, nach draußen zu kommen? Um das herauszufinden, wurde den Altmelkern in einem Milchviehbetrieb in Mecklenburg-Vorpommern von August bis Oktober 2015 ein Auslauf zur Verfügung gestellt. Die Kühe konnten mit wenigen Ausnahmen (Melken, Betreuungsarbeiten) frei wählen, ob und wie lange sie ein an den Stall angrenzendes Stück Wiese betreten.
Die Auslauffläche betrug etwa 3.300 m2, was bei einer Gruppengröße von 64 bis 72 Tieren rund 46 m2 bis 52 m2 pro Tier ergab. An der Westseite befanden sich einige Bäume außerhalb der Umzäunung. Zu bestimmten Zeiten am Nachmittag stellten sie einen geringfügigen Sonnenschutz für die Kühe dar. Aufgrund der geringen Auslauffläche spielte der Grünaufwuchs bei der Fütterung der Kühe keine Rolle.
In den ersten Tagen wurden alle Tiere der Gruppe zum Kennenlernen einige Male in den Auslauf getrieben. Danach blieb es ihnen selbst überlassen, wo sie sich aufhielten. Um zu ermitteln, wie intensiv die Kühe den angebotenen Auslauf nutzten und von welchen Bedingungen dies abhängig war, filmte eine infrarotfähige Kamera am Ausgang zum Auslauf rund um die Uhr Videos mit einem Zeitstempel.
Aus dem Versuchszeitraum wurden insgesamt 41 Tage ausgewertet, die keine technisch bedingten Ausfälle aufwiesen und viele Wetterszenarien abbildeten. Eine Wetterstation auf dem Betriebsgelände zeichnete stündlich die Temperatur, die relative Luftfeuchte, Windgeschwindigkeit und -richtung, die Niederschlagsmenge sowie die Globalstrahlung auf.
Jede Kuh knapp drei Stunden draußen
Aus den verfügbaren Informationen wurde ein Aktivitätsprofil der Kühe erstellt (Übersicht 1). Über den gesamten Tag betrug die durchschnittliche Nutzung des Auslaufs rund 12%. Das bedeutet, dass sich jedes Tier der Gruppe durchschnittlich etwa 170 Minuten pro Tag im Freien aufhielt.
Allerdings war diese Zeit nicht gleichmäßig über den Tag verteilt. Vielmehr fand über 90% der Nutzung in der Zeit zwischen 1.00 Uhr nachts und 9.00Uhr morgens statt. Der Betrieb melkt drei Mal, daher war es hier auch die Zeit zwischen dem Nacht- und dem Morgenmelken. Spätere Untersuchungen, die noch nicht vollständig ausgewertet sind, zeigen, dass die Kühe den allergrößten Teil im Auslauf lagen.
Um zu ergründen, welche äußeren Umstände Einfluss auf die Nutzung des Auslaufs haben, wurden die Wetterdaten der Beobachtungstage ausgewertet und mit der Auslaufnutzung statistisch in Beziehung gesetzt. Anders als erwartet, hatte die über den Tag gemittelte Temperatur keinen signifikanten Einfluss auf die Nutzung des Auslaufs durch die Tiere (Übersicht 2). Auch der Wind beeinflusste diese nicht.
Bei Regen lieber in den Stall
Sehr deutlich zeigten dagegen die Kühe, dass sie es bei Regen ab einer gewissen Intensität vorzogen, im Stall zu bleiben (Übersicht 3). Geringe Regenmengen tolerierten sie weitgehend, größere Mengen hingegen nicht mehr. Niederschlagsmengen von 5 mm pro Tag oder mehr führten zu einer Halbierung der Auslaufnutzung gegenüber Tagen mit keinem oder nur wenig Regen. Hier spielt wahrscheinlich auch die Dauer des Niederschlags eine Rolle, weil größere Niederschlagsmengen in der Regel auch mit länger anhaltenden Regenperioden verbunden sind.
Die Intensität der Sonneneinstrahlung beeinflusste die Kühe ebenfalls in ihrer Entscheidung. Bei bewölktem Himmel betraten die Kühe den Auslauf deutlich seltener als bei moderatem Sonnenschein mit leichter Bewölkung (Übersicht 4). Dieses Phänomen dürfte aber darauf zurückzuführen sein, dass Regen fast ausschließlich mit dichter Bewölkung verbunden war und es deshalb an wolkigen Tagen häufiger regnete. Um dies zu verdeutlichen, wurden in der Übersicht neben der Auslaufnutzung gleichzeitig die durchschnittlichen Niederschlagsmengen für die jeweilige Wetterlage aufgezeigt. Zudem ist nur die Zeit zwischen 8.00 und 18.00 Uhr berücksichtigt, wenn also von einem Sonneneinfluss ausgegangen werden darf. Leider sind das gleichzeitig diejenigen Tagesabschnitte mit der geringsten Auslaufnutzung (Übersicht 1), sodass hier nur Nutzungsintensitäten von maximal 4,5% vorkamen.
Die mit Abstand geringste Nutzung des Auslaufs gab es an Tagen mit starker Sonneneinstrahlung. Damit verbunden waren sehr hohe Tagesmitteltemperaturen von durchschnittlich 20°C und Tagesmaximalwerte von bis zu 33°C. Die hohen Temperaturen und fehlender Schatten dürften die Tiere dazu bewegt haben, während dieser Stunden tagsüber im scheinbar angenehmeren Stall zu bleiben. Dieser war zur Erleichterung der Wärmeregulation mit Deckenlüftern ausgestattet. Unterstützt wird diese These auch durch die relativ intensive Auslaufnutzung zwischen 18.00 Uhr abends und 8.00 Uhr morgens (Übersicht 5). In diesen Tageszeiten war an den sonnenreichsten und heißen Tagen nahezu die gleiche Nutzungsintensität des Auslaufs zu verzeichnen wie an Tagen mit moderatem Sonnenschein und deutlich geringeren Tagesmitteltemperaturen (ø 15°C). Demgegenüber schränkten die Tiere die Auslaufnutzung an bewölkten Tagen nicht nur tagsüber, sondern auch in der Zeit zwischen 18.00 Uhr und 8.00 Uhr ein, was aber wohl auch an den zu hohen Niederschlagsmengen lag.
Fazit: Witterungsschutz bereitstellen
Altmelkende Kühe hatten während der Sommermonate ganztägig die freie Wahl, wann und wie sie eine an den Stall angrenzende Wiese nutzten. Die Nutzungsintensität hing sehr stark von der Tageszeit und von bestimmten Wettererscheinungen ab. Rund 90% der Zeit im Auslauf spielte sich zwischen 1.00 Uhr nachts und 9.00 Uhr morgens ab. Bei intensiver Sonneneinstrahlung und hohen Temperaturen blieben die Tiere tagsüber lieber im kühleren Stall. Abgesehen von solchen Extremen spielten aber die Temperaturen für die Kühe kaum eine Rolle bei der Auslaufnutzung. Niederschlag tolerierten sie nur in geringen Mengen, bei stärkerem Regen suchten die Kühe den Stall auf bzw. verließen ihn erst gar nicht.
Wenn Milchkühen ein Auslauf angeboten wird, so sollte auch das Interesse bestehen, dass dieser möglichst intensiv genutzt wird. Vor allem in den Augen der Verbraucher bringen weidende Kühe Pluspunkte. Hierfür sollten Sie versuchen, den Auslauf für die Tiere attraktiv zu gestalten:
- Futterangebot im Auslauf animiert die Kühe mehrmals am Tag dazu, den Stall zu verlassen.
- Schattenspender einbauen, damit Kühe auch an Tagen mit intensiver Sonneinstrahlung nach draußen gehen.
- Deutlich zahlreicher als heiße Sonnentage treten Regentage (Niederschlag ≥0,1 mm pro Tag) auf. Denken Sie über einen Regenschutz nach, z.B. eine teilweise Überdachung des Auslaufs.-cs-
- Futterangebot im Auslauf animiert die Kühe mehrmals am Tag dazu, den Stall zu verlassen.
- Schattenspender einbauen, damit Kühe auch an Tagen mit intensiver Sonneinstrahlung nach draußen gehen.
- Deutlich zahlreicher als heiße Sonnentage treten Regentage (Niederschlag ≥0,1 mm pro Tag) auf. Denken Sie über einen Regenschutz nach, z.B. eine teilweise Überdachung des Auslaufs.-cs-