Wer langfristig wirtschaftlich erfolgreich sein will, muss sich an den Besten orientieren! Durchschnitt reicht künftig nicht mehr aus.
Die niedrigen Milchpreise haben vielen Milcherzeugern finanziell stark zugesetzt. Einigen Unternehmern stand (und steht noch) das Wasser bis zum Hals; eine Situation, die psychisch extrem belastend ist. Zwar...
Wer langfristig wirtschaftlich erfolgreich sein will, muss sich an den Besten orientieren! Durchschnitt reicht künftig nicht mehr aus.
Die niedrigen Milchpreise haben vielen Milcherzeugern finanziell stark zugesetzt. Einigen Unternehmern stand (und steht noch) das Wasser bis zum Hals; eine Situation, die psychisch extrem belastend ist. Zwar verbessert sich gerade die Rentabilität der Milcherzeugung wieder, wir müssen uns aber an den Gedanken gewöhnen, dass die Milchpreise auch wieder fallen können. Denn der Markt reagiert schon auf geringe Veränderungen des Milchangebots. Seit der Öffnung des EU-Milchmarktes im Jahr 2006 ist der Milchauszahlungspreis bereits drei Mal eingebrochen, jeweils im Abstand von etwa drei Jahren (2009, 2012 und 2015/16). Wir werden auch weiterhin mit derartigen „Einschlägen“ rechnen müssen!
Jetzt die unbequemen Fragen stellen
Der absolute falsche Ansatz ist zu hoffen, dass der Sturm auch das nächste Mal vorbeiziehen wird („wir werden es schon irgendwie überstehen“). Um zu verhindern, dass Sie die nächste Krise nicht aus der Bahn wirft, müssen Sie intensiv darüber nachdenken, welche Lehren Sie aus der letzten Krise ziehen können.
Zugegeben, das klingt zynisch angesichts der desaströsen, im letzten Jahr ausgezahlten Milchpreise. Aber dennoch ist es wichtig, in Ruhe nochmals die Krise Revue passieren zu lassen. Stellen Sie sich jetzt auch die unbequemen Fragen:
Durchschnitt reicht nicht mehr aus
Eine Leistungssteigerung rechnet sich in diesem Fall immer besser als eine Herdenaufstockung. Leistungssteigerungen sind zudem noch die effektivsten Möglichkeiten zur Kostensenkung. Das Tagesgemelk anzuheben ist jedoch nicht so einfach wie es klingt. Milchtagesleistungen von mehr als 32 Litern (oder 10.000 kg/Jahr) bei Holsteins bzw. 28 Litern bei Fleckvieh (oder 9.000 kg/Jahr) lassen sich oftmals nur durch einen Qualitätssprung beim Herdenmanagement und beim Kuhkomfort erreichen. Hier darf es keine Ausreden mehr geben. Wer langfristig wirtschaftlich erfolgreich sein will, muss sich an den Besten orientieren! Durchschnitt reicht künftig nicht mehr aus!
Das gilt nicht nur für die Milchleistung, sondern auch für die Produktionskosten. Die Überlebensformel lautet mehr denn je: Kostenführerschaft. Wer zu den Kostenführern gehört, kann Preistäler besser aushalten. Deshalb führt an der Optimierung der Produktionsabläufe auch kein Weg vorbei!
Bloß nicht extensivieren!
Auch wenn Sie das Mantra von der Kostenführerschaft nicht mehr hören können, wäre es naiv zu glauben, dass für Unternehmen auf kapitalistischen Märkten andere Möglichkeiten existieren, als ihre Wettbewerbsfähigkeit immer wieder aufs Neue zu überprüfen. Das in punkto Kostensenkung immer noch „etwas geht“, haben nahezu alle milcherzeugenden Betriebe in der jüngsten Vergangenheit bewiesen. Sie haben die Kosten gesenkt, teilweise sogar um mehrere Cent pro Liter Milch.
Falsch ist es pauschal zu kürzen (z.B. am Kraftfutter) bzw. zu extensivieren (z.B. Dünger). Oftmals ist es intelligenter und erfolgreicher zu intensivieren und die Produktivität zu steigern! Beispiel Fütterung: Rund 80% der Direktkosten entfallen auf die Futterkosten (ca. 55% der gesamten Vollkosten). Eine Auswertung aus Schleswig-Holstein belegt, dass zwischen einer geringen ( 2.000 kg) und einer hohen ( 4.500 kg) Grundfutterleistung die Unterschiede bei den Futterkosten vier Cent pro Liter Milch betragen (insbesondere wegen geringerem Kraftfutterzukauf).
In der Praxis leider immer wieder zu beobachten ist, dass die im Grundfutter vorhandenen Nährstoffe nicht in Milch umgesetzt werden. Die Nährstoffverluste vom Feld bis ins Kuhmaul summieren sich bis auf 50% (Steinhövel, 2015). Die Milch wird dann fast ausschließlich aus dem Kraftfutter gemolken.
15.000 kg Milch von jedem Hektar
Hohe Grundfutterleistungen sind kein Hexenwerk! Oftmals genügt es schon, konsequent die „Basics“ zu beachten: Grünlandpflege, Optimierung der Silierkette und des Silomanagements. Als Maßstab zur Beurteilung der Effizienz, mit der im Futterbau gearbeitet wird, kann die Milchmenge pro Hektar Futterfläche herangezogen werden. Darin finden sich sowohl die Grundfutterqualität als auch die zugekauften Kraftfuttermengen wieder. Pro Hektar sollten umgerechnet mindestens 15.000 kg Milch erzeugt werden. Eine effiziente Nutzung der Futterflächen bedingt eine optimale Ausnutzung der Ressourcen Boden (knapp und teuer), Zukauf-Futtermittel (teuer) und Arbeit (knapp und teuer).
Weitere Kosteneinsparungen lassen sich häufig noch durch eine Aufteilung der Herde in Futtergruppen, der Vorlage einer Teil-TMR und Abruffütterung oder durch den Verzicht der Fütterung von Spezialfuttermitteln (ab dem 120. Laktationstag) erreichen. Tipp: Überprüfen Sie regelmäßig ihre Fütterungskoten mithilfe des Kennwertes IOFC (Income Over Feed Cost). Dabei werden vom Milchgeld die Futterkosten abgezogen. Unter dem Strich verbleibt die Summe, die Ihnen zur Deckung der übrigen Kosten zur Verfügung steht. So sehen Sie schnell, ob Sie sich noch im Korridor bewegen oder ob Sie nachjustieren müssen.
Auf den Prüfstand gehört auch die Jungrinderaufzucht. Ein probates Mittel, um Kosten einzusparen und gleichzeitig Platz für Milchkühe zu schaffen (mehr Umsatz), ist, den Jungviehbestand deutlich zu reduzieren. Werden nur die genetisch wertvollsten weiblichen Kälber behalten, ein Großteil der Kühe mit Fleischrassen besamt, sinkt die Remontierungsrate oft automatisch. Die Erfahrung hat gezeigt, dass je mehr Färsen in den Kuhstall drängen, desto mehr Kühe verlassen auch den Stall.
In Betrieben, die gut laufen, ist das Herdenmanagement zumeist „straffer“, in den Ställen wird zielgerichteter gearbeitet (Arbeitsroutinen!). Letztlich sind es immer wieder die gleichen Punkte, bei denen die guten Betriebe besser abschneiden: Sie zeichnen sich aus durch eine höhere Milchleistung, niedrigere Zellzahlen, weniger Zwangsabgänge, eine bessere Fruchtbarkeit, weniger Kälberverluste und eine höhere Arbeitsproduktivität (anzustrebene Kennzahlen, finden Sie in Übersicht 2, Seite 13).
Lustkäufe sind tabu
Kosten senken beginnt mit dem Verschieben von Investitionen! Deshalb ist es extrem wichtig ist, dass bei den jetzt steigenden Milchpreisen eine strikte Kostendisziplin beibehalten wird! In der Vergangenheit war immer wieder zu beobachten, dass in den Hochpreisphasen kräftig investiert wurde, jedoch nicht ausschließlich nur in produktivitätssteigernde Maßnahmen. Investitionen sollten immer zu einer Erhöhung der Rentabilität führen. Das gilt insbesondere für Investitionen in Maschinen und Installationen im Stall. Diese müssen sich nachweislich in höheren Milchleistungen und/oder geringeren Produktionskosten widerspiegeln. Lustkäufe sind absolut tabu!
Im Gegenteil, Zwangssparen ist angesagt! Beraterin Sibylle Möcklinghoff-Wicke vom Innovationsteam Milch Hessen empfiehlt, ab einem bestimmten Milchpreis (z.B. 33 Cent; betriebsindividuell festzulegen) monatlich einen Cent auf ein Tagesgeldkonto einzuzahlen. „Das stärkt die Selbstdisziplin.“
Kein Tabu mehr darf in diesen Zeiten das Nachverhandeln über Pachtpreise darstellen. Das mag absurd klingen, die Preismisere ist mittlerweile aber auch bei vielen Verpächtern angekommen. An der Diskussion darüber kommen Sie künftig wohl nicht mehr herum!
Bleibt festzuhalten: Die nachfolgenden Lehren können wir aus der letzten Milchpreiskrise ziehen:
- Erst besser, dann erst größer werden! Hohe Leistungen der Kühe (Milch und Fruchtbarkeit) sowie eine maximale Produktivität im Kuhstall (mindestens 500.000 kg Milch je Ak) als auch Spitzenerträge im Futterbau entscheiden künftig noch stärker als bisher über die Wettbewerbsfähigkeit.
- Diese Ziele sind nicht nur mit Fleiß und Schweiß zu erreichen. Ebenso wichtig wie ein hoher Arbeitseinsatz ist es, sich das nötige Wissen anzueignen (Fortbildung) und sich mit einem Netzwerk der Besten in der Branche zu umgeben!
- Der Sprung vom Familien- zum Mitarbeiterbetrieb wird sich auf Dauer nur sehr schwer vermeiden lassen. Dieser Schritt ist aber nicht gleich zwangsläufig mit der Einstellung einer oder mehrerer Vollzeit-Arbeitskräfte verbunden. Oftmals hilft zunächst schon eine Aushilfe weiter, die bestimmte Arbeiten im Stall oder im Büro übernimmt.
- Erst besser, dann erst größer werden! Hohe Leistungen der Kühe (Milch und Fruchtbarkeit) sowie eine maximale Produktivität im Kuhstall (mindestens 500.000 kg Milch je Ak) als auch Spitzenerträge im Futterbau entscheiden künftig noch stärker als bisher über die Wettbewerbsfähigkeit.
- Diese Ziele sind nicht nur mit Fleiß und Schweiß zu erreichen. Ebenso wichtig wie ein hoher Arbeitseinsatz ist es, sich das nötige Wissen anzueignen (Fortbildung) und sich mit einem Netzwerk der Besten in der Branche zu umgeben!
- Der Sprung vom Familien- zum Mitarbeiterbetrieb wird sich auf Dauer nur sehr schwer vermeiden lassen. Dieser Schritt ist aber nicht gleich zwangsläufig mit der Einstellung einer oder mehrerer Vollzeit-Arbeitskräfte verbunden. Oftmals hilft zunächst schon eine Aushilfe weiter, die bestimmte Arbeiten im Stall oder im Büro übernimmt.
G. Veauthier