Dorothee Hobel-Meiners ist Tierärztin und managt die 650-köpfige Milchkuh-Herde der Meiners-Hobel GbR. Beispielhaft sind dabei eine systematische Arbeitsorganisation und die Zusammenarbeit mit motivierten und zuverlässigen Mitarbeitern.
Den Blick für einen Moment ins Nirgendwo des umgebauten Typenstalls versenkt, zwei Falten auf der Stirn....
Dorothee Hobel-Meiners ist Tierärztin und managt die 650-köpfige Milchkuh-Herde der Meiners-Hobel GbR. Beispielhaft sind dabei eine systematische Arbeitsorganisation und die Zusammenarbeit mit motivierten und zuverlässigen Mitarbeitern.
Den Blick für einen Moment ins Nirgendwo des umgebauten Typenstalls versenkt, zwei Falten auf der Stirn. Dorothee Hobel-Meiners steht hinter den im Freßgitter fixierten Rindern und untersucht eines von ihnen auf Trächtigkeit. Vor den Rindern auf dem Futtertisch steht Mitarbeiterin Jana Woll. Den weißen Plastikeimer mit Farbspray und PGF-Spritze am Arm, das Klemmbrett mit Arbeitsliste in der Hand und gezücktem Stift wartet sie auf das „Plus“ oder die alternative Handlungsanweisung aus dem Mund ihrer Chefin. Die Augen von Dorothee Hobel-Meiners kehren zurück zu ihrer Mitarbeiterin: „Plus“ ruft sie ihr zu.
Dorothee Hobel-Meiners weiß, dass sie auf ihre Gegenüber im Alltag manchmal abwesend wirkt. Dabei konzentriert sie sich nur auf ihre Arbeit. „Klar hab ich den Kopf voll. Doch wenn ich mit den Mitarbeitern spreche und arbeite, dann bemühe ich mich auch zu 100% mit den Gedanken bei ihnen zu sein.“ Ansonsten fühlen sie sich nicht wertgeschätzt und „das ist überhaupt nicht gut für das Miteinander“. Jeder sollte sich daher bewusst sein, was die eigene Wirkung auf andere bedeutet, rät sie. Gerade als Vorgesetzter. Besonders eingeprägt habe sich ihr das, als ihr einmal ein Mitarbeiter sagte: „Wenn du morgens gut gelaunt in den Melkstand kommst, dann sind wir auch gut drauf.“
Gemeinsam mit ihrem Mann Eckhard Meiners führt sie im mecklenburgischen Bützow die Meiners-Hobel GbR mit Milchproduktion, Acker- und Futterbau, Biogas sowie ihre kleine Tierarztpraxis.
Arbeiten definieren und organisieren
Mit der stetig und strikt aus eigener Nachzucht gewachsenen Holstein-Herde ist Dorothee Hobel-Meiners auch in die Arbeitsorganisation und Mitarbeiterführung hineingewachsen. Eine weiterer Punkt ihrer Prinzipien ist es, den Mitarbeitern bei der täglichen Arbeit mit den über 1.200 Tieren in Gedanken immer einen Schritt voraus zu sein. „Man muss den Plan für den Tag haben, bevor man morgens raus geht.“
Und so setzt sie sich abends als Letztes und morgens als Erstes kurz an den PC. Geht die Kuhlisten durch, notiert sich auffällige Kühe für die Selektion in ihren ständigen Begleiter, dem Stall-Notizbuch. Starke Abweichungen in Milchleistung und Aktivität im Zusammenhang zu Vortag und Laktationsstadium dienen ihr dabei als wichtigste Kriterien. Dann wird überlegt, welche Arbeiten am Tag neben der Routine anstehen, geschaut, welche Mitarbeiter Dienst haben und geplant, wer welche Aufgaben erledigt. So weiß sie, und spätestens nach der kurzen, täglichen Mitarbeiterbesprechung um 7.00 Uhr jeder, was „Programm ist und es wird nichts vergessen“.
Arbeitsorganisation bedeutet bei ihr auch, dass es verbindliche Wochen- und Stalldienstpläne sowie einfach definierte, schriftliche Abläufe für die Standardarbeiten gibt. So weiß jeder, was er wie und wann zu tun hat. Ob entsprechend gearbeitet wird, dokumentiert und unterschreibt der Verantwortliche in Protokollen.
Das dient auch dem Informationsfluss. Das dieser funktioniert ist wichtig, damit bei der Herdengröße, rund zehn Stall-Mitarbeitern und Schichtdienst keine Kühe, Rinder oder Kälber unbemerkt durch das System rutschen. Da ist zum Beispiel das Abkalbe-Protokoll. Bei der Abkalbung gehört neben der eventuellen Geburtshilfe auch, die Kuh mit Abkalbetrunk, und ab dem zweiten Kalb, mit einer Kalzium-Infusion zu versorgen. Trinkt das Kalb nicht sofort und selbstständig zwei Liter Kolostrum aus dem Nuckeleimer, wird es gedrencht. Dies, Kuh und Geschlecht des Kalbes werden in der Tabelle notiert. Nachfolgende Arbeiten, etwa das Anmelden des Kalbes, können so auch personenunabhänig aufeinander aufbauen.
Wertschätzen und weiterbilden
Handgriffe wie Geburtshilfe, Drenchen, Infusionen legen und den Umgang mit den Kühen lernen die Mitarbeiter in innerbetrieblichen Schulungen. „Wenn ich höre, dass es im Stall lauter wird, dann muss Phillip Wenz uns wieder besuchen.“ Low Stress Stockmanship nach Lehre des „Rinderflüsterers“, der Kühe ohne Kontakt, Stimme und mit Ruhe bewegt, ist für alle Pflicht. Routinen muss man also auffrischen. Aber auch stetig anpassen. Wie etwa, als sie vor zwei Jahren in den neuen Stall für die hochleistenden Kühe sowie das neue Herzstück des Betriebes mit Selektion, Melkzentrum und Platz für 80 Frischlaktierende eingezogen sind: „Plötzlich waren alle Routinen weg!“ Denn die galten in den Augen der Mitarbeiter „ja nur für den alten Stall“. So schnell Routinen verblassen, es braucht lange bis sie sitzen, nämlich etwa sechs Wochen für eine täglich anfallende Arbeit.
Neben der finanziellen Sicherheit tragen Wertschätzung, Fortbildung und maximal 170 Arbeitstunden pro Monat dazu bei, die Mitarbeiter langfristig zu motivieren. „Ganz wichtig. Gerade in einem Milchkuhbetrieb ist man sowas von abhängig“, weiß Dorothee Hobel-Meiners. Sie muss sich im Stall auf ihre Leute verlassen können. Auch im Notfall. Daher gibt es zusätzlich zum Gehalt einen Motivationszuschlag, der mitbeinhaltet, dass auch Anrufe außerhalb der Dienstzeiten zurückgerufen werden.
Besser vorbeugen als therapieren
Auch den Kühen versucht die Tierärztin immer einen Schritt voraus zu sein. „Denn ist eine Kuh erst einmal krank, dann kostet sie viel Zeit und Geld.“ So hat sie auch in der Tierkontrolle ihre täglichen Standards, die sie abarbeitet.
07.15 Uhr: Zehn Kühe der Strohgruppe „5“ stehen bereits hellbeleuchtet in dem alten Melkstand parat. Das Melker-Notizbuch steht aufgeklappt neben Blauspray und Probenröhrchen auf der hölzernen Ablagefläche entlang der Wand. Eutertücher liegen griffbereit auf jeder Melkzeugaufnahme. Melker Andre Köpke hat die Frühschicht gemolken und nun das Melken der frischabgekalbten, lahmen und euterkranken Kühe vorbereitet. Dorothee Hobel-Meiners steigt, den Eimer mit Behandlungsutensilien in der Hand, in die Melkgrube. Jeden Morgen melkt sie die 20 bis 25 Kühe dieser Gruppe selbst vor. „Der diagnostische Griff ins Euter entscheidet mit, wie wir weiter mit den Kühen verfahren.“ Der Melker vermerkt derweil Befund und Behandlung in seinem Notizbuch, damit auch die Melker am Abend Bescheid wissen. Dann setzt er die Melkzeuge an. Hier im alten Melkstand werden auch Hemmstoffproben genommen, Kolostrum abgemolken, Eutererkrankungen behandelt und wenn es sein muss, eine Infusion gelegt.
Im neuen 2x20-Side-by-Side- Melkstand melken nur die problemlosen Kühe. Nur so und mit fester Melkroutine ist ein Durchsatz von bis zu 160 Kühen pro Stunde möglich. Gemolken wird mittags alleine, in Früh- und Nachtschicht sind die Melker zu zweit.
Immer dran bleiben
09.05 Uhr: Mitarbeiter Thorsten Warning lässt die Kuh „1206“ aus dem Klauenstand, als Dorothee Hobel-Meiners die Selektion betritt. Er hat schon alleine mit der Klauenpflege angefangen.
„Eine Herde kann man durch Arbeitspläne gut in den Griff bekommen, man muss nur immer dran bleiben.“ Auffällige Kühe werden sofort kontrolliert, denn „Aufschieben rächt sich immer“. Die großzügige Selektion ist dabei Dreh- und Angelpunkt. Mit Tiefboxen und Fressplätzen haben hier rund 25 Kühe Platz. Eine riesen Erleichterung für die Tierärztin. Sie muss die Kühe bei ihrem Tagespensum einfach abarbeiten können: TU, Steri, Besamungen, Klauenpflege, Sonstiges. „Die Mitarbeiter wissen, dass sie mir zuverlässig die Tiere zuarbeiten müssen, damit am Ende alle pünktlich Feierabend haben.“ Wenn es dann doch mal länger dauert, dauert es eben länger. Der Umgang mit den Kühen bleibt immer ruhig.
Alte und fitte Kühe sind Antrieb
„Das Team ist sehr gut aufgestellt, die Herdengröße und die Schichtzeiten passen jetzt zusammen“, Dorothee Hobel-Meiners zeigt sich zufrieden damit, wie es aktuell arbeitstechnisch im Stallbetrieb läuft. „Ich kann ein paar Tage wegfahren und weiß, dass mein Team das hinbekommt.“ Vielleicht wird sie irgendwann die Besamungen auslagern. Doch aktuell ist das kein Thema, „auch hier ist das Sparen angekommen“. Ihr wichtigster täglicher Antrieb sind daher: gesunde und leistungsstarke Tiere, die alt werden. Und die gibt es hier reichlich! Denn bei „Dodo“ bekommt jedes Kalb und jede Kuh seine Chance, „dass haben sie einfach verdient“. K. Berkemeier